Zweiter Verhandlungstag

Getöteter Junge im Kreis Forchheim: Prozess gegen Vater geht weiter

22.10.2021, 16:39 Uhr
Schock und Trauer herrschten in Steinbach nach der Bluttat Mitte März.

© Eduard Weigert Schock und Trauer herrschten in Steinbach nach der Bluttat Mitte März.

Zeitweise mussten die Zuschauer den Saal allerdings verlassen als es um den Obduktionsbericht ging – zum Schutz der Persönlichkeit und der Intimsphäre des Opfers. Zum Auftakt des Verfahrens hatte der 51-jährige Angeklagte zuletzt gestanden, seinen neunjährigen Sohn hinterrücks umgebracht zu haben. Am zweiten Prozesstag schilderten nun die Polizisten ihre Eindrücke vom Tag der Festnahme im März.

Widerstandslose Festnahme

Das Haus ist umstellt. Zwei Streifen der Polizeiinspektion Forchheim sorgen dafür, dass der 51-jährige Vater das Anwesen nicht verlassen kann. Dann trifft das Unterstützungskommando aus Nürnberg ein. Da ist der Notruf gerade einmal eine halbe Stunde alt. Dort war von einem Mann mit einem Messer die Rede. Die Beamten sind auf eine „Messer-Lage“ vorbereitet. „Wir haben mit dem Schlimmsten gerechnet.“ Mit Kettenhemden schützen sie sich selbst. Die Gruppe bewaffneter Polizisten dringt in das Gebäude ein. Als sie die Wohnung betreten, hat der Vater die Klinge schon aus der Hand gelegt. „Er hat sich hingekniet und ergeben.“ Dann wird er festgenommen.

Was die Polizisten besonders beunruhigt: dass der Vater so ruhig ist. Kein Weinen, kein Schluchzen, kein Schreien. „Ich fand es befremdlich“, so ein Beamter. Auch anderen fällt auf, dass der Vater, der gerade seinen Sohn getötet hat, keinerlei Gefühlsregung zeigt. Ein Zeuge sprach später von einem leeren Blick. Auch auf dem Weg zur Polizeistation nach Forchheim, wo die Spurensicherung gemacht wird, und danach hin zur Kriminalpolizei Bamberg, wo die Befragung geschieht, bleibt er gespenstisch ruhig, sagt fast nichts, schließt oft die Augen. „Er zeigte keine erkennbare emotionale Regung.“ Das dürfte für den psychiatrischen Sachverständigen Dr. Michael Zappe und seinen psychologischen Kollegen Jürgen Melzer aus Bayreuth von Belang sein. Sie sollen im Laufe des Prozesses etwas zur Schuldfähigkeit des Angeklagten berichten.

Während der 51-Jährige festgenommen wird, durchsuchen die anderen Beamten die Räume im Haus. Erst auf den zweiten Blick fällt ihnen auf, dass auf dem Wohnzimmersofa eine Bettdecke ausgebreitet wurde. Als einer der Uniformierten darunter blickt, entdeckt er den neunjährigen Jungen. „Ich dachte erst, er hätte sich versteckt oder er schliefe.“ Doch bald besteht grausige Gewissheit. Das Kind ist tot. „Es gab keine Spuren, die auf einen Kampf hindeuten“, erklärte die stellvertretende Leiterin der Spurensicherung. Dafür finden die Fachleute die blutige Schlafanzughose des Vaters in der Badewanne, sowie eine Einkaufstüte mit Handschellen, Feuerzeugen und einem großen Brotmesser, sowie einen gefüllten Benzinkanister im Kofferraum eines Geländewagens – alles griffbereit auf einer Kommode. Zu dem Jeep gehört auch das Metallteil, mit dem der Vater auf seinen Jungen eingeschlagen hat.

Prof. Dr. Peter Betz kann sagen, dass der Junge erst mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen worden ist und dadurch einen Schädelbruch erlitten hat. „Das hätte er aber überlebt,“ so der Chef der Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Todesursache sei das anschließende Würgen mit bloßen Händen gewesen. Und: Dass es dauere, bis durch den fehlenden Sauerstoff im Gehirn die tödlichen Folgen aufträten.

Am dritten Verhandlungstag am Freitag, 29. Oktober, wird die Ex-Frau des Angeklagten und Mutter des getöteten Jungen zu Wort kommen. Freilich nur in Form der polizeilichen Aussagen, da die 44-jährige Frau vor dem Landgericht Bamberg nicht gegen ihren Ex-Mann aussagen will.