Jahn-Halle ade: Forchheimer erinnern sich

24.6.2020, 18:35 Uhr
Jahn-Halle ade: Forchheimer erinnern sich

© Foto: privat

Ihre Kellnerinnen-Karriere begann für Traudl Kraus unspektakulär. In der Bäckerei Landsmann, nur wenige Meter von ihrer Wohnung im Stadtteil Nord entfernt, sorgte sie im Café für den Torten-Nachschub. Dann suchte man anlässlich eines Faschingsballes nach Service-Kräften für die Jahn-Halle. 1976 war das.

Ihr kamen wegen ihrer kleinen Kinder die Arbeitszeiten abends sehr gelegen. Nur hielt der damalige Pächter Albrecht nicht lange durch. Eine einmalige Chance für Traudl Kraus tat sich auf. "Mensch, ob das gut geht?" Sie wagte den Schritt in die Selbständigkeit und sollte zur gastronomischen Institution werden.

Ihr Ehemann Anton "Toni" Kraus (der 1994 mit nur 55 Jahren verstarb) wurde ab 1980 Hausmeister am Gründelbach. Das war auch die Zeit, in der beide tatkräftig beim Umbau des historischen Gebäudes mithalfen. Aus der reinen Sporthalle, in der geturnt oder Tischtennis gespielt wurde, wurde ein gern genutzter Veranstaltungssaal. Die Hausmeister-Wohnung wanderte vom Erdgeschoss ganz nach oben. Auch die Gasträume wurden auf den neuesten Stand gebracht.

Drinnen in der Gaststätte tummelten sich all die Jahn-Mitglieder, die eine gutbürgerliche, fränkische Küche zu schätzen wussten. Wenn es am Herd und an der Theke eng wurde, konnte sich Traudl Kraus auf ihre Mutter Gertrud Gebauer, sowie ihre Brüder Rüdiger, Roland und Peter mit Schwägerin Angelika, sowie ihre Schwester Ute mit Schwager Uwe Späth verlassen. Ein echtes Familienunternehmen – im besten Sinne des Wortes.

Immerhin hatte man tagtäglich geöffnet. Montags kamen die Altherren-Fußballer, dienstags die Tischtennis-Cracks, mittwochs war Ruhetag bei den Sportlern, donnerstags trainierten die Fußballer, freitags sah man die Faustballer. Es gab jeden Abend warmes Essen, mitunter gebackene Karpfen. Die schwammen mittags noch in einem Bassin in der Küche.

Und am Wochenende war sowieso alles voller Fans des runden Leders. Zu jedem Heimspiel der Fußballer gehörten die legendären Bratwürste der Metzgerei Schatz, von denen man ältere Forchheimer noch mit ehrlicher Bewunderung reden hört. Was Toni an Schäufala oder Braten in seiner Küche zubereitete, das trug Traudl zu den Gästen, die schon bald immer zahlreicher in die Sportgaststätte pilgerten.

Hinzukamen die Großveranstaltungen im Saal, für die auch Traudls drei Töchter Cornelia (heute Mideck), Petra (Seeger) und Gabi (Nowak) und deren Ehemänner Dirk, Christian und Marek die Tabletts in die Hand nahmen. Die Abschlussbälle der Gymnasien, die Faschingsbälle der Metzger und Landwirte, die Silvesterbälle, der Lumpenball, der Liedervereinsball, der Feuerwehrball, die Weihnachtsfeier der Lebenshilfe, jede Menge Kommunionfeiern, der Hobbykünstlermarkt . . .

Jahn-Halle ade: Forchheimer erinnern sich

© Foto: privat

Im Sommer gab es die eine oder andere türkische Hochzeit, das Jahr über Konzerte des Spielmannszuges, des Musikvereins Buckenhofen und anderer Orchester. Mal sprach Ministerpräsident Franz-Josef Strauß, dann wieder sang Schlagerstar Roy Black. Es gab praktisch kein Wochenende, an dem nichts los war. Im kleinen Saal trafen sich der Deutsche Alpenverein, der Liederverein, der Bridge-Club oder die Imker.

Die Jahn-Halle war ein, wenn nicht das Kulturzentrum der Stadt. Nur zwei Wochen im Jahr machte Traudl Kraus Urlaub.

Das Ende zog sich über viele Jahre lang hin. Zuerst verstarb viel zu früh Traudls Ehemann. Dann zog der Jahn Forchheim Umsatzbringer wie die Außenbewirtschaftung während der Fußball-Duelle an sich. Die Pacht freilich stieg trotzdem.

Vor 21 Jahren war dann in der Jahn-Gaststätte Schluss für Traudl Kraus. Ohne ihren Toni war es einfach zuviel. Auch weil ihre Kinder ein eigenes Leben jenseits der Jahn-Halle führten.

Jahn-Halle ade: Forchheimer erinnern sich

© Foto: Dirk Mideck

Der neue Mittelpunkt für Traudl Kraus wurde der Greif-Keller, den sie erst im Juni 2019 in jüngere Hände übergab.

Wenn die Jahn-Halle irgendwann einmal abgerissen worden sein wird, dann bleiben Traudl Kraus immer noch viele schöne Erinnerungen. An die vielen zufriedenen Stammgäste etwa der Schiedsrichter-Gruppe, der Tischtennis-Abteilung oder der NN-Freizeitmannschaft.

 

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