Jürgen Pöhlmann war wieder on Tour

In 14 Tagen von Ebermannstadt ans Schwarze Meer - auf dem Rad

19.9.2021, 12:45 Uhr
Am Ende der Reise: Jürgen Pöhlmann mit seinem bestens verpackten Fahrrad am Flughafen. 

© Jürgen Pöhlmann Am Ende der Reise: Jürgen Pöhlmann mit seinem bestens verpackten Fahrrad am Flughafen. 

Jeder Redakteur hat ja so seine Lieblingstermine und -gesprächspartner. Ganz vorne mit dabei ist für den Autor dieser Zeilen Jürgen Pöhlmann aus Ebermannstadt, der in schöner Regelmäßigkeit vorbeischaut, um von seinen neuesten Abenteuern auf dem Langstrecken-Fahrrad zu berichten.

In diesem Sommer war es die Tour von Ebs in der Fränkischen bis nach Konstanza (rumänisch Constanța) an der Schwarzmeerküste. In Zahlen ausgedrückt: Ein 60-Jähriger, der bei durchschnittlich 185 Kilometern pro Tag binnen zweier Wochen insgesamt 2600 Kilometer durch sechs Länder zurückgelegt hat. Auf dem Drahtesel, versteht sich.

"Wieder eine Corona-Tour"

"Schon wieder mal, leider Gottes, eine Corona-Tour", sagt Pöhlmann. Eigentlich wollte er, der die Weltumrundung auf dem Rad weiterhin fest im Blick hat, in diesem Jahr wieder richtig loslegen, durch Russland bis nach Peking, nachdem das 2020 pandemiebedingt ins Wasser fiel. Doch auch 2021 ist Corona noch nicht überwunden. Pöhlmann entschied sich also für ein "Training", das Otto-Normal-Radfahrern schon beim Hinhören weh tut. Es war seine nunmehr dritte Schwarzmeer-Tour.

Los geht es heuer am 12. August, genau einen Tag nach seinem 60. Geburtstag. "Morgens um 5 Uhr früh bin ich losgeradelt." Schon am Ende des zweiten Reisetages befindet er sich kurz vor dem Pustertal von Südtirol, dann weiter gen Kärnten. Gerade noch rechtzeitig findet er eine Unterkunft mit malerischem Blick auf das Karawanken-Gebirge - bevor ein Gewitter aufzieht. Es bleibt (fast) das einzige Mal während der gesamten Tour, dass das Wetter nicht mitspielt, ansonsten überwiegen Sonnenschein und hochsommerliche Temperaturen.

Pöhlmann kommt durch Maribor in Slowenien, passiert die Nordspitze Kroatiens und kommt an Tag 6 in Ungarn an. Nach einem Aufenthalt am "Mittelmeer der alten DDR", dem Balaton, überquert er in Dunaújváros die Donau - zum zweiten Mal seit Ingolstadt. Am 9. Tag hat Pöhlmann Rumänien erreicht. "Landschaftlich sicher einer der Höhepunkte", erzählt er und träumt noch von den Karpaten.

In Siebenbürgen, sprich Transsilvanien, darf freilich eine Stippvisite beim "Fürsten der Finsternis" nicht fehlen: In Sighișoara (deutsch: Schäßburg) mit seinem zum Unesco-Weltkulturerbe erklärten Stadtzentrum soll Vlad III. (besser bekannt als Dracula) geboren worden sein - jedenfalls sind die dortigen Souvenirladen-Besitzer felsenfest davon überzeugt. Ausgebaute Radwege sind in Rumänien nicht existent, dafür aber Schotterstraßen und für Radler lebensgefährliche Autobahnen. "Und überall streunende Hunde." Den richtigen Umgang mit aggressiveren Vierbeinern ist Pöhlmann aber schon von früheren Trips gewohnt - Motto: Respekt einflößen, dann geht jeder wieder seiner Wege.

An Tag 12 ("dem anstrengendsten der Tour") radelt er schließlich ins Gebirge, quer durch die Zentralkarpaten, "absolut alpines Gebiet", so Pöhlmann. Am Ende der Tour wird er stolze 18.600 Höhemeter überwunden haben. Die rumänische Hauptstadt Bukarest erreicht er gegen Nachmittag, wo er bei 32 Grad im Schatten die Stadt erkundet - unter anderem freilich den heutigen Parlamentspalast, einst "Haus des Volkes", monströser Wahn-Bau des 1989 hingerichteten Diktators Ceaușescu und mit 65.000 Quadratmetern Grundfläche noch immer eines der größten Gebäude der Welt. Nach den einsamen Karpaten ist das laute, überbordende Bukarest für Pöhlmann aber auch ein Kulturschock. Es geht weiter.

Die dritte Donauüberquerung am Flussdelta markiert den Anfang vom Ende der Tour, es ist nicht mehr weit bis zum Schwarzen Meer, das Pöhlmann an Tag 14 nach seinem Start in Ebermannstadt erreicht. In Konstanza sind fast alle Hotels ausgebucht, zuletzt wird er doch noch fündig und genießt den Blick aufs nur 200 Meter entfernte Meer. "Ab da war ich einfach nur Urlauber." Oder besser: Kurzurlauber. Mit dem Flugzeug (Heimflug über Istanbul) und seinem treuen Trekkingrad (dem "Koga Miyata World Traveller") reist Pöhlmann zurück nach Hause.

Sein Fazit: "Eine anstrengende Tour, auch was das Organisatorische angeht: Den digitalen Corona-Impfpass und die korrekten Dokumente muss man bei Grenzübergängen stets griffbereit haben." Entsprechend dazu hat Pöhlmann auf der gesamten Strecke so gut wie keinen anderen Tourenradler getroffen. Und dennoch: "Es war absolut lohnend." Sowie eine gute Vorbereitung auf das, was er nächstes Jahr "auf jeden Fall" machen will: den ersten Teil seiner Radtour quer durch die USA.

19 Langstrecken-Touren über drei Kontinente hat Jürgen Pöhlmann seit dem Jahr 2010 geschafft. Seine Eindrücke und Fotos aus all der Zeit schildert er in der Vortragsreihe "Radfieber": Am Samstag, 2. Oktober, sowie am Samstag, 9. Oktober, im Hasenbergzentrum in Ebermannstadt, Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, um Spenden für soziale Projekte wird gebeten. Geplant sind auch Vorträge in Forchheim, die Termine dazu stehen noch nicht fest.

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