Gluten- und laktosefrei: Fränkin findet mit Spezialkost eine Nische

18.2.2021, 09:25 Uhr
Coronabedingt bietet Kerstin Gößl ihre gluten- und laktosefreien Gerichte – luftdicht verpackt – auch zum Mitnehmen an.

© Foto: privat Coronabedingt bietet Kerstin Gößl ihre gluten- und laktosefreien Gerichte – luftdicht verpackt – auch zum Mitnehmen an.

Der würzige Geruch des veganen Gulasch- und Schaschliktopfs, den Kerstin Gößl und ihr Ehemann Vladimir im Hof der Sägemühle bei ihrem Straßenverkauf anbieten, lockt die Wanderer an. Gerade beim Aufenthalt in der klirrenden Kälte tut eine wärmende Mahlzeit gut. Auf dem Grill brutzeln Bratwürstchen.

Doch statt eines Brötchens gibt es eine glutenfreie, selbstgebackene Scheibe Brot. Alles Essen ist "to go" oder vakuumiert zum Mitnehmen und Aufwärmen zu Hause. Alles ist zu 100 Prozent laktose- und glutenfrei. Das ist Gößls Versprechen, auf das sich die Gäste verlassen können. Dazu gibt es Gerichte der böhmischen Küche und veganes Essen. Es ist die Kombination, die das Besondere ausmacht. Mit diesem Konzept lockt die Hiltpoltsteinerin sogar Kunden von Coburg oder Schwabach an: Sie kommen zur Sägemühle, um ein glutenfreies Schnitzel zu kaufen.

"Wer in Zukunft Bestand haben will, muss sich spezialisieren"

"Wer in Zukunft Bestand haben will, muss sich spezialisieren", sagt Georg Hötzelein, der Vorsitzende der Dehoga Forchheim. Ein Gasthaus, das Essen für alle parat hat, tue sich schwer, über die Runden zu kommen. "Die traditionelle Gastronomie hat seit Jahren zu kämpfen. Die Systemgastronomie boomt", sagt Hötzelein – zumindest ohne coronabedingte Schließungen.

Das Angebot von Kerstin Gößl sei sehr selten, so Hötzelein, dem auf Anhieb niemand mit demselben Konzept einfällt. Auch Gößl sagt, es sei ein Alleinstellungsmerkmal in ganz Oberfranken. Und mit der luftdichten Verpackung, mit der die Gäste ihre Gerichte einfach nach Hause transportieren können, hat die Inhaberin der Sägemühle auch für dieses coronabedingte Problem eine Lösung gefunden.

Große Nachfrage

"Die Nachfrage nach gluten- und laktosefreien Gerichten wurde immer mehr", sagt Gößl. Das hat sie bereits im Stadtcafé in Ebermannstadt erfahren, das sie führte, bevor sie die Sägemühle in Hiltpoltstein übernahm. Auch dort habe sie glutenfreie Waren angeboten. "Da muss man mit großer Vorsicht arbeiten und es ist ein großer Aufwand", sagt Gößl über das konzentrierte Arbeiten, wenn normale und spezialisierte Küche nebeneinander laufen. Vor allem bei Menschen mit Allergie oder Zöliakie: "Hier können schon kleinste Spuren schlimme Folgen haben", weiß Gößl. Mehlstaub beispielsweise reiche schon, um das Essen zu kontaminieren. Ein Messer, mit dem ein glutenhaltiges Brot geschnitten wurde, darf nicht zum Schneiden für ein glutenfreies benutzt werden. "Solche Fehler wären unverzeihlich. Damit das nicht passiert, habe ich komplett umgestellt", so Gößl. Sie bietet deshalb nur noch gluten- und laktosefreie Gerichte an.

Da sie selbst Allergikerin ist, kennt Gößl die Probleme gut: "Ich reagiere auf Würze und Aromastoffe. Schon Dämpfe davon reichen aus." Allein Zimtstaub verursachte bei ihr derart große Probleme, dass sie ihren Beruf als Konditorin aufgeben musste. Daraufhin hat sie sich intensiv mit dem Thema Unverträglichkeiten, Allergien und Zöliakie beschäftigt, tauschte sich mit Gruppen aus und informierte sich umfassend über die Gesellschaft für Zöliakie.

Spätzle sind selbst gemacht

Auf diese Personengruppen Rücksicht zu nehmen, wurde ihr Konzept für das Essensangebot in der Sägemühle. Wenn es bei ihr Spätzle gibt, hat sie diese selbst hergestellt: Gluten- und laktosefrei. Die Mehlmischung für die Gerichte erstellt sie selbst, auch den Sauerteig für das selbstgebackene Brot. Nein, Dinkel verwende sie nicht. "Dinkel hat am meisten Gluten", sagt Gößl. Doch auf der Basis der Gluten- und Laktosefreiheit stellt sie auch alles weitere her: Kuchen, Lebkuchen oder Pralinen waren in der Weihnachtszeit sehr gefragt. "Das wurde aus ganz Deutschland bestellt", freut sich Gößl.

Als der zweite Lockdown begann, brauchte es Ideen. Ein Straßenverkauf schien die Lösung. Trotzdem unterscheidet sich das Konzept vom ersten Lockdown: "Damals war es warm. Die Leute holten sich ihr Essen und setzten sich irgendwo ins Gras", so Gößl. Bei den eisigen Temperaturen jetzt unmöglich. Also wurden die Gerichte vakuumverpackt verkauft. "Das gilt als Direktvermarktung und das ist erlaubt," sagt Gößl. Trotzdem schafft sie es so nicht einmal, die Hälfte der Kosten hereinzuarbeiten. Da sie die Sägemühle erst 2019 eröffnete und sie damals noch teilzeitbeschäftigt war, bekommt sie keine Dezemberhilfe. Als Solo-Selbstständige kann sie Hilfen beantragen. Anträge dafür gibt es ihren Angaben nach noch nicht.

Eine Kundin hatte die Idee mit dem Crowdfunding und spendete gleich einen Betrag. Sie möchte schließlich auch nach Corona wieder kommen und gluten- und laktosefreies Schnitzel essen. Dann vielleicht nicht mehr "to go". Doch nun gab es wieder einen Rückschlag: Die Monteure der Ferienzimmer wurden positiv getestet und die Sägemühle muss zwei Wochen in Quarantäne.

Mehr Informationen über die "Sägemühle" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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