Klagen beim Kreiserntedankfest

Heroldsbach: Bauern fühlen sich schikaniert

4.10.2021, 18:00 Uhr
Heroldsbach: Bauern fühlen sich schikaniert

© Pauline Lindner, NN

Die opulenten Erntedankfeiern in Oberfranken sind weit über die Region hinaus bekannt. Das betonte auch Hans Müller, der ehemalige Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbands, in seiner Festrede - bei der gelungenen Ersatzveranstaltung in der Hirtenbachhalle.Im Mittelpunkt des Abends stand eine ökumenische Andacht, die Ortspfarrer Klaus Weigand und Dekan Günther Werner zelebrierten. Für Werner war es einer der letzten Gottesdienste in seiner Funktion. Er gestattete sich deswegen einige persönliche Worte: Alle seine Dienststellen waren auf dem Land. Als Landjugendpfarrer kam er unweigerlich in Kontakt mit dem Bauernverband, weshalb er nun gerne den Erntedankgottesdienst übernommen habe. Gelernt habe er dabei, dass Zusammenhalt und Spannungen aushalten dazugehören. "Menschen müssen sich für etwas einsetzen." Mahnend gab er dem Auditorium auf den Weg: "Ihr braucht die Kirche."

"Die Schöpfung entdecken"

Gemeinsam mit seinem katholischen Amtsbruder richtete er den Blick auf Franziskus. "Dankbar sein und den Wert der Schöpfung entdecken" kann man laut Pfarrer Weigand beim Betrachten seines Sonnengesangs. Mit den passenden Symbolen trugen die beiden Geistlichen den Text und interpretierende Worte vor.

Die Fürbitten übernahmen Hermann Greif, der oberfränkische Bauernverbandspräsident, Kreisbäuerin Rosi Kraus sowie Christine Werner und Reinhard Friedrich vom Kreisbauernverband. Die Andacht schloss mit dem Wettersegen. "A uralte Woar", wie der Dekan herausstellte, um so die Zeitlosigkeit und Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Klima zu betonen.

Kritische Anmerkungen

Kritisch setzte sich anschließend Greif mit der Situation der Landwirtschaft auseinander. "Mit vielen Peitschen treibt man die Tierzucht und den Pflanzenbau aus dem Land." Dabei seien es die Bauern, die für "das Schlaraffenland Deutschland" sorgten. Von ihnen forderte er mehr Praxis (in der Ausbildung) und mehr wissenschaftliche Begleitung.

"Ein denkwürdiger Geburtstag in sehr schwieriger Zeit", war auch für Festredner Müller die Zusammenkunft. Ihm oblag ein Blick zurück, "um auch aus Erfahrungen Konsequenzen für die Zukunft abzuleiten". Gegründet wurde die Körperschaft des Öffentlichen Rechts noch 1945, in einer Zeit der Zwangsbewirtschaftung infolge des Zweiten Weltkriegs, als Einheitsverband und mit gleichen Rechten und Pflichten für Männer und Frauen, was seinerzeit keineswegs selbstverständlich war.

Die EU-Basis geschaffen

Produktivitätssteigerung und Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung waren die Ziele des Landwirtschaftsgesetzes von 1955, erinnerte Müller. 1957 kamen mit den Römischen Verträgen die Anfänge der EU. Der Landwirtschaftssektor war von Anfang an dabei. "Wir Bauern haben die EU-Basis geschaffen", folgerte daraus Müller.

Jahrzehnte des Rein und Raus folgten, mal Milchquote, mal Marktöffnung. Von Ängsten sprach Müller sogar, als er Wiedervereinigung und EU-Osterweiterung streifte. Größere Wirtschaftsflächen und bessere Böden und Klimabedingungen sprachen für die Neuhinzukommenden.

Mehr als den Ausgleich erhalten

War der BBV jahrzehntelang Interessenvertreter gegenüber staatlicher Regulierung, muss er heute laut Müller die "Marktarbeit" stärker gewichten, sowohl durch Erweiterung der Dienstleistungen als auch durch verstärkte Bildungs- und Beratungsarbeit. Eine Forderung an die Politk hatte er dennoch: Werden bislang nur Ausgleichzahlungen geleistet, wenn Landwirte Ertragsmengen begrenzen oder die Kulturlandschaft pflegen. Bei solchen Aufgaben sollen die Landwirte mehr als den Ausgleich erhalten. Streng ging er mit der "ideologisch, parteipolitisch gesteuerten und medial schlagzeilengetriebenen Politik ins Gericht. "Mir schwant nichts Gutes."

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