Forchheims Läden kämpfen im Corona-Lockdown um Existenz: Solidarität gefragt

30.12.2020, 07:53 Uhr
Forchheims Läden kämpfen im Corona-Lockdown um Existenz: Solidarität gefragt

© Foto: Giulia Iannicelli

"Aufgrund des Coronavirus geschlossen": Das war heuer in vielen Läden, Cafés und Restaurants in Forchheim zu lesen, zuerst im Frühjahr und nun im zweiten Lockdown wieder. Aber es gab auch Schilder mit den Schriftzügen "Wir sehen uns nach der Krise", "aktuell nur über Telefon, Insta und Facebook erreichbar" und "wir kommen wieder, bleibt uns treu".

Solidarität ist in der Corona-Krise mehr denn je gefragt. "Wir sind für euch da, öffnen länger und hoffen, dass die Menschen den lokalen Einzelhandel unterstützen", sagte Petra Dietzel, Vorstandsmitglied der Händlervereinigung HeimFOrteil und Inhaberin von La Boutique, Anfang Dezember, als in Forchheim ein Langer Einkaufssamstag stattfand.

Natürlich hatten Innenstädte in Forchheim – wie auch in anderen Städten – schon vor Corona mit Leerstand zu kämpfen (wir berichteten fortlaufend). Um sich gegenüber dem Internethandel zu behaupten, müssen Läden mit einem ansprechenden Sortiment, kundenfreundlichen Öffnungszeiten und guter Beratung punkten. Wer in den Sozialen Netzwerken kreativ auf sich und sein Angebot aufmerksam macht und sich auf den Onlinehandel vorbereitet hat, profitiert nun im zweiten Lockdown davon.

Satte Gewinne für Amazon

Internethändler wie Amazon fahren in der Krise satte Gewinne ein – und haben es bislang geschickt geschafft, Steuern zu vermeiden. Die ausländischen Tech-Unternehmen haben ihre Europazentralen oft in Ländern mit geringen Steuern errichtet, häufig Irland oder Luxemburg. Für diese kleinen Länder fällt noch eine geringe Steuer ab, doch die großen EU-Mitgliedstaaten gehen weitgehend leer aus, ihnen bleiben lediglich die Mehrwertsteuern – obwohl bei ihnen der Großteil der Gewinne erwirtschaftet wird.

In unserer digitalisierten Welt ist der Onlinehandel nicht komplett wegzudenken. Bei Waren, die der Einzelhandel vor Ort nicht bieten kann, oder weniger mobilen Kunden, die nicht in die Stadt kommen, ist er sinnvoll. Aber: Wer Läden vor Ort nicht unterstützt, darf sich nicht wundern, wenn es nach diesem Lockdown keine hübschen Schaufenster-Auslagen mehr zu begutachten gibt und es sich eben nicht mehr gemütlich für eine Einkaufstour durch die Innenstadt bummeln lässt.

Hälfte der Händler besorgt

Die Pandemie und die Lockdowns beschleunigen die Entwicklung rasant, viele Einzelhändler kämpfen um ihre Existenz. Bei einer Umfrage unter den Mitgliedern der Innenstadthändler-Vereinigung HeimFOrteil im September äußerten 20 Prozent, dass alles in Ordnung sei, aber die Hälfte der Händler ist besorgt und meinte, das Geschäft laufe nur gerade so, und 20 Prozent sprachen von Sargnägeln.

In seiner Rede zum Jahresende blickte Forchheims Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) mit Sorge auf die Auswirkungen der Pandemie und die Entwicklung der Innenstadt: "An dieser Krise werden viele Unternehmen scheitern." Das Weihnachtsgeschäft sei das wichtigste im Jahr – und da machte der Lockdown den Läden einen Strich durch die Rechnung. Trotz gestiegener Sparquote werde das Geld weiterhin für Konsum ausgegeben – im Internet, so Kirschstein. "Wir ziehen die wichtige Wertschöpfung vom lokalen Handel dauerhaft ab. Internethändler sponsern keinen Sportverein."

Imagefilm und Gewinnspiel

In Forchheim ist die Ladenszene immerhin in Bewegung. Zuletzt gab es einige Neueröffnungen zu Brautmode, Deko, Handyketten und Babyartikeln (wir berichteten), die Jung und Alt ansprechen, in den Sozialen Netzwerken äußerst aktiv sind und teils vorher schon als Onlineshops Erfahrungen sammelten.

HeimFOrteil hat zudem einen Imagefilm erstellen lassen und mit der Kampagne "Here For You" dafür geworben, den lokalen Handel zu unterstützen. Ladeninhaber haben sich in Coachings mit den Möglichkeiten der Sozialen Medien beschäftigt. Und im Dezember setzte HeimFOrteil ein Gewinnspiel auf Instagram um, das auch dazu beitrug, lokale Unternehmen und ihre Produkte kennenzulernen. Nur: Am Ende entscheiden eben der Kunde und die Kundin mit der Kaufentscheidung, wen sie unterstützen.

Events wie der Stadtstrand

Auch von Events profitiert die Innenstadt: Heuer gab es erstmals einen Stadtstrand auf dem Forchheimer Marktplatz. Antonella Pileio, Inhaberin der Trattoria da Antonella, hat ihn zusammen mit dem Forchheimer Start-Up JungAdler, bestehend aus den Geschäftsführern Louisa Herold und Nicholas Mohnlein, rasch und kreativ umgesetzt.

Im August und September hat der Strand 5000 Besucherinnen und Besucher angelockt, bilanzierten die Initiatoren. Auch einige Auswärtige aus Nürnberg sowie Touristen aus Augsburg und Berlin seien unter den Besuchern gewesen. Auf der Sandfläche waren zudem Live-Musik von Singer-Songwritern, DJs und DJanes sowie Nachwuchskünstlern, die ohne Gage auftraten, geboten. Im September lockten weitere Events an den Strand: Poledance-Auftritte sowie zwei Modenschauen kamen bei den Besucherinnen und Besuchern gut an.

Pläne für Sommer 2021

Für den Sommer 2021 schmieden Antonella Pileio und die JungAdler bereits Pläne. Von Mai bis September würden sie gerne wieder den Stadtstrand möglich machen – mit mehr Sitzplätzen als den bisherigen 65, zwei Verkaufsbuden, weiteren Programmhöhepunkten und erweitertem Cocktailangebot.

Nicht nur wegen der Corona-Krise ist nun eine ganz entscheidende Zeit für den Handel und die Innenstadt. Seit November 2018 ist Forchheim gefördert worden, mit dem Ziel "Digitale Einkaufsstadt" zu werden. Als eine von sieben bayerischen Kommunen hat das Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie Forchheim in das gleichnamige Modellprojekt aufgenommen.

Zwei Jahre lang erhielten Forchheim, Gunzenhausen, Neumarkt, Bad Kissingen, Sonthofen, Moosburg und Plattling Beratung von einem Expertenteam. Die maximale Fördersumme betrug 30 000 Euro. Forchheims Citymanagerin Elena Büttner will in Kürze Bilanz zu den Umsetzungen ziehen. Und 2021 wird in vielerlei Hinsicht ein ganz entscheidendes Jahr für den Einzelhandel sein.

1 Kommentar