Heiligenstadt: Forscher nimmt alte Mühlen unter die Lupe

4.6.2019, 14:00 Uhr
Heiligenstadt: Forscher nimmt alte Mühlen unter die Lupe

© Stefan Braun

75 Besucherinnen und Besucher lauschten dem kurzweiligen Vortrag und hatten danach noch einige Fragen.

„Die Mühlenromantik, wie sie in alten Volksliedern (,Es klappert die Mühle am rauschenden Bach’) und Erzählungen von Reiseschriftstellern im 19. Jahrhundert beschrieben wurde, hatte mit dem harten Leben einer Müllerfamilie nichts zu tun“, informierte Zöberlein gleich zu Beginn seiner Ausführungen. Er ging auf die unterschiedlichen Geschichten von neun Mühlen zwischen Heroldsmühle im nördlichsten Gemeindegebiet und Veilbronn ganz im Süden ein.

Dazwischen waren Mühlen in Oberleinleiter (2), Burggrub, Neumühle, Heiligenstadt, Traindorf und Veilbronn (2) in Betrieb. Zur Verdeutlichung der früheren Umgebung beziehungsweise Lage der Mühlen zog Zöberlein alte Katasterpläne heran. Seinen Forschungen zugrunde liegen kirchliche Unterlagen zur Grundherrschaft, denn die meisten Mühlen waren im Obereigentum des Fürstbischofs von Bamberg. Er war oberster Lehensherr und vergab die Mühlen als Lehen an die Untereigentümer, das waren im Regelfall die Ritter zu Streitberg und später die Schenk Grafen zu Stauffenberg. Die jeweiligen Müller waren lediglich die Besitzer, meist aber mit Erbrecht. Die Grundherrschaft hatte bis 1848 Bestand.

Neumühle ist besonders

Angetrieben wurden die Mühlen von der Leinleiter und ihren Nebenbächen. Eine besondere Stellung nimmt hier die Neumühle ein. Der dort fließende Neumühlbach war zu „schwach“ um die Mühlräder anzutreiben. Er wurde daher nördlich der heutigen Straßengabel aufgestaut um bei Bedarf die Mühle in Gang zu setzen.

Bis vor wenigen Jahren war die Heroldsmühle noch ein Ausflugslokal, ehe es geschlossen wurde. Den Strom bezog das Gasthaus durch das alte Mühlrad. Wenn jemand dem Wirt oder den Gästen nicht wohlgesonnen war, dann steckte er einen Stock in das Rad, brachte diese so zum Stehen und das Licht erlosch.

Heiligenstadt: Forscher nimmt alte Mühlen unter die Lupe

© Stefan Braun

Die erste urkundliche Erwähnung der Heroldsmühle datiert aus dem Jahr 1356 mit dem Müller Eberhard zu Herrgoltstein. Der Mahlbetrieb wurde erst 1951 eingestellt. Die nach dem Datum der Ersterwähnung (1168) älteste Mühle ist die im Hauptort Heiligenstadt. Wassergetriebene Mühlen waren in Europa seit der ersten Jahrtausendwende bekannt. Zuvor wurde aufwendig per Hand gemahlen. Im Altertum gab es Mühlen mit Wasserrad bereits in Persien und China.

Zöberlein wies darauf hin, dass von den ersten Gebäuden der Mühlen keines die Jahrhunderte überstanden hat. Die heute stehenden Gebäude sind neueren Datums. So ist die Untere Mühle in Oberleinleiter in Folge eines Unwetters zerstört worden. Im August 1791 stießen bei Leibarös zwei Gewitterfronten aufeinander. Es entstand eine große Flutwelle, die auf ihrem Weg ins Tal fünf Menschen und über 200 Schafe mit in den Tod riss.

Sägewerke angegliedert

In Oberleinleiter wurden zahlreiche Gebäude zerstört, darunter auch die 1432 erstmals erwähnte Untere Mühle. Sie wurde im darauffolgenden Jahr wiederaufgebaut. Vielen Mühlen angegliedert waren Sägewerke, die teilweise noch heute in Betrieb sind. Von den Mühlen erfüllt keine mehr ihren ursprünglichen Zweck. „In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts setzte das große Mühlensterben ein“, informierte Zöberlein seine Zuhörer. Damit ging eine Jahrhunderte alte Tradition zu Ende. Die Gebäude werden heute großteils als Wohngebäude genutzt oder dienen gewerblichen Zwecken. Ihre kleinen oder auch großen Geschichten haben sie aber bewahrt.

So wusste Zöberlein zum Beispiel von einem heftigen Streit mit tödlichem Ausgang im Jahre 1664 bei und in der Schmittmühle in Veilbronn zu berichten.

Wesentlich angenehmere Erinnerungen an diese Mühle haben ältere Heiligenstädter Bürger, denn unmittelbar neben der Mühle aus dem Jahr 1522 (ein Vorgängerbau aus dem Jahr 1460 war abgebrannt) befand sich in früheren Jahrzehnten das erste Freibad der Gemeinde. Viele Einheimische lernten dort schwimmen, nach eigenen Worten auch Bürgermeister Helmut Krämer.

Keine Kommentare