Schottische Hochlandrinder

Jungbauer Lukas Ziegler aus Wannbach und sein tierischer Traum

18.7.2021, 06:13 Uhr
Jungbauer Lukas Ziegler aus Wannbach und sein tierischer Traum

© Foto: Edgar Pfrogner

"Weil sie lustig aussehen", sagt Lukas, hat er sich in die Tiere mit den zotteligen Haaren verliebt. Seit er laufen kann, verfolgt der heute 17-jährige seinen Traum: "Bauer sein". Mit Traktoren fahren, mit Tieren leben - das hat ihm sein Papa solange vorgelebt, bis ihn ein Schlaganfall vor gut zehn Jahren heimsuchte. Seitdem sitzt er im Rollstuhl. Lukas kümmert sich seitdem um seinen kleinen Bauernhof.

Vor vier Jahren besuchten die NN den damals 13-Jährigen. 2017 schwärmte er schon von schottischen Hochlandrindern. Der Wunsch: eine eigene Herde halten. Was damals noch unmöglich erschien, rückt jetzt näher. Lukas Ziegler wird erwachsen. Und er will seinen Kindheitstraum umsetzen.

Markus Wolf aus Egloffstein will dem Jungen helfen, den Traum zu erfüllen. Seit 22 Jahren züchtet er seine Schotten auf einer Weide am Ortsrand. Seit sieben Jahren nach Bio-Richtlinien. Und weil das Leben Zufälle liebt, kennt Markus Lukas‘ Vater. Er brachte in Egloffstein jahrelang die Post in die Häuser. Über die Jahre hat sich eine Freundschaft entwickelt. Zu Weihnachten brachte der Postbote nicht nur Geschenke, er erhielt auch welche.

Lukas und Markus teilen das gleiche Schicksal

Dass sich die Wege beider Familien nach Jahren wieder kreuzen ist einem Artikel der NN geschuldet, in dem Lukas von seiner schottischen Rinderherde träumte. In Lukas hat Markus Wolf seine eigene Faszination für die Landwirtschaft entdeckt. Und beide teilen das gleiche Schicksal: Auch der Vater von Markus Wolf hat einen Schlaganfall erlitten.

2019: Bei unserem Hofbesuch spricht Lukas Ziegler in der Scheune über seine Zukunftspläne.

2019: Bei unserem Hofbesuch spricht Lukas Ziegler in der Scheune über seine Zukunftspläne. © Anja Hinterberger

Dem Jungen in dieser Situation zu helfen, war für ihn daher keine Frage. Wolf nahm mit der Redaktion Kontakt auf, die NN organisierten ein gemeinsames Treffen - auf der Weide.

Schottische Gene

"Im Sommer gehen sie ab wie ein Rasenmäher", sagt Wolf. Dann fressen sich die Tiere auf 16 Hektar durch die Kräuterwiese. Und sie sind auch sonst äußerst pflegeleicht. Die Rinder sind für ihre ruhige Art bekannt. Deshalb liebt Lukas sie. Im Winter brauchen sie nicht unbedingt einen Unterstellplatz. Ihr dickes Fell schützt sie vor Kälte und Nässe. Das alles steckt in ihren Genen. Im schottischen Hochland haben sie sich an das raue Klima angepasst. Dank ihrer Hufen kommen sie auch in steilen Hängen und ohne den Menschen gut zurecht. "Die Tiere müssen auf der Weide unterwegs sein können, Wasserstellen haben und es braucht auch Rückzugsorte für die Kälber", sagt Wolf.

Schwarz, Braun und mit einer Ausnahme auch Weiß: 28 Tiere hält der 46-Jährige. Drei von ihnen sind die Rinder der ersten Stunde und damit gut 22 Jahre alt. "Die gehören zur Familie und sind die Ruhepole der Herde", sagt Wolf. Und ein Bulle im Stall hat einen eigenen Namen: Moritz.

Trächtig sind die Tiere alle zwei bis drei Jahre und tragen ihren Nachwuchs neun Monate im Bauch. "Es gibt eigentlich nie Probleme mit einer Naturkalbung", sagt Wolf. Die Tiere brauchen keine helfende Hand. Nur eine Totgeburt hat der Landwirt aus Leidenschaft bisher erlebt.

Friedfertige aber nicht ungefährliche Tiere

Die Rinder wachsen langsam, weshalb kleine Tiere schon ein paar Jahre auf ihren Buckel haben können, aber trotzdem jugendlich wirken. Ihre Mähne fällt ihnen tief ins Gesicht. Manchem Genossen bedeckt das Fell fast komplett die Augen. Nur ihre spitz zulaufenden, bis zu einem halben Meter langen Hörner, verraten ihr Alter.

Jungbauer Lukas Ziegler aus Wannbach und sein tierischer Traum

© Foto: Edgar Pfrogner

Geräuschlos fressen die Tiere vor sich hin, als wir sie an einem kalten Wintertag besuchen. Sie zeigen sich von uns unbeeindruckt, blicken kurz auf, mustern uns kurz. Sie lassen sich über ihr Fell streicheln und durch ihre dicke, borstig wirkende Mähen fassen. So friedfertig sie auch wirken: wuchtig wirken sie von Angesicht zu Angesicht trotzdem. "Es sind keine harmlose Tiere", sagt Wolf. Mit ihren Hörnern könnten sie sich im Notfall verteidigen.

