Jung, weiblich sucht Patienten in Teilzeit: Not an Hausärzten im Landkreis Forchheim

26.1.2019, 09:00 Uhr
Die wohnortnahe Versorgung mit Hausärzten ist eine Aufgabe der Gesundheitsregion Plus im Landkreis Forchheim.

© dpa Die wohnortnahe Versorgung mit Hausärzten ist eine Aufgabe der Gesundheitsregion Plus im Landkreis Forchheim.

Es mangelt am Nachwuchs von Allgemeinmedizinern. Bundesweit. Auch die Gemeinden im Landkreis werden das schon bald zu spüren bekommen. Dieses Fazit zieht Bärbel Matiaske in der Kreisausschusssitzung. Sie leitet die Geschäftsstelle der Gesundheitsregion Plus, die es seit dem 1. Juli 2016 im Landkreis gibt und die sich um die Gesundheit der Landkreisbewohner kümmert.

"Die nächsten zehn Jahre werden hart", sagt Matiaske mit Blick auf die Landkreiskarte. Darüber kann auch die gegenwärtige diagnostizierte "Luxussituation", was die Versorgung mit Ärzten in den Landkreisgemeinden betrifft, nicht hinwegtäuschen. 89 Hausärzte praktizieren in den 29 Gemeinden, acht davon sind über 68 Jahre alt. Jedes Jahr müssen bis zu vier Mediziner gefunden werden, die ausscheidende Kollegen ersetzen. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter und suchen demzufolge verstärkt die Ärzte auf. Bis zum Jahr 2035 kalkuliert Matiaske deshalb mit einem jährlichen Bedarf von zehn Medizinern.

Große Welle steht bevor

Unmittelbar bevor steht die große Welle an Ruheständlern: 37 Hausärzte der geburtenstarken Jahrgänge, der sogenannten Baby-Boomer, werden in wenigen Jahren ihre Praxis schließen. Es sind die Ärzte, die heute zwischen 50 und 60 Jahre alt sind. Verstärkt Gedanken um den Landarzt-Nachwuchs müssen sich demnach Orte wie Wiesenttal, Eggolsheim, Pretzfeld, Weilersbach, Kirchehrenbach, Hiltpoltstein, Neunkirchen, Langensendelbach oder Heroldsbach machen (siehe Grafik).

Die Situation im Landkreis Forchheim: In den südlich gelegenen Gemeinden sorgt die Konkurrenz der Städte Erlangen, Fürth und Nürnberg für einen Mangel an Nachwuchs.

Die Situation im Landkreis Forchheim: In den südlich gelegenen Gemeinden sorgt die Konkurrenz der Städte Erlangen, Fürth und Nürnberg für einen Mangel an Nachwuchs. © NN-Info-Grafik

Auch die Stadt Forchheim ist trotz gegenwärtig 22 praktizierender Hausärzte von dem Trend betroffen. "Auffällig viele Einzelpraxen gibt es in Forchheim", sagt Matiaske. Das sei für den Nachwuchs ein Problem.

Laut Matiaske sind es verstärkt Frauen, die den Beruf der Hausärztin wählen und sie wollten verstärkt im Team und daher vorzugsweise in Gemeinschaftspraxen arbeiten. Und die brauchen von Grund auf mehr Platz. Außerdem strebe der Nachwuchs nicht nach der üblichen 60- bis 70-Stunden-Arbeitswoche eines Allgemeinmediziners. "Sie haben den Wunsch, Teilzeit zu arbeiten, auch um Beruf und Familie zu vereinen." Diesem Wunsch nach brauche es rechnerisch gesehen mehr als einen Nachwuchs-Arzt, um damit einen Arzt, der in Ruhestand geht, zu ersetzen.

All dies zeige, so Matiaske, "dass wir einiges aufbieten müssen, um den Nachwuchs zu holen und zu halten". Sie berichtet von Gemeinden, die Jungmedizinern das Grundstück mit Blick aufs Tal stellten, um dort ihre Praxis zu bauen. So groß soll die Not im hiesigen Landkreis nicht werden, waren sich die Kreisräte einig. Voller Lob waren die Kommunalpolitiker über alle politischen Lager hinweg für die Arbeit der Gesundheitsregion.

Fachärzte: Lange Wartezeiten

Ein 2018 ins Leben gerufener Stammtisch für angehende Hausärzte soll die Vernetzung untereinander und mit anderen Akteuren, beispielsweise dem Krankenhaus, fördern. Matiaske will damit zu einer reibungslosen Arbeitsatmosphäre beitragen, den Nachwuchs damit überzeugen, in der Region zu praktizieren. Auch diene der Informationsaustausch dazu, frühzeitig für die Übernahme von Arztpraxen ins Gespräch zu kommen.

CSU-Kreisrat Edwin Dippacher fehlte der Blick auf die Fachärzteversorgung. Er sprach von "teilweise erheblichen Mängeln und monatelangen Wartezeiten, gerade bei psychischen Problemen". Bärbel Matiaske erklärte, dass es im Vergleich zu den Hausärzten nicht am mangelnden Nachwuchs liege. Knapp seien Fachärzte, weil ihre Zahl durch die kassenärztliche Vereinigung begrenzt werde. Sie ist in Deutschland für die ärztliche Versorgung der gesetzlich Versicherten zuständig. Der Landkreis könne darauf keinen Einfluss nehmen.

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