Gegen Altersarmut: VdK-Kreisverband Forchheim fordert neue Rentenpolitik

24.11.2019, 11:35 Uhr
Gegen Altersarmut: VdK-Kreisverband Forchheim fordert neue Rentenpolitik

© Foto: Stephanie Pilick/dpa

Über 200 VdK-Mitglieder waren der Einladung des Kreisvorsitzenden Anton Hammer und Geschäftsführers Günther Edl in die Mehrzweckhalle gefolgt. Der Landesgeschäftsführer Michael Pausder stellte heraus: "Der Kreisverband Forchheim wird immer stärker, die 10.700 Mitglieder sind fast 9 Prozent der Bevölkerung".

In der Rentenpolitik brauche es den großen Wurf, den Systemwechsel in der gesetzlichen Versicherung, um die Alterssicherung auch in Zukunft zu gewährleisten, so Pausder. Er verwies auf die Demo und Protestkundgebung am 28. März 2020 in der Landeshauptstadt und rief zur zahlenstarken Teilnahme daran auf. In München spricht Verena Bentele, die Präsidentin des Sozialverbands.

"Wir sitzen sowohl bei der Rettung des Klimas als auch bei der Rettung der Renten in einem Boot – die Altersarmut muss gestoppt werden", so der Referent. Es sei blamabel, dass einer der reichsten Industriestaaten den Geringverdienern die niedrigsten Renten zahle. Sogar in Mexiko gebe es mehr.

Steuerbetrug stoppen

"Wir freuen uns, dass mit dem Grundrenten-Kompromiss 1,5 Millionen Menschen – vor allem Frauen – endlich eine Aufwertung erfahren; wenn Haushaltspolitiker über die bis 1,5 Milliarden Ausgaben stöhnen dann erwidern wir, ,so schlimm kann es nicht sein, wenn Deutschland genügend Geld hat, die jährliche Steuerhinterziehung bis 125 Milliarden Euro hinzunehmen‘", machte der Verbandsvertreter seine Rechnung auf.

Es sei nicht länger hinzunehmen, dass in der Rentenfrage Jung gegen Alt ausgespielt werde. Auf den Punkt kam Michael Pausder mit der wichtigsten Forderung der Kampagne: "Alle Erwerbstätigen müssen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen". Österreich mache das vor. Eine Studie zeige, dass 82 Prozent der Bevölkerung eine "Erwerbstätigenversicherung" unterstützten,VdK-Prämisse einer neuen Steuerpolitik. Mit der Wiedererhebung der Vermögenssteuer und Erhöhung der Erbschaftssteuer könnte sichergestellt werden, dass die Vermögenswerte gesichert blieben. An 718 000 Mitgliedern in Bayern und über zwei Millionen im Bund machte Pausder fest, "die Politik kann an uns nicht mehr vorbeigehen!"

Anschließend ging es in die Podiumsdiskussion, an der Kommunalpolitiker und Sachverständige beteiligt waren. Es moderierte BR-Studio-Franken-Mitarbeiterin Eleonore Birkenstock. Der Bamberger CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn sagte zum Grundrenten-Kompromiss, die Union könne damit leben; gesichert sei damit für 1,5 Millionen Berechtigte das Existenzminimum. Allerdings müsse man sich klar sein, dass mit der Beitragsfinanzierung neue Gerechtigkeitsfragen entstehen.

Schritt in die richtige Richtung

Der Strullendorfer SPD-Kollege Andreas Schwarz hätte gern mehr gehabt, der Kompromiss sei aber ein Schritt in die richtige Richtung; die Finanzierung der 1,5 Milliarden Euro sei ein Riesenproblem – mit den jährlich hinterzogenen 150 Milliarden Steuern, gäbe es eine Lösung. "Das Geld müssen wir hereinholen".

Den Schritt müsse die Politik erst machen, warf Bernhard Fink, der Experte der DRV Nordbayern ein, eine große Aufgabe sei es, bei 21 Millionen Rentnern Deutschlands festzustellen, wer 35 Jahre eingezahlt habe.

Die Moderatorin legte ein Rechenexempel vor. Wer 45 Jahre 9,90 Euro einzahle, würde im Alter von 67 eben mal 690 Euro Rente erzielen. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina meinte, es werde zutreffen, dass die Arbeitnehmer mit viel zu geringer Rente auskommen müssen, die Gründung eines Pflegedienstes wäre hilfreich.

Um Generationenvertrag beneidet

Der Junge Liberale-Vertreter Tobias Lukoschek erklärte, "als Selbständiger ist mir der Rentenbeitrag zu teuer". Mehrere private Rentenverträge und ein Haus, mit dem im Alter das Thema Miete abgearbeitet sei, sicherten das Einkommen. Andreas Schwarz konnte angesichts dieses Vorschlages nicht "ruhig bleiben, Lukoschek sagt gerade, dass er die gesetzliche Rente abschaffen will, die wichtigste Säule des Generationenvertrages, um den uns die ganze Welt beneidet".

Thomas Silberhorn plädierte für den Wettbewerb. Wenn sich Leute über den Kapitalmarkt absicherten, sei das ihr gutes Recht. Von Eleonore Birkenstock in den Raum gestellt: Alle sollen einzahlen. Dazu meinte Bernhard Fink, es sei sinnvoll, den Kreis um Beamte, Akademiker, Selbständige und Landwirte zu erweitern.

Absolut notwendig sei die Solidarrente. Ob sie durchsetzbar sei, stehe dahin, zweifelte der FW-Abgeordnete Häusler. Im Landtag habe er die "Mütterrente in zwei Schritten" eingebracht. Diese Mütterrente reklamierte auch Thomas Silberhorn. Dass noch was zu tun sei, stellte er nicht in Frage.

Falsche Prognosen

Zur demographischen Entwicklung sagte der Berlin-Abgeordnete Schwarz "viel Kaffeesatzleserei!". Sein Kollege Silberhorn meinte, vor zehn Jahren sei die Abnahme der Bevölkerung prognostiziert worden: "Das können Sie alles in die Tonne werfen".

Einig war sich das Podium, dass das Land dringend mehr Steuerfahnder brauche: "150 Milliarden am Fiskus vorbei, das ist ein riesiger Hobel, den gilt es gegen die Entsolidarisierung anzusetzen, das ist mein Thema", reagierte Schwarz.

Da seien dicke Bretter zu bohren: "Aber wir müssen eingreifen, es geht nicht an, dass sich Globalplayer durch Gewinnverlagerung der Steuerzahlung entziehen", dem stimmte auch Thomas Silberhorn voll zu. Blieb noch die Schlussfrage: "Fehlt der großen Koalition der Mut zur Rentenreform?"

Rentenbesteuerung ist fies

Griffiges könne kaum rauskommen. Tobias Lukoschek sagte: "Es passiert noch nicht so richtig was, wir werden weiter mit der Altersarmut zu tun haben". Für Fragen und Meinungsäußerungen der Mitglieder reichte damit die Zeit kaum.

Lange in Zeitarbeit und somit durch geringe Beitragsleistung belastet, beklagte sich ein Gast, "dass für mich nach niedrigerem Lohn noch weniger Rente rauskommt. Das finde ich krass". Die Vizevorsitzende des Ortsverbands Ebermannstadt, Johanna Kraus, konnte die Doppelbesteuerung der Rente nicht verstehen, wo vom Arbeitslohn doch schon Steuer abzuführen war! So blieb schließlich nur noch Gelegenheit für einen Aufruf des Geschäftsführers Günther Edl zur Fahrt nach München.

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