Hiltpoltstein: So geht ein Unternehmer-Paar mit den Corona-Beschränkungen um

29.4.2020, 10:00 Uhr
Martina Steger und Matthias Kohl vor dem eigenen Gasthaus in Hiltpoltstein. Sie kämpfen sich beide durch die schwere Zeit der virusbedingten Einschränkungen.

© Rolf Riedel Martina Steger und Matthias Kohl vor dem eigenen Gasthaus in Hiltpoltstein. Sie kämpfen sich beide durch die schwere Zeit der virusbedingten Einschränkungen.

Der Veranstaltungstechniker aus Hiltpoltstein wäre in China wie in den Jahren zuvor dafür verantwortlich gewesen, dass Audi seine Fahrzeuge akustisch perfekt in den riesigen Messehallen präsentieren kann.

Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass sein Geschäft von 100 auf 0 praktisch zum Erliegen kam. Kohl ist einer von denen, die nicht im Vordergrund stehen, sondern sozusagen für den Betrachter nicht erkennbar im Hintergrund agieren, damit derartige Großveranstaltungen erfolgreich durchgeführt werden können. Konzerte von Helene Fischer oder Roland Kaiser und vielen anderen Stars, Ereignisse wie Rock im Park oder am Ring, Vertriebs-Großveranstaltungen von Automobilherstellern wie Audi könnten ohne sein Zutun gar nicht stattfinden.

Und die Aussichten, dass das alles nur von kurzer Dauer ist, soviel haben wir alle inzwischen lernen müssen, stehen nicht gut. Das Geschäftsfeld des Hiltpoltsteiner Unternehmers wird zu den letzten gehören, für die eine Lockerung zu erwarten ist – die Durst-strecke wird noch lange dauern.

Natürlich hat er sogleich Soforthilfe beantragt und weil er bei den ersten Antragstellern dabei war auch die 5000 Euro bald bekommen, aber die waren genau so schnell wieder fort. Da fallen Leasing-Raten für die sensible Technik an und viele andere Unkosten laufen weiter. Aber der Unternehmer gibt nicht auf. Gerade in diesen Zeiten, in denen es gilt sich vor Ansteckungen zu schützen und die vorgegebenen Abstände einzuhalten sind, kommt es darauf an sich akustisch einwandfrei verständigen zu können. Diese Marktlücke hat Matthias Kohl erkannt und sie für sich genutzt.

Er bietet leihweise transportable Konferenzanlagen, die Städte und Gemeinden und Landkreise für ihre Sitzungen, die sie wegen der Abstandsregel in größere Räume verlegen müssen, nutzen können. Aber nicht nur kommunale Gremien, auch Firmen und sonstige Organisationen können diese Technik nutzen, die eine flexible Sitzordnung zulässt und in zwei Minuten einsatzbereit ist und dazu noch eine Verschlüsselungstechnologie, diverse Funktions-profile, Dolmetscherfunktion und Mitschnittmöglichkeit bietet und das Ganze kabellos.

Die Anlage kann für jeden Sitzungstag ausgeliehen werden. Die Hiltpoltsteiner Bürgermeisterin Gisela Schulze-Bauer, die ortsansässige Unternehmer auch in Corona-Zeiten unterstützen will, wirbt mit dieser Anlage sogar bei ihren Kolleginnen und Kollegen im Kreis und setzt sie selbst bei den Sitzungen des Gemeinderates in der sanierten Turnhalle ein.

Nun könnte es ja durchaus zutreffen, dass in einem solchen Fall die Lebenspartnerin nicht so sehr von den einschneidenden Auswirkungen der Corona-Krise betroffen ist. Im vorliegenden Fall kommt erschwerend hinzu, dass die Lebenspartnerin Martina Steger schon vor zwei Jahren ihre fest bezahlte Tätigkeit als Hotelmanagerin in Nürnberg aufgegeben hat um eine renommierte Gaststätte in Hiltpoltstein zu übernehmen, die sie mit viel persönlichem Einsatz und Engagement zu einem Treffpunkt für gepflegte Gastlichkeit werden hat lassen. Sie liegt jetzt still.

Kosten laufen weiter

Auch Zimmer darf sie nicht vermieten, ihre Pacht und alle anderen fixen Kosten laufen aber weiter. Aber auch sie hat die Gunst der Stunde genutzt und liefert an den Wochenenden die Höhepunkte der Speisekarte, die im Internet einsehbar ist, „to go“.

„Meine Hiltpoltsteiner lassen mich nicht im Stich“, sagt Martina. Mit dem Abverkauf ist sie recht zufrieden, weil sie so wenigstens einen Teil ihrer Stammbelegschaft weiter beschäftigen kann. Zu Hause warten zwei Jungen auf die Eltern, sechs und sieben Jahre alt. Der eine kann nicht mehr in die Kita, der andere geht in die erste Klasse der Grundschule, die geschlossen ist. Viele Fragen zur Zukunft müssen unbeantwortet bleiben, ebenso wie die Fragen der Kinder wann sie wieder in die Kita oder Schule gehen dürfen. Oder um mit einem Ausspruch von Friedrich Hölderlin zu enden: „Was wäre das Leben ohne Hoffnung!“

 

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