Fränkischer CSU-Ortschef teilt Hetze im Internet

30.1.2020, 17:30 Uhr
Fränkischer CSU-Ortschef teilt Hetze im Internet

© Foto: Screenshot (www.facebook.com)

Auf einem Bild werden vollverschleierte Frauen mit Kindern und bärtige Männer mit islamischer Kopfbedeckung, allesamt dunkelhäutig, mit dem Satz dargestellt: "Für uns gibt es Rundumversorgung"; darunter sind hellhäutige alte Menschen zu sehen, die im Abfall nach Pfandflaschen suchen, dazu der Satz: "Und für uns den Müll."

Müller teilt den Beitrag "Schluss mit lustig: In Polen werden Kinderschänder chemisch kastriert" des Blattes "Zuerst! – Deutsches Nachrichtenmagazin", das in rechtspopulistischen bis rechtsextremen Gefilden badet.

Immer wieder wird auf Müllers Seite gegen politische Korrektheit (Tenor: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen), gegen die SPD, die Grünen oder die Fridays-for-Future-Bewegung gehetzt, die Bundesregierung und Angela Merkel werden mal mehr, mal weniger derb verspottet. Auch das angebliche "Einreden" von heutigem Schuldbewusstsein für die Verbrechen der Nazi-Zeit wird kritisiert.


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Er teilt polemische Spruchbilder, die eine angebliche Meinungsmache der etablierten Medien verurteilen. Nimmt man Müllers Beiträge als Startpunkt und klickt ein wenig weiter, zu den Urhebern dieser Inhalte, landet man schnell im tiefen braunen Sumpf.

Wäre Thomas Müller beispielsweise ein AfD-Politiker, wäre all das nicht sonderlich überraschend, es sind typische Inhalte für Mitglieder und Anhänger der Partei: pauschalisierend, selektiv, plakativ und mit unterschwelliger bis offen rechter Botschaft. Doch Müller ist kein AfD-Mann. Er ist Ortsvorsitzender der Gräfenberger CSU und kandidiert auf Listenplatz 3 für den Stadtrat.

Mindestens drei seiner geteilten Facebook-Beiträge hat das Unternehmen selbst bereits als "Falsche Informationen – Von unabhängigen Faktenprüfern geprüft" markiert. In allen drei wurde gegen Flüchtlinge gehetzt – mal mit gefälschten Polizeidokumenten, mal mit fremdenfeindlichen Karikaturen oder frei erfundenen "Nachrichten".

Darauf angesprochen antwortet Müller gegenüber den Nordbayerischen Nachrichten: "Das sind jetzt halt zwei Male in fünf Jahren, wo man danebenlag." Der 1976 in Thüringen geborene und aufgewachsene Christsoziale steht zu dem, was er auf Facebook veröffentlicht: "Oder sind Sie der Meinung, dass man Unstimmigkeiten in der Politik in Deutschland nicht teilen oder benennen darf?"

Denn: "Die Meinung, dass die Angela Merkel nicht alles richtig macht, ist ja da", sagt Müller, der unter anderem eine Brennerei in Gräfenberg betreibt.


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Den Vorwurf, dass er mit seinen Posts fremdenfeindliches Gedankengut verbreite, weist der Christsoziale zurück. Man müsse "heutzutage ja so aufpassen", meint er, "manche sehen das alles gleich als AfD-nah – und ein anderer sagt: Jawohl, endlich kritisiert mal einer die Unstimmigkeiten". Wenn jemand sage: "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein" werde das sofort als rechts ausgelegt.

Müller weiter: "In meinem Betrieb sind Angestellte aus elf Nationen, mit denen ich sehr gut zusammenarbeite." Auch in seinem privaten Freundeskreis gebe es Leute verschiedener Nationalität – "von daher kann man das nicht verallgemeinern".

Gleichwohl aber teilt er Beiträge auf seiner Facebookseite, in denen sehr wohl, oft sehr radikal verallgemeinert wird – oder Menschen diffamiert werden: Unter anderem hat er bearbeitete Fotos geteilt, auf denen Greta Thunberg verspottet und beschimpft wird oder auf denen man sich über das Aussehen beziehungsweise das Geschlecht von Landtagsabgeordneten der Grünen lustig macht.

Seine Kritik bezüglich der Migrationsdebatte äußert er in zwei Beispielen: In dem Betrieb, in dem er arbeite, erzählt Müller, habe man einmal zwölf Flüchtlinge einstellen wollen. "Aber die haben gesagt: Nein, warum soll ich arbeiten, ich kriege doch dasselbe Geld, wenn ich nichts tue", so Müller. "Ich vermiete auch Wohnungen und wir haben Wohnraum für Flüchtlinge angeboten." Seiner eigenen Aussage zufolge hätte man ihm jedoch mitgeteilt, "dass die 80 Quadratmeter für eine dreiköpfige Familie zu klein" seien.


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Aber erklärt das, warum er im Internet Inhalte teilt, die von teils offen rechtsextremen Quellen stammen? Thomas Müller jedenfalls steht zu seiner Meinung und sieht in den Posts auf seiner privaten Facebookseite nichts Verwerfliches: "Ich finde Linksradikale machen das auch so, also könnte ich auch ein Linksradikaler sein, oder?"

Nach einer NN-Anfrage zu den Aktivitäten Müllers in den sozialen Medien bei Michael Hofmann, Landtagsabgeordneter und CSU-Kreisvorsitzender von Forchheim, teilt dieser mit, dass er diesbezüglich ein "klärendes Gespräch" mit Müller führen werde. Weitere Maßnahmen seien derzeit nicht ausgeschlossen. "Ich gehe davon aus, dass sich auch der Kreisvorstand damit befassen wird", so Hofmann. Zu den fraglichen Posts von Müller sagt er : "Von deren grenzüberschreitenden Inhalten distanziere ich mich."

Anmerkung der Redaktion: Um Verwechslungen zu vermeiden: Bei dem CSU-Ortsvorsitzenden Thomas Müller handelt es sich nicht um den unlängst mit der Gräfenberger Bürgermedaille ausgezeichneten Thomas Müller, einen langjährigen FFW-Kommandaten.

Dieser Artikel wurde am 30. Januar 2020 um 17.30 Uhr aktualisiert.

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