Forchheims neuer Heimatpfleger: Das will er erreichen

27.11.2020, 15:54 Uhr
Forchheims neuer Heimatpfleger: Das will er erreichen

© Foto: Mark Johnston

Nach 16 Jahren, in denen Franz Schürr Stadt-Heimatpfleger gewesen ist, hat nun der gebürtige Forchheimer Dieter George (70) diese ehrenamtliche Aufgabe übernommen. Nach der einstimmigen Bestellung durch den Stadtrat wurde er nun auch offiziell ernannt. Wir haben mit dem ehemaligen Kulturbeauftragten der Stadt und Noch-Vorsitzenden des Heimatvereins über seine Ziele für die nächsten Jahre und das heutige Bewusstsein für die Vergangenheit gesprochen.

Herr George, warum haben Sie sich denn für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt?

Die Aufforderung wurde von einigen Stadträten und anderen Bürgern an mich herangetragen, ausschlaggebend war für mich letztlich die Anfrage der drei Bürgermeister. In einem gewissen Alter bewirbt man sich nicht mehr. Ich habe aber zugesagt, weil ich gemerkt habe, dass ein gewisses Grundvertrauen vorhanden ist.

Forchheims neuer Heimatpfleger: Das will er erreichen

© Foto: Ralf Rödel

Welches Selbstverständnis haben Sie denn als Heimatpfleger?

Die Aufgabe des Heimatpflegers ist zwangsläufig mit Niederlagen verbunden. Das ist Schicksal des konservativen Prinzips. Es weiß, dass im Grunde nichts Bestand hat, und dennoch kämpft es. Wie es Gottfried Benn in einem Gedicht gesagt hat: "Dennoch die Schwerter halten", auch wenn man auf verlorenem Posten steht. Denn die Denkmäler haben selbst keine eigene Stimme. Der Heimatpfleger übernimmt deshalb die Rolle eines Moderators, der zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart vermittelt. Er erklärt, warum das Vergangene einen Nutzen hat. Dabei ist er nicht der Spielmacher, sondern der Verteidiger, der reagiert. Das ist keine starke Position.

Geht es dabei um einen ideellen oder ganz handfesten Nutzen?

Natürlich geht es auch um kulturelle oder touristische Nutzung. Sehenswürdigkeiten beleben die Innenstadt, bringen der Gastronomie und dem Einzelhandel Vorteile. Vor allem aber hat das Bewahren etwas mit Identität und Geborgenheit zu tun. Das Denkmal hat eine gewisse ästhetische Aura, aber auch eine psychologische Wirkung. Die trifft nicht nur auf mittelalterliche Kirchen oder fränkisches Fachwerk zu. Auch Gebäude der 50er und 60er Jahre haben ihren Reiz und sind inzwischen historisch relevant. Denken Sie nur an die Kirche Verklärung Christi oder die Adalbert Stifter-Schule.

Forchheims neuer Heimatpfleger: Das will er erreichen

© Foto: Mark Johnston

Haben Sie neben den Denkmalschutzbehörden weitere "natürliche Verbündete"?

Es gibt in unserer Gesellschaft ein verändertes Bewusstsein dafür, dass das Vergangene wichtig ist. Das ist anders als in den 60er Jahren, als man kriegsbedingt nicht zurückblicken wollte und oftmals meinte "Das alte Zeug muss weg". Solche Sünden wie der Abriss der Seltsam-Villa oder ein Klinik-Bettenhaus an der Grenze der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Stadt wären heute nicht mehr möglich. Das macht mich zuversichtlich.

Sie sind als gebürtiger Forchheimer, der drei Jahrzehnte Kulturbeauftragter Forchheims war, jemand, der die früheren Heimatpfleger kennt. Erzählen Sie uns doch einmal, in wessen Fußstapfen Sie jetzt treten werden.

Der erste war meines Wissens Johann Max Kaupert, dessen Ehefrau Lia nach seinem Tode kommissarisch weitergemacht hat. Persönlich gekannt habe ich Max Schleifer, die zu früh verstorbene Renate Freitag-Stadler und natürlich Franz Schürr, mit dem ich mich abgesprochen habe. Die Charaktere waren dabei ganz verschieden. Die Gegenpole dürften Max Schleifer und Franz Schürr sein. Ersterer hat den Konflikt mit Bauherren und dem Stadtrat gesucht. Letzterer hat im Hintergrund gewirkt. Bei allem, was ich überblicken kann, aber nicht weniger erfolgreich. Ob und wie laut ich auftrete, weiß ich noch nicht. In der Sache aber werde ich deutlich sein.

Eine Stadt wie Forchheim, in der ständig irgendwo gebaut wird, macht das einem Heimatpfleger Sorgen?

Neubauten sind nicht von vorneherein schlecht. Mitunter können sie städtebauliche Missstände sogar beseitigen. Allerdings verschandelt eine "Investoren-Architektur" das Umfeld. Dabei gibt es doch gelungene Sanierungslösungen, wenn Sie an das Endres-Haus am Marktplatz, den früheren Foto Brinke in der Zweibrückenstraße oder die Hornschuch-Villa an der Bayreuther Straße denken. Ich bin aber nicht nur für die Altstadt zuständig, sondern für ganz Forchheim mit all seinen Stadtteilen. Das wird sich 2021 zeigen, wenn Burk sein 1000-jähriges Bestehen feiern wird.

Welche konkreten Projekte haben Sie für die erste Zeit denn ins Auge gefasst?

Von meinem Vorgänger Franz Schürr habe ich das Thema "Festung" übernommen. Da haben die archäologischen Grabungen an der Birkenfelder Straße spektakuläre Einblicke in die Stadtgeschichte ermöglicht. Nur dass diese barocken Mauerreste wohl den anrückenden Baggern zum Opfer fallen könnten. Aussichtsreicher ist das Areal an der Wallstraße, das man erhalten und für Besucher sichtbar machen könnte. Denn neben dem "Virtuellen Festungspfad", auf dem man die gesamten Verteidigungsanlagen aufsuchen kann, insbesondere die verschwundenen, braucht es etwas zum Anfassen. Schautafeln alleine sind da zu wenig.

Wie kann man gleichzeitig Vorsitzender des Heimatvereins und städtischer Heimatpfleger sein?

Zuerst: Es gibt viele thematische Überschneidungen. Aber Sie haben recht. Besser wäre eine Trennung. Nun bin ich allerdings schon 27 Jahre an der Spitze des Heimatvereins. Das bedeutet aber nicht, dass ich am Sessel klebe. Die Frage ist immer die nach einem geeigneten Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Nachdem dieser Punkt nun geklärt ist, werde ich im Jahre 2022 nicht mehr antreten. Auch als Heimatpfleger sehe ich nur auf die nächsten sechs Jahre. Man wird ja nicht jünger.

 

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