Homeschooling

Forchheimer Grundschul-Rektorin: "Seit Weihnachten nur sechs Tage in der Schule"

5.5.2021, 13:56 Uhr
Forchheimer Grundschul-Rektorin:

© Archivfoto: Stefan Hippel

Forchheimer Grundschul-Rektorin:

© Foto: Schuster

Mit der Ankündigung, ab nächster Woche wieder Präsenzunterricht in den Grundschulen möglich zu machen – unter den Vorgaben der Bundesnotbremse bis zu einer Inzidenz von 165 – haben die Schulleiterinnen und Schulleiter im Landkreis nicht gerechnet. Eine gute Nachricht, findet jedoch Ulla Schuster, die Schulleiterin der Grundschule Buckenhofen-Burk. Es werde höchste Zeit, dass alle Kinder in die Schulen zurückkehren können, erklärt sie im Interview.


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Frau Schuster, wussten Sie von den Plänen der Landesregierung, bei den Grundschulen die Bundesnotbremse-Vorgaben umzusetzen?

Nein, es ist wie wir es leider im vergangenen Jahr immer wieder erleben mussten: Erst erfährt die Öffentlichkeit von den Neuerungen, dann die Betroffenen – in dem Fall wir in den Schulen.

Trotzdem: Ich persönlich als Privatperson und auch als Schulleiterin finde es gut, dass die Kinder nun in diesem Rahmen zurückkommen können. Auch wenn in den Schulen darüber unterschiedliche Ansichten herrschen, ich persönlich finde, wir haben mit der Anschaffung der Lüftungsgeräte, dem Wechselmodell, den Masken und dem Testkonzept alle Voraussetzungen, dass der Unterricht vor Ort wieder stattfinden kann.

Präsenzunterricht hatten in den vergangenen drei Wochen nur die Viertklässler. Am Freitag erhalten sie ihr Übertrittszeugnis. Können Sie ein Fazit ziehen?

Wenn wir von den Noten ausgehen, sehen wir keinen Leistungsabfall im Vergleich zu den vorherigen Jahren. Dazu muss man aber sagen, dass in unserem Sprengel zum überwiegenden Teil Kinder leben, die die Möglichkeit haben, an den digitalen Lern-Angeboten teilzunehmen. Die wenigen Ausnahmen, bei denen das nicht geklappt hat, konnten unsere Lehrkräfte extra auffangen. Doch der Bezug auf die Leistungen ist nur die eine Seite.

Welche ist die andere?

Die soziale und emotionale Ebene. Und da muss ich sagen: Da haben Rückschritte stattgefunden. Bei allen Kindern, nicht nur bei den Viertklässlern.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Nehmen wir die Selbstständigkeit. Normalerweise schafft es ein Viertklässler, ein bekanntes Format an Arbeitsaufträgen zu lesen und selbstständig zu bearbeiten. Das hat ganz rapide nachgelassen. Viele Kinder sitzen jetzt davor und wissen nicht, was sie machen sollen. Das liegt sicherlich auch dran, dass sie zu Hause im Distanzunterricht sofort ihre Eltern fragen, was sie machen sollen und alles erklärt bekommen. Das soll kein Vorwurf an die Eltern sein. Im Gegenteil, alle Beteiligten – Eltern, Lehrkräfte und Kinder – haben in den vergangenen Monaten eine Wahnsinnsleistung abgeliefert. Aber das bringt das System des Homeschoolings nun mal mit sich. Eltern sind keine Lehrerinnen und Lehrer.

Viele Eltern haben sehnsüchtig darauf gewartet, dass ihre Kinder wieder in die Schule dürfen . . .

Das stimmt und das unterstütze ich in vollstem Maße. Bis auf die Viertklässler waren unsere Schüler seit Weihnachten genau drei Wochen und drei Tage in der Schule. Im Wechselunterricht. Das heißt, jedes Kind war seitdem gerade einmal sechs Tage in der Schule. Und die Erst- und Zweitklässler trifft es besonders hart.

Warum?

Mit den ganz Kleinen funktioniert Online-Unterricht nur sehr bedingt. Kleine Kinder lernen mit der Hand, mit dem Herz und in der Gemeinschaft. Gern auch ein bisschen digital, aber nicht ausschließlich. Unsere Erstklässler hatten fast noch keine Gelegenheit, die Gemeinschaft in der Schule zu erleben und Freundschaften zu knüpfen. Das ist so traurig. In der vergangenen Woche berichtete eine Kollegin von ihrer ersten Klasse im Distanzunterricht. Dort saß ein Junge vor seinem Computer und versuchte über den Bildschirm Kontakt mit einem anderen Jungen aufzunehmen. Er wusste noch nicht einmal, wie sein Klassenkamerad heißt.

Gibt es in Sachen Notengebung Pläne des Kultusministeriums, wie es weiter geht, wenn die Kinder nun wieder in den Präsenzunterricht zurückkehren?

Ich kenne aktuell keine. Aber meine Meinung ist: Ein bisschen Leistung müssen die Kinder schon bringen. Schule ist soziales Miteinander, aber dazu gehört auch das gemeinsame Lernen und Leistung zu erbringen. Aber wir dürfen die Kinder auf keinen Fall überfordern. Das heißt, jetzt sofort alle Noten nachzuholen, das ist nicht zu schaffen.

Haben Sie Hoffnungen, dass spätestens im September wieder Normalbetrieb in den Schulen herrscht?

Ja, sogar mehr als Hoffnungen. Wir setzen darauf, dass die Impfungen uns diese Normalität zurückbringen. Allerdings benötigen wir dann in den Schulen ganz viele Investitionen. Um das alles aufzuholen, was jetzt verloren gegangen ist, brauchen wir vor allem Personal. Zusätzliches Personal. Corona hat die Schere zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten extrem aufgehen lassen. Da müssen wir wieder gegensteuern.

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