Fränkisches Start-Up nutzt heimischen Pilz für Kosmetik und Nahrungsergänzung

18.2.2021, 17:59 Uhr
Fränkisches Start-Up nutzt heimischen Pilz für Kosmetik und Nahrungsergänzung

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Das brennt wie Zunder – dieser Spruch ist bekannt. Das Wissen, dass es sich um einen Pilz handelt, der als Zundermaterial diente, und dass dieser Pilz ebenso bis zum Ersten Weltkrieg als Wundauflage verwendet wurde, ist heute weitaus weniger präsent. Daniel Gareis jedoch hat sich intensiv damit beschäftigt und den Zunderschwamm als Inhaltsstoff für seine Cremes, Salben und Nahrungsergänzungsmittel gewählt.

In Zusammenarbeit mit einem Hautzart

In Zusammenarbeit mit einem Hautarzt entwickelt er seine Produkte und stellt sie in seiner Firma in Marktrodach her. Dabei hat sich der Ernährungswissenschaftler Gareis zunächst um einen anderen Pilz gekümmert: Um die Hefe im Bier bei der Neumarkter Lammsbräu. "Für meine Diplomarbeit musste ich ein Nahrungsergänzungsmittel entwickeln." So erklärt Gareis, warum er sich intensiver damit beschäftigte, was mit dem Hefepilz und dem Biertreber alles getan werden könnte. Bei seinen Recherchen über Pilze war dann der Weg zum Zunderschwamm nicht mehr weit.

"Er enthält viele Beta-Glucane und kommt hier vor", sagt Gareis über die Pilzart, die vor allem auf Buchen und Birken wächst. Durch seine Recherchen und Studien zum Zunderschwamm hat er auch Überraschendes herausgefunden. Denn auch für ein Pharmaunternehmen arbeitete Gareis bereits; dort wurden Studien über die Wirksamkeit des Zunderschwamms durchgeführt. Gareis fand viele Beispiele, wie der Zunderschwamm in einer längst vergangenen Zeit große Bedeutung im täglichen Leben und im medizinischen Bereich hatte.

Blutstillende Eigenschaft

"Schon im Mittelalter wurde der Zunderschwamm als Wundauflage verwendet und es wurden Tinkturen davon hergestellt", sagt Apotheker Bernd Dotzauer. Als Wundschwamm oder Chirurgenschwamm sei diese Wundauflage bezeichnet und verwendet worden, erklärt Gareis weiter. Bis in die 1920er Jahre habe man den Zunderschwamm in Apotheken kaufen können. Auch unter dem Begriff des Zunderlappens ist der Pilz bekannt. "Den Zunderlappen wurden in alten Arzneibüchern blutstillende Eigenschaften zugeschrieben", erklärt Gareis‘ Ehefrau Ines. Die medizinische Wirkung sei der Ausgangspunkt für die weitere Forschung gewesen: "Es gibt wissenschaftliche Literatur über diese blutstillende Eigenschaft."

Fränkisches Start-Up nutzt heimischen Pilz für Kosmetik und Nahrungsergänzung

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Wissenschaftliche Tests an menschlichen Hautzellen zur Erforschung der wundheilenden Wirkung wurden durchgeführt – mit dem Ergebnis, dass bestimmte Inhaltsstoffe aus dem Zunderschwamm im Test eine vierfach schnellere Wundheilung bewirkten. Um rissige und irritierte Haut zu pflegen und zu regenerieren, würde der Zunderschwamm teils auch von Hautärzten eingesetzt werden, zur Basispflege bei Neurodermitis, weiß Gareis.

Bis zu 5000 Cremes

Doch wie lange gibt es den Zunderschwamm an den Bäumen noch, wenn er für die Entwicklung der Cremes und Nahrungsergänzungsmitteln geerntet wird? "Man braucht nicht viel. Aus einem Kilo Zunderschwamm werden bis zu 5000 Cremes hergestellt", erklärt der Hiltpoltsteiner. Da der Pilz in seiner Heimat besonders oft vorkommt, hat der Jungunternehmer mit den Bayerischen Staatsforsten und privaten Waldbesitzern ein Erntekonzept erstellt: Das Totholz mit den Pilzen wird beiseite gelegt und mit dem Pilz geimpft.

"Der Pilz muss Qualität haben. Wir ernten noch selbst, damit wir wissen, wo der Zunderschwamm herkommt", erklärt das Ehepaar Gareis. Der eigentliche Pilz ist nicht das hufeisenförmige Gewächs, das aus dem Baum herausquillt. Der Pilz befindet sich innen im Holz. Und doch ist es der hufeisenförmige Fruchtkörper, der für die Herstellung des heilenden Pulvers benötigt wird.

Mit Früchten und Vitaminen gemischt

Die Schwämme werden vom Baum abgeschnitten, vorgereinigt und tiefgefroren: "Der gefrorene Pilz lässt sich leichter verarbeiten", erklärt Gareis. In den nächsten Schritten wird der Pilz zerkleinert und mit unterschiedlichen Temperaturen ausgekocht: "Dabei werden wertvolle Inhaltsstoffe wie die Beta-Glucane freigelegt und aufgereinigt". Anschließend wird alles schonend getrocknet und fein vermahlen.

Das Pulver ist fertig und kann pur, mit Früchten und Vitaminen gemischt als Nahrungsergänzung oder in der Kosmetik verwendet werden. Sieben verschiedene Cremes und vier Nahrungsergänzungsmittel vertreiben die Jungunternehmer inzwischen. Auch wenn viele Allergien gegen Pilze bestehen, könnten laut Gareis auch Allergiker das Mittel vertragen. "Allergien werden durch Proteine ausgelöst. Diese werden hier abgebaut und sind damit nicht mehr vorhanden", erklärt der Ernährungswissenschaftler den Unterschied zu normalen Pilzpulvern.

"Die Ur-Anwendung des Zunderschwamms als Medizinprodukt zur Wundheilung wieder aufkommen zu lassen, ist unser langfristiges Ziel. Erste Studien dazu liegen bereits vor, weitere werden ab dem Frühjahr durchgeführt", sagt Gareis. Erhältlich sind die Produkte in Apotheken oder bei der Zunderschwamm Naturprodukte GmbH: www.amadou.de

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