Gräfenberg: Zankapfel Zweiter Bürgermeister

16.5.2020, 11:00 Uhr
Gräfenberg: Zankapfel Zweiter Bürgermeister

© Foto: Stefan Braun

Der neue Bürgermeister Ralf Kunzmann (FW) wartete zu Beginn der Sitzung mit einer Überraschung auf. Jedes Stadtratsmitglied fand auf seinem Platz eine kleine Holzschatulle mit einem Kompass vor. Dieser "solle Symbol dafür sein, dass wir künftig in die gleiche Richtung steuern" betonte Kunzmann bei seiner Antrittsrede.

Zunächst trafen aber zwei Gegensätze aufeinander. Nachdem der frühere Bürgermeister Werner Wolf (FW) Hans Derbfuß (CSU) als zweiten Bürgermeister vorgeschlagen hatte, ergriff Heiko Kracher (GBL) das Wort.

"Wirft kein gutes Licht auf die Stadt"

 

Er griff Derbfuß massiv an und sagte unter anderem: "Die Wahl von Hans Derbfuß wirft kein gutes Bild auf die Stadt". Kracker erinnerte an die Vorgänge um den Ex-CSU-Ortsgruppenvorsitzenden Thomas Müller im Zusammenhang mit einem Video, in dem Wehrmachtslieder gesungen und der Hitlergruß gezeigt wurde (wir berichteten). "Ein zweiter Bürgermeister, der auf einen so schwerwiegenden Vorfall nur mit einem Achselzucken reagiert, wäre ein fatales Signal". Kracker schlug den GBL-Stadtrat Christoph Kasch als Zweiten Bürgermeister vor. Zustimmung fand Kracker bei Elisabeth Meinhardt: "Respekt vor Kollegen sollte selbstverständlich sein. Was bei der CSU vor der Wahl ablief war indes nicht akzeptabel".

Auch der Grünen-Vertreter Matthias Striebich sprach Derbfuß jegliche charakterliche Eignung zum Zweiten Bürgermeister ab. Wie erwartet setzte sich bei der Wahl jedoch die Mehrheit aus CSU und FW durch. Derbfuß reagierte nach seiner Vereidigung mit den Worten: "Ich finde es völlig daneben, einen unbescholtenen Bürger so in die rechte Ecke zu stellen."

Zur Dritten Bürgermeisterin wurde die bisherige Zweite Bürgermeisterin Sylvia Hofmann (FW) auf Vorschlag von Hans Derbfuß mit elf Ja-Stimmen gewählt. Ein Gegenkandidat wurde nicht genannt. Verzichten wird Gräfenberg künftig auf einen Finanzausschuss. Dies wurde ebenso einstimmig beschlossen wie die Anpassung des Sitzungsentgeltes von 20 Euro auf 25 Euro.

Einstimmigkeit herrschte zunächst auch bei der vorgesehenen Aufstockung der bisher vier Mitglieder des Verwaltungsrates für das Kommunalunternehmen der Stadt Gräfenberg. Werner Wolf erinnerte daran, dass das Kommunalunternehmen wichtige Pflichtaufgaben der Stadt übernommen habe und der Geschäftsumfang ständig zugenommen habe. Wolf plädierte daher für den Vorschlag der Verwaltung, der eine Verdoppelung vorsieht. Heiko Kracker und Christoph Kasch (GBL) plädierten für die Anpassung auf sechs Mitglieder. Durchgesetzt hat sich der Vorschlag der Verwaltung.

Mit einer überraschenden Variante warteten danach die Fraktionen der Grünen, der SPD und der GBL auf. Bei der Bestellung der Mitglieder und Stellvertreter für die Verbandsversammlung des Zweckverbandes zur Abwasserbeseitigung Obere Schwabach verkündeten sie die Bildung einer Ausschussgemeinschaft, mit der sie anhand ihrer Stimmanteile der CSU den Posten wegschnappten. Entschädigt wurden die Christsozialen daraufhin von den Freien Wählern, die für den ihnen zustehenden Posten in der Verbandsversammlung "Zweckverband zur Wasserversorgung der Betzensteingruppe" den CSUler Lars Laufer benannten. Als Fraktionssprecher wurden benannt: Lars Laufer (CSU), Matthias Striebich (Die Grünen), Werner Wolf (FW), Elisabeth Meinhardt (SPD) und Heiko Kracker (GBL).

"Die von mir gewählten Worte sollen bewusst zum Nachdenken bewegen" sagte der neue Bürgermeister Ralf Kunzmann bei seiner Antrittsrede, nachdem er sich bei seinem Amtsvorgänger Hans-Jürgen Nekolla sowie dem alten Stadtrat für die geleistete Arbeit bedankt hatte.

Kunzmann wies auf besorgniserregende Veränderungen, nicht nur in der Umwelt, sondern auch in der Gesellschaft hin. Die "Ich-Gesellschaft" werde immer größer, "die Übernahme eines ehrenamtlichen kommunalen Mandats ist daher keine Selbstverständlichkeit. Die verbalen und nonverbalen Übergriffe auf Personen, die sich ihrer Kommune verpflichtet fühlen und sich für das Gemeinwohl einsetzen werden mehr und mehr."

Den Stadtrat stellte er als ein Kreuzfahrtschiff vor, das neben einem leistungsfähigen Motor auch eine funktionierende Besatzung benötige. "Sicherlich ist uns allen bewusst, dass auf dieser sechsjährigen Reise nicht nur sonnige Tage vor uns liegen, sondern auch Turbulenzen auftreten werden. Ich wünsche mir für die anstehenden sechs Jahre eine sachliche, ehrliche und konstruktive Zusammenarbeit im Stadtrat auf Augenhöhe über parteipolitische Grenzen hinweg. Für Gräfenberg und seine Ortsteile gleichermaßen."

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