Abschied

Holz hacken statt Gottesdienste leiten: Dekan Günther Werner verabschiedet sich

27.11.2021, 19:59 Uhr
Seit zwei Monaten wohnt Günther Werner schon nicht mehr in Muggendorf. Am Wochenende wird er auch sein Dienstzimmer im Pfarrhaus verlassen und sich in den Ruhestand verabschieden. 

© Annika Falk-Claußen, NN Seit zwei Monaten wohnt Günther Werner schon nicht mehr in Muggendorf. Am Wochenende wird er auch sein Dienstzimmer im Pfarrhaus verlassen und sich in den Ruhestand verabschieden. 

Werner ist evangelischer Pfarrer aus Leidenschaft. „Als ich mich für den Beruf entschieden habe, war klar, dass man sieben Tage die Woche arbeitet, von Work-Life-Balance hat da noch niemand gesprochen“, so der 64-Jährige, der auch dem Nachwuchs zum Pfarramt raten kann. „Es ist ein freier, gestaltbarer Beruf“, sagt der Dekan.

Bereits seit zwei Monaten wohnt er nicht mehr in Muggendorf, sondern im Haus seines Großvaters in Vestenberggreuth, das lange vermietet war und das sich das Ehepaar Werner zum neuen Domizil umgebaut hat. Seine Frau Ulrike wurde bereits Ende Oktober als Pfarrerin in der Kirchengemeinde Streitberg verabschiedet und arbeitet seit dem neuen Schuljahr als Religionslehrerin an der Dietrich-Bonhoeffer-Realschule in Neustadt/Aisch.

Er war deutschlandweit unterwegs

Aufgewachsen ist Günther Werner in Forchheim. „Ich war dort beim CVJM vom Jungscharkind bis zum ersten Vorsitzenden“, so Werner, der sich dann für ein Theologie-Studium in Erlangen entschieden hat und dem die Jugendarbeit Zeit seines Lebens besonders am Herzen lag. Als Vikar kam er nach Wolfratshausen, danach war er Dekanatsjugendpfarrer in Bechhofen im Landkreis Ansbach. Anschließend kümmerte er sich 13 Jahre lang als Landjugendpfarrer unter anderem um die Leitung der Landvolkshochschule Pappenheim, war deutschlandweit unterwegs. Weil ihm klar war, dass dieser Job nichts ist, was er bis zur Rente machen möchte, folgte er 2009 gerne der Bitte von Regionalbischöfin Dorothea Greiner, die Leitung des heimischen Dekanats Forchheim mit der Verantwortung für 13 Kirchengemeinden zu übernehmen.

Verändert habe sich über die Jahrzehnte seines Dienstes der Vertrauensvorschuss, mit dem ein Pfarrer früher auf einer neuen Stelle empfangen worden ist. „Heute sind die Menschen kritischer, es gibt nach wie vor einen oberflächlichen Vertrauensvorschuss, aber man muss sich erst beweisen“, so Werner, dessen drei Kinder mittlerweile erwachsen sind. Alle leben in Nürnberg und künftig werde er sich bei „Hintergrunddiensten“ um die beiden Enkelkinder kümmern.

Bleibt der Dekanatssitz Muggendorf erhalten?

Seine Nachfolge wird für die nächsten drei Jahre kommissarisch besetzt. Sein Stellvertreter Enno Weidt aus Forchheim wird das Amt führen, bis die Landessstellenplanung umgesetzt ist. Denn bis 2024 müssen 2,5 Stellen im Dekanat eingespart werden, darüber wird in den nächsten Jahren diskutiert werden. Auch darüber, ob Muggendorf als Dekanatssitz erhalten bleibt.

Muggendorf und Streitberg sind ohne Pfarrer

Für Muggendorf und Streitberg hofft man, einen Pfarrer oder ein Pfarrerehepaar zu finden, der oder die die beiden halben Stellen ab 1. März übernehmen. Denn die Orte Muggendorf und Streitberg sind ab nächster Woche ohne eigenen Pfarrer, nachdem auch die zweite Pfarrerin Cornelia Meyer sich im Sommer bereits in den Ruhestand verabschiedet hat.

Für die Zukunft seiner Kirche wünscht sich Günther Werner, dass es einen inhaltlichen Aufbruch gibt, dass das Gefühl der Botschaft Jesu Christi greift. „Denn wir können noch so viele Strukturen verändern, wenn die inhaltliche Überzeugungskraft fehlt“, so Werner, der an eine missionarische Kirche glaubt. Dabei bewege man sich als Pfarrer immer auf einer Gratwanderung, Neues zu wagen, aber den traditionellen Kern nicht zu verschrecken.

Als Pfarrer geht man ja nie so ganz, aber ein halbes Jahr möchte sich Günther Werner Auszeit nehmen. In einen festgelegten Plan möchte er sich auch nicht mehr einteilen lassen: „Aber wenn sie Donnerstag anrufen, dass sie für Sonntag einen Pfarrer suchen, springe ich gerne ein.“ Günther Werners Beruf ist einfach eine Berufung – auch in der offiziellen Rente.

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