Ein Rind für 1300 Euro. Nach oben? Keine Grenzen.

Die Tiere sind in mehrfacher Hinsicht wertvoll. 1300 Euro muss man mindestens für eine Zuchtkuh kalkulieren. "Nach oben hin gibt es keine Grenzen", sagt Wolf.

Im Frühjahr und Herbst schlachtet er je drei bis vier Tiere und vermarktet das Fleisch noch am gleichen Tag direkt über seinen Hofladen im Ortskern. In der Felsenkellerstraße hatte die landwirtschaftliche Familientradition 1823 angefangen. Bis in die 1990er Jahre stand dort noch ein Stall. Nach einem Umbau wohnt heute die Familie Wolf darin und betreibt die Landwirtschaft nur mehr im Nebenerwerb. Die Brötchen verdient sich der Familienvater mit einem Vollzeitberuf in der Fertigung.

Die Kuh ist für Wolf keine Alternative

Früh um sechs Uhr beginnt das Schlachten. Bis Mittag hat Wolf bis zu 80 Kilo Fleisch aus einem Tier gewonnen. Das ist nichts im Vergleich zum Ertrag bei einer normalen Hauskuh. Ihr Fleisch bringe nach dem Schlachten bis zu 500 Kilo auf die Waage. Eine Alternative ist die Kuh trotzdem nicht für Wolf.

Er lehnt die kommerzielle Tierhaltung ab, legt Wert darauf, dass seine Rinder 365 Tage im Jahr ihre eigene Weide zur Verfügung haben, im Sommer Gras mit Kräutern, im Winter Heu, Stroh und Grassilo zu fressen haben. "Aber kein Kraftfutter." Das Natürliche soll sich auch später im Geschmack niederschlagen.

"Es muss nicht jeden Tag Fleisch auf dem Teller landen."

Am Schlachttag steht bei Wolf ab 13 Uhr die Kundschaft vor der Tür. Bis 17 Uhr ist alles ausverkauft. Die Kunden kommen vor allem aus den umliegenden Städten und nehmen den langen Einkaufsweg in Kauf. Es sei Kundschaft, die bewusster Fleisch kaufe. Auch Markus Wolf geht isst das Tier bewusst. "Es muss nicht jeden Tag Fleisch auf dem Teller landen."

Lukas kümmert sich liebevoll um seine Tiere. Wir haben ihn zum ersten Mal im Jahr 2017 besucht.

Lukas kümmert sich liebevoll um seine Tiere. Wir haben ihn zum ersten Mal im Jahr 2017 besucht. © Edgar Pfrogner

Die Kunden wollten auch sehen, woher das Essen kommt. Der Nebenerwerbslandwirt lädt dann Eltern und Kinder zur Besichtigungstour auf seine Weide. Sie ist zwei Minuten mit dem Auto entfernt.

Ein Kilo Fleisch für 40 Euro

"Der Betrieb lebt nur von der Mundpropaganda." Spontane Käufer haben schlechte Chancen. Das Kilo wechselt für 16 Euro den Besitzer. 1000 Gramm Steak kosten bis zu 40 Euro. "Es ist alles Handarbeit. Jedes Stück Fleisch geht durch die Hand."

Fescher Haarschnitt: Nicht jeder Schotte hat einen freien Blick. Die zotteligen Haare und die spitz zulaufenden Hörner sind das Markenzeichen einer besonderen Rinderrasse.

Fescher Haarschnitt: Nicht jeder Schotte hat einen freien Blick. Die zotteligen Haare und die spitz zulaufenden Hörner sind das Markenzeichen einer besonderen Rinderrasse. © Foto: Edgar Pfrogner

Lukas ist heute noch immer von den Schotten angetan. Eine Herde hat er noch nicht. Ob es Hochlandrinder werden, ist noch nicht klar. "Andere Rassen haben mir auch zugesagt", sagt er. Die wären schneller schlachtreif und garantieren zügigere Einnahmen, die es braucht, um die Ausgaben für eine Weide zu decken. Im Moment ist aber ohnehin viel los im Leben von Lukas. Die Abschlussprüfungen sind durch, im September beginnt seine Ausbildung zum Mechatroniker für Landmaschinen.

Lukas bei unserem ersten Besuch in Wannbach im Jahr 2017.

Lukas bei unserem ersten Besuch in Wannbach im Jahr 2017. © Edgar Pfrogner

"Wir leben im Tal der Glückseligen", schwärmt Markus Wolf über seine Heimat, die Fränkische Schweiz. Felder, Wiesen, Äcker. Die Landwirtschaft ist im Umbruch und auf dem Rückzug. "Die junge Generation soll sich mit den Gedanken auseinandersetzen, Flächen wieder selbst zu bewirtschaften", sagt Wolf und empfiehlt seine pflegeleichten schottischen Hochlandrinder dafür. Nicht nur weil sie gut schmecken, sondern auf der Weide eine Augenweide sind. Mit einer eigenen Herde in Wannbach würde sich nicht nur Lukas einen Traum erfüllen.

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