Heli versprüht großflächig Insektengift über Igensdorf

10.5.2019, 18:55 Uhr
Im südlichen Landkreis war ein Hubschrauber über dem Wald unterwegs und hat ein Insektizid ausgebracht. Das hat für Unruhe in der Bevölkerung gesorgt.

© Petra Malbrich Im südlichen Landkreis war ein Hubschrauber über dem Wald unterwegs und hat ein Insektizid ausgebracht. Das hat für Unruhe in der Bevölkerung gesorgt.

Anfragen erreichten Andreas Michalka von der Naturschutzorganisation Initiative Blühendes Igensdorf (IBI).
Auch Anfragen im Rathaus konnten nicht beantwortet werden. Normalerweise würde die Bevölkerung informiert werden, sagt Geschäftsleiter Michael Pfundt. Doch dieses Mal ging es nicht.

„Die Umsetzung war eine Hauruckaktion“, erklärt Forstrevierleiter Stefan Ludwig vom Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten Bamberg. Nicht der Beschluss selbst. Dieser wurde bereits vor einem Jahr intensiv erforscht und diskutiert und lautete letztendlich, den Eichenschwammspinner in dem etwa acht Hektar großen Waldstück zu bekämpfen. Dass es so kurzfristig umgesetzt wurde, lag an der Naturschutzbehörde auf Regierungsebene.

Der Eichenschwammspinner ist eine Gefahr für den Forst.

Der Eichenschwammspinner ist eine Gefahr für den Forst. © Petra Malbrich

„Diese hatte ein Veto eingelegt und die Maßnahme erst in letzter Sekunde freigegeben“, sagt Ludwig. „Bei der Bekämpfung des Eichenschwammspinners in dem genannten Gebiet handelt es sich um eine notwendige Maßnahme“, bekräftigt Michael Weiser, Pressesprecher der Regierung Oberfranken.

Ausschlaggebend für das Veto war die Brandtfledermaus, die in dem Eichenwald beheimatet ist. Wenn dem Eichenschwammspinner mit Chemie zu Leibe gerückt wird, wird auch die Nahrung der Fledermaus und wohl des Kuckucks vernichtet, waren die Überlegungen gegen die chemische Behandlung des Schwammspinners, einer etwa sieben Zentimeter großen, haarigen und gefräßigen Raupe. Am liebsten mag sie Eichenblätter, was nicht mehr zu übersehen war.

„Die Bäume waren ratzeputz leergefressen“, bekräftigt Ludwig, der vom Waldeigentümer verständigt worden war. Das war bereits im vergangenen Jahr. Überall auf den Bäumen seien die Raupen gelaufen. „In dieser Form habe ich das in den 30 Jahren noch nicht erlebt“, sagt der Förster.

Der Frostspannerfraß wurde durch den Johannitrieb wieder ausgeglichen. Eine Bekämpfung war nicht notwendig. Der Schwammspinner hingegen fresse sich in den Johannitrieb ein und führe zu einer Schwächung des Eichenwaldes. Gerade die Eiche weise hinsichtlich des Klimawandels eine gute Prognose auf, weshalb er erhalten bleiben soll. Bei der Stichprobenzählung standen 3,4 alte Eigelege pro Baum zehn neuen gegenüber. „Wir haben sehr gut überlegt, ob bekämpft werden muss“, beteuert Ludwig.

Die Bekämpfung wurde durchgeführt, „um nicht in den zweiten Kahlfraß zu kommen“, erklärt Ludwig. Dieser wäre der Todfraß gewesen. Das Landesamt für Umweltschutz hatte gegen einen Sprüheinsatz im genannten Gebiet tatsächlich Einwände geäußert, und zwar wegen des Vorkommens der Brandtfledermaus dort.

Massive Bedrohung

Allerdings hat sich der Eichenschwammspinner dort zu einer derartig massiven Bedrohung des Waldbestandes entwickelt, dass sich die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) nach Abstimmung mit der Regierung in einer Güterabwägung kurzfristig doch für eine Bekämpfung des Schwammspinners entschieden hat.
Zwar habe durch die Bekämpfung die Fledermaus kaum mehr Futter. Im Gegenzug stand die Überlegung, dass bei komplett vernichteten Bäumen die Fledermaus keine Jagdfläche mehr habe. „So stand mehr auf dem Spiel“, ergänzt Ludiwg. Zum Einsatz kam dann das Mittel „Mimic“, was selektiv wirke und nur die Raupen treffe, sagt der Forstrevierleiter – gibt aber die Gefahr zu, dass Schmetterlingsraupen auch bekämpft werden können.

Aufgrund des starken Windes wurde die Aktion um einen Tag verschoben. Die Gefahr, dass dieser Häutungsbeschleuniger, über den Wind verteilt wird, wurde somit gebannt. Für Mücken, Bienen oder Säugetiere sei das Mittel nicht gefährlich.

Trotzdem wurde sichergestellt, dass die Bienenstände während der Flugzeit gesichert sind und sich keine Menschen in der Nähe der zu behandelnden Fläche aufhalten. Zehn Minuten dauerte die Flugzeit. Anhand von GPS Daten solle der Erfolg der Maßnahmen weiter beobachtet werden.

Einen Erfolg, den Andreas Michalka anzweifelt. Er fürchtet, dass der Schwammspinner eher gestärkt werden könnte, wenn die natürlichen Gegenspieler durch solche Maßnahmen außer Gefecht gesetzt werden. Zudem gebe es wenig Hinweise, dass die geschädigten Wälder wirklich komplett absterben. Ohne gesicherte Ergebnisse sei dies eine fragliche Methode. Mehr Sorge bereitet Michalka der Sicherheitshinweis beim Umgang mit „Mimic“.

„Keine Beeren ernten“

„Auch bei der Ernte von behandelten Kulturen sollte mit Schutzhandschuhe gearbeitet werden“, sagt Michalka. Das Mittel würde sich wohl durch Feuchtigkeit wieder verflüssigen. Forstrevierleiter Ludwig versucht alles im Auge zu behalten und wird sicherheitshalber Schilder anbringen. „Keine Beeren ernten“, wird darauf gewarnt.

Laut LWF in Freising gebe es nach der Behandlung noch mehr Raupen und Schmetterlinge als in Normaljahren, also außerhalb der Massenvermehrung vom Schwammspinner. Für den Wald in Rüsselbach kann Stefan Ludwig versichern, dass es bei der einmaligen Behandlung bleibe. Studien über sinnvolle Ergebnisse dieser Behandlung konnte die IBI nicht finden.

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