Forchheimerin musste wegen Corona abenteuerlich aus Afrika heimreisen

11.4.2020, 08:00 Uhr
Forchheimerin musste wegen Corona abenteuerlich aus Afrika heimreisen

© Foto: Petra Endler

Petra Endler war sechs Monate in Afrika. "Ich sehe mich als Weltbürgerin und fühle mich auf der ganzen Welt zuhause", ist einer der ersten Sätze, den Petra Endler sagt. Eigentlich wohnt sie in Forchheim, unterrichtet hier an einer Realschule Geographie und Wirtschaftslehre und steht mit ihren 50 Jahren in der Mitte des Lebens. Als sie das Reisefieber packte, hat sie geplant, für ein Jahr nach Afrika auszuwandern.

Nach 20 Jahren Schuldienst, täglicher gewissenhafter Pflichterfüllung, das Glück "Mutter sein zu dürfen" und anderen Verantwortlichkeiten war es Zeit für einen "Break". Es sollte eine kreative Auszeit werden, um Erfahrungen zu sammeln, Momente festzuhalten und etwas Neues, etwas noch nie Dagewesenes zu erleben.

In der Planungsphase des Vorhabens zeigte nicht jeder in ihrem Familien- und Bekanntenkreis dafür Verständnis. "Das kannst du doch nicht einfach machen! Für so eine lange Zeit . . .", war die allgemeine Reaktion. Doch Petra Endler ließ sich nicht beirren. Bestärkt durch ihren Lebensgefährten und ihre schon erwachsene Tochter trat sie ihr bisher größtes Abenteuer an.

Schon als Kind Interesse für Afrika gehabt

Die Liebe zu Afrika entstand in der Kindheit. Die Tiersendungen von Bernhard Grzimek hatten es ihr angetan. Während der Studienzeit besuchte sie auch Vorlesungen eines ägyptischen Professors, der die junge Studentin besonders begeisterte.

Forchheimerin musste wegen Corona abenteuerlich aus Afrika heimreisen

© Foto: Petra Endler

Durch ihn inspiriert, reiste sie Anfang der 90er nach Kairo, baute dort mit einer Freundin einen christlichen Kindergarten auf und machte über diesen Weg erste Erfahrungen mit der fremden Kultur. Den ausschlaggebenden Impuls erhielt sie im September 2019, als sie durch Zufall bei Facebook einen Post von einer Engländerin las.

Die 77-jährige hatte vor 15 Jahren eine Schule in Uganda eröffnet, und war auf der Suche nach freiwilligen Helfern. Drei Wochen später saß die 50-jährige Petra im Flugzeug nach Kairo, auf dem Weg zu ihrer Freundin, der koptischen Klosterschwester Amalia. Dort sollte das große Abenteuer seinen Anfang nehmen.

Auf dem Bauch im Königsgrab

Amalia vermittelte ihr einen Kontakt zu einer Archäologin im Tal der Könige in der Nähe von Luxor. Dort durfte sie eine nicht mehr für Touristen zugängliche Grabkammer besichtigen: "Ich musste bäuchlings einen langen, engen Gang entlang robben bevor ich den Sarkophag in der Kammer bestaunen konnte", erinnert sie sich jetzt.

Nach zwei Wochen Kairo reiste sie für weitere sechs Wochen nach Uganda und unterstützte die Engländerin im täglichen Schulbetrieb. Dabei tauchte sie tief in das Leben der Einheimischen ein, lernte die Mentalität und Gebräuche der Menschen kennen und lieben.

Verständigung mit Lächeln

"Zur Verständigung braucht es oft nicht mehr, als ein Lächeln", erklärt sie. "Dieses einfache und minimalistische Leben faszinierte mich sehr. Erst dort ist mir so richtig bewusst geworden, wie wenig man eigentlich zum Leben braucht!"

Es gibt für den größten Teil der Bevölkerung zum Beispiel kein fließend Wasser und die Menge, die für das tägliche Leben benötigt wird, holen die Einwohner aus nahegelegenen Brunnen. Die nächsten 10 000 Kilometer legte die Forchheimerin in einem Overland-Truck, einem Lastwagen mit Bussitzen auf der umgebauten Ladefläche und ausziehbarer Küche zurück.

