Hat Forchheim die Jugend im Blick?

21.8.2019, 06:00 Uhr
Hat Forchheim die Jugend im Blick?

Einst eine Stehkneipe, wurde das Haus 1999 zum Jugendtreff umgemöbelt. Schüler veranstalteten im Mosom Partys, von denen heute noch gern auf Klassentreffen erzählt wird. 2013 allerdings war Schluss mit lustig: Für den von der Stadt geförderten, aber selbst verwalteten Jugendtreff wollte sich keiner mehr engagieren, die Baufälligkeit des Hauses besiegelten sein Ende. Anfang 2016 hieß es seitens der Stadt, dass das Gebäude inzwischen so marode sei, dass es abgerissen wird.

Im August 2019 ist es allerdings immer noch da. Warum? "Das ist eine perspektivische Frage", antwortet Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD). Denn: Aus Sicht des OB ist das Mosom und sein kleiner Park als Teil eines "Ensembles" städtischer Liegenschaften in der Birkenfelderstraße 2-6 (also das Bauamt) zu betrachten. Auch diese Amtsgebäude haben ihre besten Tage hinter sich, "wir sehen da einen nicht unerheblichen Sanierungsbedarf", so Kirschstein. Das heißt: Wenn das Mosom abgerissen wird, dann im Rahmen einer umfassenden Renovierung des ganzen Verwaltungsviertels zwischen Adenauerallee, Zweibrücken- und Klosterstraße.

Den Sanierungsbedarf aller städtischen Liegenschaften hatte der OB in der März-Sitzung des Finanzausschusses anhand eines Gutachtens bereits vorgestellt. Aktuell aber, so Kirschstein, lägen der Verwaltung Anträge aus dem Stadtrat vor, die neuerliche Gutachten fordern – womit sich die Inangriffnahme der Renovierungen verzögere.

Abriss steht außer Frage

Hinzu kommt die Geldfrage: Fördermittel für die Sanierung nicht unter Denkmalschutz stehender Verwaltungsgebäude? Fehlanzeige. Der Rathaus-Chef betont, dass es schlichtweg auch andere, dringlichere Bauvorhaben gebe, allen voran was Kitas betreffe.

Dass das marode Mosom dereinst abgerissen werden muss, steht für Kirschstein aber außer Frage. Und: "Unabhängig des baulichen Zustandes wird es dann der Verwaltungsnutzung zugeführt." Sprich: Beamte statt Jugendliche werden in Zukunft auf dem Areal arbeiten statt feiern.

Und während der Ausbau von Kita-Plätzen oder – am anderen Ende der Alterspyramide – das Thema Pflege und betreutes Wohnen zu den Dauerbrennern der politischen Diskussion gehören, scheint der Jugendlichen-Platz dazwischen kaum besetzt zu sein. Haben Jugendliche einfach keine Lobby? Herrscht in Forchheim Stillstand bei der Jugendarbeit, werden Jugendliche gar stiefmütterlich behandelt?

Es kommen Zweifel auf

"Nein", meint Forchheims Jugendbeauftragter, CSU–Stadtrat Josua Flierl. "Grundsätzlich gibt es bei uns sehr viele und breitgefächerte Angebote für Jugendliche." Er verweist auf die traditionelle, gebundene Jugendarbeit in Sport- und Kulturvereinen (Stichwort: Junges Theater), in der Blaulicht-Familie, in Kirchen und Umweltverbänden. "Dann haben wir die offenen Angebote, beispielsweise im Jugendhaus oder in Forchheim-Nord mit ihrem vielfältigen Freizeit-Programm", so Flierl. Dazu kämen unverbindliche Möglichkeiten wie Fitness-Clubs und VHS-Kurse.

Schaut man allerdings zufällig auf die Homepage des Jugendhauses an der Kasernstraße, wo, neben sportlicher Betätigung, Freizeitaktivitäten wie "verschiedene Brettspiele" oder "zwei Internet-PCs" angepriesen werden, kommen Zweifel auf. Ist das noch zeitgemäß in Zeiten, in denen Smartphones und soziale Medien zum Alltag der Teenager gehören?

Auch Flierl erklärt, dass er den gesellschaftlichen Wandel in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Jugendbeauftragter immer deutlicher spüre: die frühere fast selbstverständliche Treue zu einem Verein "nimmt querbeet ab". Die Flexibilität und Mobilität dagegen nehme zu: Schule, Studium, Ausbildung, Jobwechsel, Umzüge, Digitalisierung. "Dadurch hat die Verbundenheit zur Heimat oder zum Verein oft das Nachsehen."

Neue Medien, neue Angebote

Andererseits, so Flierl, erkenne auch die Jugendarbeit die Zeichen der Zeit: "Die Plattform Instagram, wie bei ,Forchheim shots‘, oder auch Aktionen wie Plogging werden in der Stadt wichtiger." Neue Angebote mit neuen Medien sozusagen. "Und trotzdem wird auch Traditionelleres wie unser Jugendzeltplatz und unsere überdurchschnittlich hohe Zahl öffentlicher Spielplätze sehr gut angenommen", sagt Flierl.

Ginge es nach ihm, wären auch "offizielle Flächen" für Graffiti-Sprayer wünschenswert – "und damit meine ich keine Schmierereien, sondern richtige Graffiti-Kunst. Wir haben hier in Forchheim nämlich eine kleine Szene dafür."

Ganz so positiv hat man beim Kreisjugendring (KJR) diese Angebote bislang nicht bewertet. Wie berichtet, kritisierte der KJR, dass die Jugendarbeit in der Stadt "zunehmend vernachlässigt" werde, dass "ein Kümmerer" fehle. Also jemand, der als Schnittstelle, als "Vernetzer" zwischen den Jugendlichen und den Angeboten, Einrichtungen und Vereinen fungiert. Kurzum: ein Jugendpfleger – wie ihn kleinere Landkreisgemeinden haben und wie ihn Forchheim unter Alt-OB Stumpf einst hatte. Allerdings nur für wenige Jahre, weil, wie Flierl sagt, "kein Bedarf da war".

Einen Jugendpfleger brauche es nach Ansicht Josua Flierls nicht unbedingt, "sinnvoller" wäre es für ihn, die vielen Angebote in der Stadt zusammenzufassen "und sei es nur als Broschüre oder Flyer". Denn oft wüssten die Jugendlichen gar nicht, wo und wie vielfältig die Freizeit-Möglichkeiten in Forchheim sind. "Doch ich fürchte, dass so einen Überblick zu erstellen, eine Lebensaufgabe wird."

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