Immer knapp unter 1000 Einwohnern in Pinzberg: Woran liegt es?

13.5.2021, 16:03 Uhr
Immer knapp unter 1000 Einwohnern in Pinzberg: Woran liegt es?

Die oft zitierte "gute alte Zeit", sie hatte dem Vernehmen nach speziell auf dem Lande ihre unverwechselbaren festen Rituale und Regeln, an denen es nach jahrhundertealter Tradition nichts zu rütteln gab.

Hierzu zählte neben dem sonntäglichen Kirchgang und dem anschließenden Frühschoppen im Dorfgasthaus auch die feste Überzeugung, dass die drei klügsten Köpfe im Ort die des Dorflehrers, des Bürgermeisters und des Pfarrers sind. Die wussten immer als erste, was im Dorf Sache ist und hatten stets einen guten Rat parat, zumindest wird dies seit Urzeiten, nicht nur in gemütlichen alten Filmen, so erzählt.

Nun, den Dorflehrer mit vier Klassen in einem Raum, den hat Pinzberg längst nicht mehr und dass es in der nicht ganz 1000 Seelen zählenden Gemeinde weitere kluge Köpfe außer denen der Bürgermeisterin und des Pfarrers gibt, davon darf ausgegangen werden, schließlich wohnen dort unter anderem ein ehemaliger Landrat, ein Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes und sogar ein aktueller Bayerischer Staatsminister.

Kein Alleinstellungsmerkmal

Auch wenn ihm also dieses Alleinstellungsmerkmal abhandengekommen ist, so fühlt sich Pfarrer Michael H. Gehret in seiner Gemeinde dennoch pudelwohl. Mit ihm über das Leben in seiner Kirchengemeinde und auch der weltlichen zu plaudern, ist keine Sekunde langweilig. Gehret sitzt im Pfarrhof mitten im Ort neben der Kirche auf einer Holzbank. Eine Mauer, in die der Kirchturm integriert ist, schützt vor dem Lärm der Durchgangsstraße.

Der Seelsorger schätzt das Leben in Pinzberg, wo er seit zehn Jahren Pfarrer ist, wegen seiner Tradition, seiner Geselligkeit und ganz speziell wegen des ehrenamtlichen Engagements der Bewohner. "In Pinzberg herrscht ein gutes Miteinander, die Hilfsbereitschaft ist groß. Alleine bei der traditionellen Fronleichnamsprozession haben wir regelmäßig 80 Leute, die uns aktiv unterstützen."

Immer knapp unter 1000 Einwohnern in Pinzberg: Woran liegt es?

© Foto: Berny Meyer

Geprägt und gelebt wird dieser Zusammenhalt auch durch die 14 Vereine, die es alleine im Hauptort – und um diesen geht es hier – gibt. Der größte von ihnen ist der Sportverein DJK/TSV mit nicht ganz 600 Mitgliedern. Die Vereine haben einen großen Anteil daran, dass das gesellige Leben in der Gemeinde, sowohl der weltlichen als auch den beiden kirchlichen, einen hohen Stellwert genießt.

24 Jahre lang die Entwicklung Pinzbergs geprägt

Alleine Reinhard Seeber, der von 1996 bis 2020 24 Jahre lang die Entwicklung Pinzbergs als Bürgermeister und Nachfolger von Reinhardt Glauber entscheidend mitprägte, ist in 19 Vereinen Mitglied. Vereine waren es auch, die ihn bei der Organisation von zahlreichen Benefizveranstaltungen und deren Durchführung maßgeblich unterstützten.

Gerne erinnert sich der Altbürgermeister an ein Benefizfußballspiel zu Gunsten der Lebenshilfe im Jahre 2000, als ein Team, bestehend aus Bürgermeistern des Landkreises, gegen die "Wunderelf" des Bayerischen Rundfunks unter anderem mit Christoph Däumling antrat.

An vier Tagen 14.000 Besucher

Als Höhepunkt seiner Amtszeit sieht Reinhard Seeber die 950-Jahr Feier Pinzbergs im Jahre 2012, "denn da zeigte sich, wie groß in unserer Gemeinde der Zusammenhalt ist, wenn es gilt, etwas auf die Beine zu stellen". Auf seinem heimischen Sofa sitzend, mit einer stattlichen Menge heimatlicher Lektüre vor sich, fährt Seeber fort, dass "sich damals bis auf einen alle Vereine an den Planungen und der Durchführung der Feierlichkeiten beteiligten.

Immer knapp unter 1000 Einwohnern in Pinzberg: Woran liegt es?

© Foto: Berny Meyer

In Summe waren dies 300 Leute, die uns unterstützten, denn es gab sehr viel Arbeit. Wir hatten an vier Tagen über 14 000 Besucher. Die Hauptstraße war gesperrt, es gab ein Programm mit Attraktionen für Jung und Alt."

Dorfsanierung vor 10 Jahren

Im gleichen Jahr endete auch die Dorfsanierung, beispielsweise mit der Erneuerung des Wegbrunnens, des Backofens und des Kriegerdenkmals.

Das Ergebnis: Eine sehr gepflegt wirkende Ortschaft, die viel Flair ausstrahlt. Ein Zitat aus einem Video über Pinzberg unterstreicht den Anspruch seiner Bewohner an ihren Heimatort: "Zeit miteinander verbringen und dabei das Leben genießen, das macht diese Gemeinde aus".

Soziale Treffpunkte sind naturgemäß auch die gastronomischen Betriebe. Das Gasthaus "Schrüfer" im Zentrum, das Gasthaus Eger ganz in der Nähe, das allerdings nur noch zu speziellen Anlässen geöffnet ist und natürlich das Sportheim am Vereinsgelände sind Anlaufstellen für alle Generationen. Neben einem geselligen Miteinander, einem großen ehrenamtlichen Engagement und einer für die Region typischen urfränkischen Umgebung hat Pinzberg harte Fakten im Wettbewerb um die Ansiedlung junger Familien zu bieten.

Anreize für junge Familien

Das sind neben der Nähe zur Großen Kreisstadt Forchheim und der Tatsache, dass Pinzberg Dank einer Biogasanlage und einer Photovoltaikanlage energieautark ist in erster Linie die Grundschule, sowie Kinderkrippe und Kindergarten.

Hinzu kommt ein eigener Bahnhof, wenn er auch etwas außerhalb des Hauptortes am Fuße des Berges in Richtung Wiesenttal liegt. Und natürlich das bereits erwähnte große Freizeitangebot durch die verschiedenen Vereine.

Lidl-Einkaufsmarkt geplant

Was aber fehlt, das sind Einkaufsmöglichkeiten, speziell für den täglichen Bedarf. "Es gab einmal einen kleinen Einkaufsmarkt bei den Kapellen und im Dorfzentrum hatten wir einen Bäcker und einen Metzger, das ist aber schon 30-40 Jahre her", erinnert sich Seeber an längst vergangene Zeiten. "Mittlerweile hat die Volksbank ihre Filiale geschlossen und die Sparkasse sogar ihren Geldautomaten abgebaut."

Sind eventuell hierin die Ursachen zu suchen, dass es der Pinzberger Hauptort partout nicht schafft, die Marke von 1000 Einwohnern zu knacken?

Zumindest in Sachen Nahversorgung ist etwas Besserung in Aussicht, allerdings im Gemeindeteil Gosberg. Dort entsteht demnächst eine Lidl-Filiale, die zu Fuß vom Hauptort aus aber nur bei guter Kondition zu erreichen ist.

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