Fröhliche Sommer am Kellerwald: Die Geschichte der "Rosenau"

27.5.2020, 13:44 Uhr
Fröhliche Sommer am Kellerwald: Die Geschichte der

© Foto: Aus dem Archiv von Harald Schmidt

Wenn die 93-Jährige Hildegard Eckert über "ihre Rosenau" erzählt, dann wird die Geschichte vor Augen lebendig. Fast scheint man sie zu sehen, die Ausflügler und Spaziergänger, die sich am Wochenende aufgemacht haben ins Café in der Oberen Kellerstraße.

 

Bäckerei in der Eisenbahnstraße

 

Weit außerhalb des historischen Stadtkerns lag das Café, das ihre Großeltern Johann und Minna Popp eröffnet hatten. Opa Johann war Bäcker, die Bäckerei in der Eisenbahnstraße "unweit der früheren Bäckerei Greif", erzählt Eckert. Das Wohnhaus der Popps stand am Kellerberg.

Fröhliche Sommer am Kellerwald: Die Geschichte der

© Foto: Edgar Pfrogner

"Zwei ganz große Räume", erzählt Eckert, hat man für die Café-Gäste geöffnet, in der großen Küche mit dem mächtigen Herd holte Oma Minna ihren "Minna-Baggers" für die Sonntagsgäste aus dem Rohr: Ein Blechkuchen, in einer großen runden Form gebacken, mit reichlich Zucker obendrauf. Für die Deftigen gab’s Zwiebelkuchen. Kaffee, so erinnert sich Eckert, den gab es nicht. Zum Trinken wurde nach dem Anstieg auf den Kellerberg selbstgekelterter Most, aus Äpfeln und Birnen aus der Nachbarschaft, serviert.

Denn der Anstieg muss durstig gemacht haben. Asphaltierte Straßen, erinnert sich die 93-Jährige, die gab es noch lange nicht, es war ein geschotterter, staubiger Weg, der von der Stadt aus in die Obere Kellerstraße führte. Gerade einmal vier Häuser, erzählt Eckert, hat es damals, Anfang des 20. Jahrhunderts hier gegeben, "die Familie Seelmann, die Böhms, die Keiners Leni und die Popps".

 

Sofas aus rotem Plüsch

 

Ansonsten weideten an den Hängen Ziegen, es gab Wiesen und Obstbäume. Dass der Kellerberg hundert Jahre später zu einem begehrten Wohngebiet werden sollte, ahnte damals wohl niemand. Es muss eine richtige Kaffeehaus-Atmosphäre gewesen sein in der Rosenau, mit Lampen und viel Plüsch: Der Hingucker im Café, erzählt Eckert, waren die großen roten Plüsch-Sofas für die Besucher. "Und wenn die Gäste weg waren, dann haben wir Kinder uns reingeschlichen und auf die Sofas gekuschelt."

Es waren fröhliche, unbeschwerte Tage in Forchheim für Hildegard Eckert, die mit ihren Eltern und Geschwistern in Nürnberg lebte. Ihr Vater Hans Popp, der die "Rosenau" nach dem Aus des Cafés als Wochenend-Domizil und später als Wohnhaus nutzte und umbaute, war Unternehmer und hatte eine Großbuchbinderei in der Fürther Straße.

 

Mit dem Fahrrad nach Forchheim

 

Forchheim muss wohl immer ein wenig Fluchtpunkt für Eckert gewesen sein, auch im wahrsten Wortsinne, als sie erzählt, wie sie den Bombenangriff 1945 in Nürnberg hautnah erlebt hat. Als junges Mädchen stand sie direkt auf der Straße, "zwölf Häuser sind direkt neben mir eingestürzt", erzählt sie, "alles ist verbrannt, das war wie in der Hölle". Damals nimmt sie ihr Fahrrad und radelt vom zerbombten Nürnberg aus die 40 Kilometer bis nach Forchheim zu den Großeltern. Hier trifft sie ihre Nachbarsfreundinnen wieder, "die Keiners Leni und die Seelmanns Marie",  hier verbringt sie glückliche Sommer, zieht ihre Bahnen im gemauerten Schwimmbad der Rosenau.

 

Jambalaya aus der Musikbox

 

Sie isst mit den Freundinnen "Gurken mit einer Prise Salz", was wohl eine Delikatesse gewesen sein muss, während der Vater, Hans Popp, ein musikbegeisterter, heute würde man wohl sagen, "Technikfreak", der übrigens eines der ernsten Telefone am "Berg" besaß, aus seinem historischen Musikschrank "Jamabalaya" über den Kellerwald scheppern ließ.

Den Kontakt nach Forchheim hat Hildegard Eckert nie abreißen lassen. Die letzten Bewohner der Rosenau sind ausgezogen, das Grundstück samt Villa wurde verkauft und soll dem Bau eines Privathauses weichen.

"Wenn ich noch leb’", sagt die resolute 93-Jährige, "dann komm ich zur Einweihung des neuen Hauses". Und vielleicht gibt es dann ja auch einen Minna-Baggers, mit viel Zucker.

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