Gräfenberg: So war das früher mit dem Bier

22.4.2021, 10:00 Uhr
Das Guckloch in der Tür ist noch da, nur ist das geschichtsträchtige Kommunbrauhaus heute ein modernes Bürogebäude. In den 1990er Jahre wurde es umgebaut.  

© Privat Das Guckloch in der Tür ist noch da, nur ist das geschichtsträchtige Kommunbrauhaus heute ein modernes Bürogebäude. In den 1990er Jahre wurde es umgebaut.  

Man schreibt das Jahr 1628. Das neue Kommunbrauhaus nahm seinen Betrieb auf, was durchaus notwendig war, bei 100 brauberechtigten Familien im Ort. Das alte Kommunbrauhaus war zu klein geworden, eine größere Menge Bier wurde gebraut und es musste auch technisch erneuert werden. Innerhalb der Stadtmauern war kein Platz für das neue Gebäude, sodass es außerhalb der Stadtmauern errichtet werden musste.

"Das neue Kommunbrauhaus stand sozusagen in der Vorstadt", erklärt Hans-Peter Reck, der Vorstand der Altstadtfreunde. Vorstadt und Innenstadt, da gab es schon einen Unterschied und deshalb auch Zank. "In der Innenstadt lebten die Alteingesessenen, in der Vorstadt die Zugezogenen", so Reck. Das wirkte sich auch im Braurecht aus und war Inhalt der Streitereien. "Die Innenstädter hatten zehn Bräu, die Vorstädter durften vier Bräu haben."

Das Los entschied, wer brauen durfte

Wann welche Familie brauen durfte, wurde per Los entschieden. Denn jeder wollte so spät wie möglich brauen, damit das Bier bis zur Kirchweih noch genießbar war. Denn mit der Qualität des heutigen Bieres konnte es nicht mithalten. "Es war wenig Hopfen im Bier, weil er teuer war. Manches Bier wurde deshalb wohl auch sauer getrunken", erzählt Reck. Das meiste Bier, das "gute Bier", hatten die Leute nach Nürnberg verkauft. Das Gräfenberger Bier war also schon immer beliebt und bekannt.

Doch die Bierbraukunst beherrschten auch die Weißenoher Mönche. Ein Gräfenberger Metzger wusste das natürlich und schmuggelte einen Holzzuber voll mit Weißenoher Bier nach Hause. Ob er dabei beobachtet und angeschwärzt wurde? Jedenfalls erfuhr die Gräfenberger Obrigkeit, die Landpfleger, davon und diese hatten Regeln aufgestellt, um den Verkauf des eigenen Bieres zu forcieren. Das Weißenoher Kloster gehörte zur Oberpfalz, war kurbayerisches Gebiet und somit "Ausland".


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Warum die Mälzer erst um vier Uhr nach Hause durften

Dieser Schmuggel kostete dem Metzger viel Geld. Das Bier auch. Es war beliebt, aber teuer. Ein Liter Bier kostete zwischen sechs und zwölf Pfennig. "Das war vergleichbar mit dem Stundenlohn eines Maurers", erklärt Reck. 50 Gulden kostete ein Braurecht. Natürlich haben die Familien nicht selbst gebraut, sondern das im Kommunbrauhaus in Auftrag gegeben. Wenn dort gebraut wurde, durften die Mälzer beispielsweise nicht vor vier Uhr früh nach Hause. "Wenn der Malzdörrofen nicht erloschen war, bestand Brandgefahr. Die Häuser waren mit Stroh und Schindeln gedeckt."

Aber die zu später Stunde im Kommunbrauhaus arbeitenden Männer, durften auch ihre "Weiber" nicht empfangen. Manchmal war das auch gar nicht erwünscht. Denn wenn die Brauer und Mälzer ihre Kunst verrichteten, musste natürlich auch der Brauvorgang beobachtet werden. Damit sie es ein wenig gemütlicher hatten, zogen sich die Brauer in das sogenannte Bräuerstüberl zurück, tranken dort natürlich einen Schluck oder zwei und kartelten dazu. Das konnte auch mal länger dauern und um sicherzugehen, dass die Frauen nicht kommen, um ihre Männer nach Hause zu holen, wurde in der Tür ein gut zehn Zentimeter großes Guckloch in die Tür geschnitzt, um rechtzeitig "reinen Tisch" zu machen.

Eis wurde im Winter mittels Pferdewagen von den Weihern geholt, um das Bier in den Kellern zu kühlen.  

Eis wurde im Winter mittels Pferdewagen von den Weihern geholt, um das Bier in den Kellern zu kühlen.   © Privat

Das Guckloch in der Tür ist heute noch in dem Kommunbrauhaus, dem letzten Haus rechts in der Bahnhofstraße hoch Richtung Marktplatz. Nur ist es heute ein modernes Bürogebäude, das noch andere Originalteile des ehemaligen Brauhauses beherbergt.

Über 30 Bierwirtschaften

Doch zurück in die Zeit ab 1628, wo noch keine Computer surrten, sondern der Duft des Bieres in den feuchten Mauerwänden hing und täglich für eine andere Hausnummer Bier gebraut wurde. Gasthäuser gab es nicht so viele. In der Vorstadt nur den "grünen Baum" und innerhalb der Stadtmauern drei Gasthäuser, die auch Übernachtungen anboten. "Aber es gab jede Menge Bierwirtschaften, über 30 Stück", meint Reck. Jeder, der Bier brauen durfte, durfte auch außerhalb der Gaststätte Bier ausschenken. "Es wurde ein Besen an die Eingangstüre gestellt. So wussten die Leute, das Bier ist fertig gebraut, es gibt ein Flindern", nennt Reck den Brauch.

Dieser Besen-Brauch geht laut dem Portal für Bier- und Braukunst auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 1728 zurück. Flinderer waren die Bürger, die das Braurecht hatten. Flindern geht wohl auf die flatternden Bänder an den verzierten Kränzen zurück, mit denen gezeigt wurde, wer gebraut hat. In Gräfenberg waren es Besen, die vor die Türe gestellt wurden. Der letzte Bräu in dem Kommunalbrauhaus fand 1954 statt. Auch hier war es der technische Fortschritt und der hohe Aufwand, der notwendig war. Ein wirtschaftliches Arbeiten war nicht mehr möglich.


Hier geht es zum ersten Teil unserer NN-Serie zu 650 Jahre Gräfenberg


Doch die heutigen Brauereien Brehmer und Friedmann führen die seit dem 14. und 15. Jahrhundert in Gräfenberg bestehende Brautradition fort. In reicher Vielfalt und einer Qualität, mit der das Bier aus dem Kommunbrauhaus, das in ein großes Mutterfass gefüllt und zu den Kellern im Scheunenviertel gebracht wurde, natürlich nicht mithalten konnte.

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