Forchheimer Club-Fans hoffen auf das "andere Gesicht"

26.6.2020, 17:24 Uhr
Forchheimer Club-Fans hoffen auf das

© Foto: Sportfoto Zink/ DaMa

Club-Fans nehmen selbst die kritischsten Situationen mit Galgenhumor. Denn eigentlich ist es für den eingefleischten Anhänger eine Katastrophe, in diesen entscheidenden Zeiten seine Mannschaft nicht im Stadion anfeuern zu dürfen. Doch Wolfgang Krippel von den Clubfreunden Ebermannstadt verkehrt das Ganze in einen Vorteil: "Dann muss man sich die Spiele nicht ansehen, denn die waren zuletzt wirklich meistens erbärmlich."

Das Faszinierende am Wesen des Fußballfans im Allgemeinen und des "Clubberers" im Besonderen ist es, dass selbst kritische Geister wie Wolfgang Krippel fest an ihren Verein glauben, der am Sonntag bei Holstein Kiel gewinnen muss, wenn er sich nicht ausgerechnet auf Schützhilfe vom ungeliebten Lokalrivalen SpVgg Greuther Fürther verlassen will.

Krippel: "Die Mannschaft wird wieder ein anderes Gesicht zeigen und am Ende stehen wir über dem Strich!" Sprich: Der 1. FC Nürnberg muss nicht in eine Relegation mit ungewissem Ausgang gegen den Dritten der 3. Liga. In diesem Fall befürchtet der Ebermannstädter Fanclub-Vorsitzende Schlimmes, denn dieser sei nach einer erfolgreichen Saison psychisch definitiv besser drauf. "Wir haben heuer hingegen keine richtige Mannschaft, da reißt keiner den anderen mit – und beim ersten Gegenwind fällt das Gebilde um wie ein Kartenhaus." Nur so könne man sich erst einen 6:0-Sieg in Wehen-Wiesbaden und dann die prompte 0:6-Pleite gegen Stuttgart erklären. Die sei schon ein gewaltiger Genickschlag gewesen.

Dass man nun gegebenenfalls Fürther Unterstützung braucht, ist für Krippel kein Problem: "Die würde ich annehmen, ich würde meinen Hut ziehen vor dem Kleeblatt, wenn es gegen Karlsruhe punktet. Denn mein Club hat sich in manchen Jahren auch schon hängen lassen, wenn es zum Saisonende hin für ihn um nichts mehr ging."

Felsenfest überzeugt vom Klassenverbleib des FCN ist Heinz Hofbeck, Chef der Clubfreunde Heroldsbach/Thurn: "Selbstverständlich glaube ich an meinen Club, auf keinen Fall werden wir absteigen. Wir holen die Punkte in Kiel, dann brauchen wir auch keine Hilfe aus Fürth."

Das Auf und Ab in dieser Saison habe einen aber schon verrückt machen können, räumt er ein. Das 0:6 nach dem 6:0 sei schon kaum zu erklären. Außer vielleicht damit, dass man es eben mit dem Club zu tun habe – "und von dem sind wir Fans ja über die Jahre ja schon einiges gewohnt". Aber selbst wenn man in die Relegation müsse, werde das Team die Klasse halten.

Horst Ilgner fordert einfach mehr Kampfgeist. "Mir ist das alles zu lasch, da stimmt die ganze Einstellung nicht", sagt der Vorsitzende der Poxdorfer Glubberer 07. 3. Liga – das dürfe nicht sein für einen Verein wie den 1. FC Nürnberg.

Sein Innenleben offenbart folgender Satz: "Irgendwie glaube ich an den Klassenerhalt, aber vor allem hoffe ich ganz arg auf ihn." Denn die Mannschaft sei zum Teil gar nicht schlecht, habe gute Einzelspieler wie Schleusener, Geis oder Dovedan geholt, sie sei eben nur überhaupt nicht gefestigt. Auch vermisse er ein System, oft sehe vieles amateurhaft aus. Die Lage sei "deprimierend", aber man könne sich notfalls ja auch noch über die Relegation retten. "Aber dazu muss sich die Mannschaft unbedingt zusammenraufen", fordert Ilgner.

"Das letzte halbe Jahr war eine Katastrophe, einfach grottenschlecht", kommentiert Klaus Wagner die Lage bei seinem Herzensverein. Zwischendurch sei es so weit gewesen, dass sich der Vorsitzende der Clubfreunde Aischgrund in Hallerndorf schon gedacht habe: "Da sollen sie doch absteigen!" Doch ernsthaft will das natürlich kein Fan erleben – und so tippt er jetzt auf einen Nürnberger 3:1-Sieg in Kiel. "Dann brauchen wir auch keine Fürther zum Drinbleiben." Das wäre sicherlich eine Schmach, aber man hätte sich dieses Problem ja leicht vom Hals schaffen können, wenn man vor einigen Wochen im Derby besser gespielt und gewonnen hätte, so Wagner.

Die Krise des FCN macht er daran fest, dass "bei einigen Spielern einfach fast nichts passte". Enttäuschend seien die Leistungen von vermeintlichen Stars wie Margreitter, Dovedan, Frey, Geis oder auch Kapitän Behrens gewesen. Der 52-Jährige, der schon als Fünfjähriger im Club-Stadionmagazin auf einem Foto zu sehen war, gesteht: "Das war schon extrem und sicherlich eines der schlimmsten Jahre als Club-Fan, an die ich mich erinnern kann." Und das angesichts der wahrlich unglaublichen Berg- und Talfahrt des Vereins in den vergangenen Jahrzehnten – da spricht ein leidgeprüfter Anhänger.

Doch während Wagner immer noch an ein Happy-End glaubt, ist sein Kollege Michael Stillkerich vom FCN-Fanclub Willersdorf der einzige Befragte, der den Abstieg für eine durchaus realistische Variante hält – gerade nach dem Offenbarungseid gegen Stuttgart. "Ich bin zweigeteilt zwischen Hoffnung und Verzweiflung", räumt er ein. Auch er ist seit Kindesbeinen Club-Anhänger und registriert mit Erschrecken, dass der 1. FC Nürnberg seit dem letzten Erstligaaufstieg kontinuierlich auf dem absteigenden Ast ist. "Ich weiß nicht, wann wir in den vergangenen zwei Jahren wirklich einmal mit der Mannschaft jubeln konnten", so Stillkerich, der sich sogar fragt, ob ein Neuaufbau in der 3. Liga nicht sogar vernünftiger wäre - allerdings wären dann wohl viele Spieler weg, weil der Verein viel weniger Geld zur Verfügung hätte.

Für Sonntag glaubt er nicht, dass die Keller-Truppe in Kiel gewinnen wird und man vermutlich Fürther Schützenhilfe benötigt. Als Clubberer sieht er das natürlich ungern, auch wenn es besser wäre als ein eventueller Abstieg: "Aber dann stünden wir auf ewig in deren Schuld."

Doch im Gegensatz zum kleinen fränkischen Nachbarn, dem er Lob für die kontinuierlich gute Arbeit mit kleinen Finanzmitteln ausspricht, sieht er beim Club das Manko darin, dass offenbar niemand Ruhe in den Verein bringen könne. "Da ziehen nie alle an einem Strang – und das fängt oben im Vorstand an."

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