Karpfen-Saison geht zu Ende: Hat Corona im Landkreis Forchheim auf den Appetit gedrückt?

29.4.2020, 11:00 Uhr
Karpfen-Saison geht zu Ende: Hat Corona im Landkreis Forchheim auf den Appetit gedrückt?

© Archivfoto: Roland Huber

"Karpfen dürfen enger zusammenrücken," schreibt die Fachberatung für Fischerei in Oberfranken und man ist erst einmal irritiert. Gilt ein Abstandsgebot für Karpfen in Corona-Zeiten?

Nein, es geht um ein Karpfen-Absatz-Problem. Betriebe, die derzeit ihre Karpfen nicht wie gewohnt vermarkten können, müssen diese zurück in die Teiche setzen, schreibt die Fachberatung weiter. Das ist vor allem der Fall, wenn die Karpfen für Gastro-Betriebe gedacht waren. Wenn Betriebe gezwungen seien, nicht verkaufte Karpfen aus den Winterungen und Hälterungen zurück in die Teiche zu setzen, könne es zu Überschreitungen der Besatzobergrenzen kommen — die so genannte KULAP-Förderung ist gefährdet. 

"Karpfen habe ich nicht mehr im Angebot", sagte Maria Schwegel von der gleichnamigen Fischzucht im Aufseßtal auf eine Kundenanfrage. Der Absatz der dreijährigen Karpfen läuft offenbar. Auch nicht Konrad Karnbaum aus Forchheim, der sowohl die nach seiner Familie benannten Teiche bewirtschaftet, als auch ein Fischfachgeschäft und ein Bistro betreibt. Die Gaststätte ist zwar geschlossen, die dadurch bedingte Mengenreduzierung wurde aber durch Mehrverkauf über die Theke ausgeglichen. Die Kunden kauften sowohl fertig gebackene Karpfen als auch geschlachteteund ausgenommene Fische.

Wer allerdings betroffen ist und zu wenig Karpfen verkauft hat, dem hilft derzeit der Staat: Die Teichwirte dürfen die Dreijährigen ins nächste Jahr hinübernehmen und deshalb ihre Weiher bis zu 30 Prozent dichter besetzen, heißt es in der Mitteilung der Fischereifachberatung. Bislang erhielten die Teichwirte die KULAP-Förderung nur, wenn eine Besatzhöchstgrenze eingehalten wurde. Die Ausnahme-Regelung ist akut notwendig, denn längst sind die Weiher vorbereitet und die Besatzmengen an ein- und zweijährigen Karpfen bestellt. Kämen jetzt noch die Dreijährigen dazu, die noch in Winterungen und Hälterungen leben, wären die festgesetzten Grenzen für Fische pro Hektar nicht einzuhalten. Im Landkreis Forchheim gelten zwei Obergrenzen: für die Aischgrundseite sind 600 Zweijährige erlaubt, für den Rest nur 500.

Für die Familie Schwegel bleibt das alles im Konjunktiv. "Bei uns hat der Umsatz sogar zugenommen", ergänzte sie. Denn ihr Hauptabsatz sind Wochenmärkte, die die Familie regelmäßig aufsucht. Sie waren auch in den strengsten Zeiten erlaubt und offenbar schienen sie vielen Kunden sicherer als Ladengeschäfte. "Da kauft man doch lieber auf dem Markt ein", sagt auch Schwegel. Den zweiten Grund für die Umsatzsteigerung sieht sie darin, dass derzeit viel mehr Leute selber kochen.

Und nicht zu vergessen: Hierzulande ist es bis heute bei vielen üblich, den gebackenen Karpfen im Straßenverkauf zu holen. "Der Straßenverkauf ist sehr, sehr gut angenommen worden", weiß Michael Lindenberger aus Heroldsbach, der jahrzehntelang die Weiher der gräflichen Familie von Bentzel bewirtschaftet hat. Die Angabe stammt zum einen von seiner Tochter Jutta Murk, die die Gaststätte Lindenhof betreibt, und zum anderen von Georg Hötzelein, dem Vorsitzenden des hiesigen Gaststättenverbands. Aus dem Stand fällt Lindenberger kein Kollege aus dem Landkreis ein, dem sich das Problem in größerem Umfang stellt.

Ein Betroffener ist Walter Jakob, der Vorsitzende der Teichgenossenschaft Höchstadt, zu der auch die Teichwirte des Hirtenbachtals tendieren. Er wird die großen K3 (dreijährigen Karpfen) höchstwahrscheinlich getrennt einsetzen. Das hat mit der Ernte zu tun, damit die Größenunterschiede beim Ablassen nicht gar so deutlich sind.

Es ist keine Qualitätsfrage. Das betont auch Maria Schwegel: "Ein Karpfen wird einfach nur größer und nicht fetter, wenn er ein Jahr länger lebt." Fett ansetzen käme von falscher Fütterung. Der K3 ist deshalb bei uns so beliebt, weil er längs halbiert genau auf den Teller passt. In anderen Karpfenregionen wird es anders gehandhabt, weiß Fachmann Lindenberger. Die großen Teiche in Südböhmen oder im Burgenland werden nicht wie fränkische Weiher abgelassen, sondern die Karpfen mit dem Netz gefischt. Da bleibt ein cleverer Fisch schon mal länger leben. Dafür kennt man dort auch andere Zubereitungsarten; man kauft Karpfen sogar im Stück. Zum Grillen und Braten werden sie wie Thunfisch senkrecht in Scheiben geschnitten.

Theoretisch könnte man die K3 der Wintersaison auch im Sommer anbieten. Die Regel "nur in den Monaten mit R" ist den schlechten Kühlungsmöglichkeiten früherer Zeiten geschuldet. Und: Weil Karpfen nach einer Pause nun einmal besser schmecken und sich richtige Rituale zur Saisoneröffnung Anfang September herausgebildet haben.

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