Forchheims "Rock den Platz" fiel ins Wasser und war trotzdem ein Erfolg

28.9.2020, 06:00 Uhr
Forchheims

© Foto: Udo Güldner

Seit Stunden regnet es ununterbrochen. Knöcheltief steht das Wasser vor der Bühne. Auch zwischen den Mikrofonen haben sich Pfützen gebildet. Patrik Conrad und seine Veranstaltungstechniker aus dem unterfränkischen Bundorf haben mit meterweise Klebeband alles getan, damit der Band der Saft nicht ausgeht. Schließlich kennt man "Big Discussion" bereits vom Hofmanns-Keller am Annafest und anderen Auftritten.

Vorausschauende Besucher haben sich indes gleich ihr eigenes Dach mitgebracht. Ein Pavillon nach dem anderen sprießt zwischen den Regenschirmen aus dem Asphalt. Doch selbst darunter bleibt man nicht trocken. Zumal die heißen Rhythmen aus Soul und Funk, später aus Pop und Hardrock, unweigerlich Bewegungen hervorrufen. Magisch zieht es die jungen Zuhörer in die Nähe der Scheinwerfer. Wenn es nicht die herbstliche Kühle ist, die von unten an den Beinen heraufkriecht. Sogar Dusty Springfield und ihr "Son of a preacher man" müssen sich in fränkischen Gefilden warm anziehen.

22 Uhr geht die Sonne auf

Dann ist es kurz vor zehn Uhr abends, als die Sonne doch noch aufgeht. Martin Prokopek und Theresa "Resi" Götz sind es, die dem Zentralgestirn ihre eigentlich viel zu hohen Stimmen leihen. Für "Big Discussion" ist das Rammstein-Cover eine Premiere, die die in Regenponchos und Masken herumwirbelnden Fans strahlend zurücklässt. Nicht nur diese Beiden singen. Mitunter legt Matthias "Matze" Bätzel seine Posaune zur Seite, zieht die Basecap enger und rappt; oder Anna Kintopp stellt ihr Saxophon ab und ergänzt in Evanescences "Bring me to life" das Frontduo. Lukas Hänsch und sein ehrenamtlicher ASB-Kollege Fabian Hofmann haben alle Hände voll zu tun, das Greif-Bier herbeizuschaffen. Derweil kümmert sich Florian Büttner mit einem Fensterabzieher darum, dass Tische und Bierbänke etwas trockener werden.

Einige Zuhörer wärmen sich an einer "Crispy Currywurst". Diesen ungewöhnlichen Imbiss hat Gastronom Andreas Platanitis von "Andys P1" erfunden. Die Notlösung für den buchstäblich ins Wasser gefallenen Dönerstand entpuppt sich bei den mehr als 200 Zuhörern als der Renner.

Forchheims

© Foto: Udo Güldner

Das Kontrastprogramm bietet sich mit einem sonntäglichen Frühschoppen. Am Einlass, an dem mit einem Scanner die Körpertemperatur gemessen wird, bilden sich keine langen Schlangen. Obwohl sich die diesmal sogar die richtige Sonne blicken lässt. Nicht einmal 100 Gäste sind gekommen, um bei Walzer, Marsch und Polka zu entspannen. Statt Wurst gibt es Musik.

Die "Buckenhofener Blasmusik" macht das, was sie am besten kann. Sie lässt den "Böhmischen Wind" durch das Regnitztal wehen, bis all die bedrohlichen Wolken sich verzogen haben. Insbesondere die virtuosen Klarinetten machen staunen. Unter den meisterhaften Musikanten sitzt auch Dirigent Markus Schirner, der als "playing captain" zum Tenorhorn gegriffen hat. Und Dank der Vielfalt der bayerisch-böhmischen Blasmusik wird keine Minute lang langweilig. Sogar singen können sie.

Trotz des Regens: Das "Rock den Platz"-Experiment darf als gelungen gewertet werden. Die Musiker haben sich ihre eigene Auftrittsmöglichkeit organisiert; der ASB-Wünschewagen kann noch mehr kranken Menschen ihren letzten Wunsch erfüllen; und das Publikum durfte erstmals nach längerer Pause zwei Tage lang feiern – mit Abstand und ohne Ärger. Am Sonntagabend sollte dann noch "Edelherb" die Friedrich Ludwig Jahn-Straße und deren Umgebung erschüttern. Bis am Montag wieder die Mitarbeiter der Folienfabrik ihre Fahrzeuge abstellen – als ob nichts gewesen wäre.

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