Auf die Frage, ob sie denn nie Angst hatte, allein als Frau durch Afrika zu reisen, gibt sie eine erstaunliche Antwort: "Ich hatte nie wirklich Bedenken! Wenn man allein reist und nicht durch andere abgelenkt ist, kann man tiefgreifende Erfahrungen für sich selbst machen." Freilich war sie selten ganz allein. "Ich hatte immer Menschen um mich herum, die mir eine gewisse Sicherheit gegeben haben."

Gefährliches und unberechenbares Land

Ein gefährlicheres und unberechenbareres Land sei Südafrika, weil man dort noch am offensichtlichsten die Folgen der Apartheid zu spüren bekommt. Mit dem Truck ging es von einem Camp zum nächsten quer durch Tansania, Sansibar, Malawi, Sambia und Botswana, wo sie auch ihren Geburtstag feierte.

Geschlafen wurde im Zelt, auf einfachen Matratzen im Schlafsack. Auch von einer dieser Stationen wusste die 50-Jährige eine spannende Geschichte zu berichten.

In einem Nachtlager, ganz in der Nähe eines Nationalparks, begrenzt durch einen breiten Fluss, wurde sie nachts durch merkwürdige Geräusche geweckt. Durch das Moskitonetz konnte sie nur einige Meter von ihrem Zelt entfernt eine ganze Herde Flusspferde (Hippos) beobachten, die auf ihrer Uferseite an Land gegangen waren.

Angst hätte sie allerdings keine gehabt, da immer wenigstens ein Ranger zur Nachtwache eingeteilt war. Um den Gefahren von Südafrika ein bisschen aus dem Weg zu gehen und um sich sicherer zu fühlen, suchte sich Petra Endler per Internet einen Reisebuddy, einen "Kumpel", und wurde fündig.

Auf Sao Tomé im Paradies

Mit ihm zusammen erkundete sie das für sie magische unberührte Land Lesotho, dessen Kultur vor über hundert Jahren stehen geblieben zu sein scheint. Einer Einladung folgend bereiste sie im Anschluss die Paradiesinsel Sao Tomé und verbrachte dort zwei Wochen bei einer portugiesischen Geografielehrerin.

Danach holten sie die Coronaereignisse ein, die sie bis zu dem Zeitpunkt aus der Ferne noch nicht richtig wahr genommen hatte. Als sie Mitte März die Nachricht erreichte, dass Deutschland und Südafrika die Grenzen dicht machen wollen überlegte sie kurz, in Afrika zu bleiben. Wegen der schlechten medizinischen Versorgung entschied sie sich aber zur Rückkehr. "Plötzlich war das Reisebüro geschlossen und es waren keine klaren und eindeutigen Informationen mehr zu bekommen. Das hat mir dann wirklich Angst gemacht", gibt die Forchheimerin zu. Sie hat ihre Reise auf der Insel nach sechs Monaten abgebrochen.

Durch Politiker Flugticket ergattert

Über einen Kontakt zu einem lokalen Politiker ergatterte sie ein Flugticket für den allerletzten Flug nach Lissabon. Dort lag eine anstrengende und umständliche mehrtägige Reise vor ihr, bis sie erschöpft mit dem Zug in Forchheim ankam.

Trotz der abgebrochenen Reise und den widrigen Umständen lautet das Fazit von Petra Endler: "Ich hatte keinen großen Plan, als ich in Kairo ankam. Ich habe dort die Erfahrung gemacht, dass das Universum mir immer die Menschen geschickt hat, die ich in der jeweiligen Situation gebraucht habe. Darauf konnte ich vertrauen!"

Sie ist mit Haien und Seehunden gemeinsam getaucht, hat Berggorillas ganz nah erlebt, die andere nur aus dem Fernseher kennen. Sie reiste in sechs Monaten einmal über den Kontinent und hat dabei viel erlebt und gesehen. "Es kommen nicht viele Reisenden ins Innerste Afrikas, aber wenn Du es schaffst, dann bleibt ein Teil deiner Seele dort", Petra Endlers Gewissheit klingt wie eine große Liebeserklärung an Afrika.

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