Kaffee, Kuchen, Elektrik: Das ist das Reparaturcafé Forchheim

4.12.2019, 06:00 Uhr
Michael Günther hat auf einem Tisch von Packmer's das gängigste Werkzeug aufgebaut, um sich der alten Liebhaberstücke seiner „Kunden“ anzunehmen.

© Pauline Lindner Michael Günther hat auf einem Tisch von Packmer's das gängigste Werkzeug aufgebaut, um sich der alten Liebhaberstücke seiner „Kunden“ anzunehmen.

Die Lampe für den Arbeitsplatz brennt nicht mehr. Dabei habe ich erst vor wenigen Wochen eine LED-Birne eingeschraubt, um helles Licht in der dunkleren Jahreszeit zu haben. Wahrscheinlich bin ich beim Putzen zu robust vorgegangen und habe dadurch den Schalter beschädigt, denke ich mir...und überlege, wer mir weiterhelfen könnte. Klar, das Reparaturcafé im Pack mer's Gebrauchtwarenhof.

Obwohl ich noch vor der Zeit dort bin, warten schon etliche Leute mit Geräten aller Art: Unterhaltungselektronik älterer und jüngerer Bauart, ein Elektrorasenmäher, ein Lichterbogen für Advent und vieles mehr. Christina Lenzen und Klara Günther teilen uns Nummern zu. Ich erhalte die 14.

Lenzen erklärt mir, dass das Reparaturcafé eine lose Gruppe jüngerer und älterer Menschen ist, deren Aktivitäten von Naturstrom, dem Bürgerzentrum Forchheim, dem Landratsamt und eben Pack mer's unterstützt werden.

Die beiden Frauen lassen die Interessenten einen Haftungsausschluss unterschreiben. Denn die Reparateure sind zwar alle vom Fach, aber überwiegend Ruheständler. Sie arbeiten unentgeltlich, weil sie wissen, was manches Gerät dem Besitzer bedeutet, der aber selber keine Möglichkeit hat, den Schaden zu beheben.

Ein Wasserkocher mit Geschichte

Die „Kunden“ warten, können sich Kaffee und Kuchen nehmen. Und kommen zwangsläufig ins Gespräch. Neben mir sitzt eine Frau mit einem defekten Wasserkocher. 16 Jahre ist er alt, aber sie hängt wegen einer besonderen Geschichte an ihm. Damals, so erzählt sie, waren ihre zwei Kinder noch Schüler. Sie hatten sich nicht abgesprochen und so kauften beide einen Wasserkocher, wie ihn sich ihre Mutter zu Weihnachten wünschte. Mit einiger Diplomatie fand die eine Lösung, welchen sie nehmen soll – ohne eines ihrer Kinder zu vergraulen.

„Bei mir ist es auch fast so“, sagt die andere Nachbarin. Sie liebt ein paar alte Musikkassetten heiß und innig. Doch nun mag die Mechanik des Rekorders nicht mehr. „In ein Geschäft kann ich damit nicht gehen“, ist ihr klar. Ersatzteile gibt es bestimmt nicht mehr, vielleicht wüsste ein findiger Tüftler aber dennoch eine Lösung, hofft sie.

Michael Günther hat wie seine Kollegen auf einem Tisch von Packmer's das gängigste Werkzeug aufgebaut: Messgerät, Lotkolben und mehrere Boxen mit Ersatzteilen. Er nimmt sich den Lichterbogen vor, sicher schon einige Jahrzehnte alt und aufwendig hergestellt. Wirklich ein weihnachtliches Schmuckstück – wenn er denn leuchten würde. Vorsichtig prüft der Elektriker jedes Glühbirnchen, jeden Kontakt, denn das alte Metall könnte brüchig sein. Mit ruhiger Hand biegt er die Kontakte etwas nach oben. „Na, wer sagt's denn“, kommentiert er nur, als alle Kerzen wieder strahlen.

„Hast du so ein winziges Schräubchen in deinen Vorräten?“, fragt ihn Elektroniker Ottmar Wick. Weil es bei einem Minidisc-Recorder fehlt, hält der Deckel nicht mehr und so läuft das Gerät natürlich nicht. Glück für die Besitzerin, Günther findet das passende Teilchen. „Wenn ich nicht in meiner Werkstatt so viel aufbewahren würde, wären wir hier im Reparaturcafé öfters aufgeschmissen.“

Das ist für ihn genau das Problem: Elektrische Geräte, die zum Teil richtig teuer in der Anschaffung waren, werden weggeworfen, weil sie als nicht reparabel eingestuft wurden. Weil es keine Teile mehr gibt, wegen des „technischen Fortschritts“. Der aber der Frau mit den geliebten Kassetten nichts bedeutet. Auch wenn ihr Lieblingslied zu streamen wäre, es fehlten ihr die Emotionen, die sie mit der alten Kassette verbindet. „Dauernd schneller, höher, weiter, das passt nicht immer, wie man hier sieht“, bezieht er sich auf die Erfahrungen, die er als ehrenamtlicher Reparateur gemacht hat.

Sie waren für ihn ein weiterer Impuls, einen Wandel im Konsumverhalten anzustreben. Unter dem englischen Begriff „Transition“, was wörtlich einfach "Wandel" bedeutet, streben inzwischen schon viele Menschen mehr Wertbewusstsein, mehr Wertschätzung von vorhandenen Gütern an. Und da geht es beileibe nicht um den Geldwert allein, sondern um Erinnerungen und Gefühle, wie meine Gesprächspartnerinnen es geschildert haben.

Beitrag zum Umweltschutz

Dass dadurch die Müllberge kleiner bleiben, wenn man nicht alles sofort wegschmeißt, das nicht mehr funktioniert oder angeblich veraltet ist, ist eine naheliegende Folge und so ein Beitrag zu Umweltschutz.

Jetzt bin ich endlich dran. Ich nenne meinen Verdacht, dass ich wohl den Schalter in der Zuleitung beschädigt habe. Günther schaut skeptisch und bittet einen Pack mer's-Mitarbeiter um eine Glühbirne mit passender Fassung. Er schraubt sie rein und prompt leuchtet sie auch. „War wohl nichts mit den 10.000 Stunden Brenndauer“, sagt er noch und drückt mir die defekte LED-Birne in die Hand.

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