Im Kellerwald Forchheim: "Nur mit To-go überlebt keiner"

30.4.2020, 12:00 Uhr
Im Kellerwald Forchheim:

© Foto: Philipp Rothenbacher

"An den Sonntag-Mittagen läuft es eigentlich ganz gut", sagt Stefan Hempel, nachdem er aus dem Fenster des Schindler-Kellers heraus einen Kunden abkassiert hat, der sich ein abgepacktes Cordon-Bleu mit Pommes abgeholt hat. "Freitags und samstags ist das Geschäft schleppend." Birgit und Stefan Hempel sind die Betreiber des Kellers, auf dem seit vielen Jahren der Annafest-Anstich stattfindet. Heuer aber nicht – ebensowenig wie das gesamte Volksfest. Mit der Corona-Krise fällt in diesem Jahr nicht nur dessen 180. Jubiläumsausgabe ins Wasser, auch die traditionelle Saisoneröffnung im Kellerwald wurde abgesagt.

Einige Keller-Betreiben trotzen dieser Misere, indem sie zumindest an den Wochenenden ein "To- go"-Geschäft eingerichtet haben: Vor Ort oder auf telefonische Bestellung können die fränkischen Leibspeisen samt Beilagen an den Kellerfenstern abgeholt werden. Die Essen kommen aus der Kellerküche bevorzugt in die selbst mitgebrachten Boxen der Kunden. Oder man macht es wie Klaus und Petra Pavel, die das schöne Sonntagswetter genutzt haben, um mit ihrem Oldtimer-Bulldog von Effeltrich aus in den Forchheimer Kellerwald zu tuckern. Mit im Gepäck haben sie: einen kleinen Klapptisch, zwei Klappstühle, Besteck und Biergläser.

Auf dem menschenleeren Festplatz, auf dem zu Annafest-Zeiten das Riesenrad seine Runden dreht, hat sich das Ehepaar so einen privaten Zwei-Personen-Biergarten eingerichtet. Gegenüber klingelt aus dem Schindler-Keller ein Glöckchen für die Effeltricher – das Signal von Birgit Hempel, dass die Cordon-Bleus mit Pommes jetzt servierfertig sind, angerichtet auf normalen Keramiktellern. Klaus Pavel holt sie ab, danach genießen die beiden Ausflügler ihre Behelfs-Einkehr.

Etliche Spaziergänger durchstreifen den Kellerwald, doch nur vereinzelt sitzen Grüppchen aus zwei bis drei Personen bei einem Bier auf den größenteils verwaisten Bänken der wenigen geöffneten Keller. Der ein oder andere Radler macht im Stehen Rast, etwa oben am Weiß-Tauben-Keller. Auch hier gibt es kleinere Gerichte zum Mitnehmen, beispielsweise Currywurst, Fleischspieße oder Bratwurst im Brötla. Eine größere Schlange hat sich derweil vor dem Neder-Keller gebildet, ein halbes Dutzend Hungrige wartet mit gebührendem Abstand zueinander auf die Mitnehm-Mahlzeit. Schäuferla und vor allem das Spargel-Cordon-Bleu sind auf dem Neder momentan die meistbestellten Mahlzeiten.

Die Forchheimerin Liesa Graupe hat sich ihre Tupperware gerade befüllen lassen. "Sonntags ist unser typisch fränkischer Tag. Heut’ gibt es für die Familie Sauerbraten, Cordon-Bleu und ein Schnitzel", sagt sie und lächelt – denn das leckere Essen aus dem Kellerwald sei auch "ein bisschen Normalität, auf die wir uns in dieser schwierigen Zeit freuen können".

Nach Normalität sehnt sich Carola Bernklau ebenfalls. Die Wirtin des Neder-Kellers, der freitags, samstags und dienstags ab 17 Uhr, an Sonntagen mittags und abends geöffnet hat, erklärt zwar, dass es vor allem an Sonntagen "ganz ordentlich" laufe mit dem To-go-Betrieb. "Aber auf Dauer langt das nicht." Derzeit hielten fast ausschließlich Stammkunden ihr Geschäft am Laufen.

Bernklau und ihre Familie bangen sehr wohl um die berufliche Existenz im Kellerwald. Das gilt für die anderen Keller genauso. Denn es fehlen schlichtweg die überlebenswichtigen Einkünfte aus dem normalen Biergarten-Betrieb, der jetzt anlaufen würde. So, wie es ist, bleibt es ein (auch wetterabhängiges) Glücksspiel. An manchen Tagen würden fast gar keine Essen bestellt, "das kann man dann vergessen", sagt Bernklau. Allein die Stromkosten, um letztlich nur zwei oder drei Gerichte zu kochen, machten hier einen Strich durch die Rechnung.

Und von der staatlichen Soforthilfe für Betriebe wie den ihren hat die Keller-Wirtin noch keinen einzigen Cent gesehen, "obwohl wir sie sofort, nachdem es bekannt wurde, beantragt haben". Bernklau: "Ich weiß ja nicht, wie es bei den anderen Geschäften läuft, aber ich finde, man braucht es nicht ,Soforthilfe‘ nennen, wenn es dann nicht sofort Hilfe gibt." Die wäre gerade jetzt wichtig, gelte es doch, die Krisen-Zeit zu überbrücken, um laufende Kosten begleichen zu können. "Nur mit To-go kann keiner überleben."

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