"Kein klassisches Autorennen": Gerichtsverfahren in Forchheim eingestellt

4.11.2020, 09:00 Uhr

Aus der Sicht des ermittelnden Polizeibeamten stellte sich das Geschehen so dar: In Forchheim gebe es ein Problem mit Rasern, vor allem in der Hornschuchallee, am Paradeplatz und in der Nürnberger Straße. Immer wieder beschwerten sich Anwohner. Deshalb richtete er und zwei Kollegen einen „Zusatzdienst“ ein. Er wartete mit einem Zivilfahrzeug an der Ecke des Paradeplatzes, die Kollegen fuhren zu zweit mehrfach Streife. 

Im Schritttempo fuhren damals ein großer Ford und ein Seat Leon am Paradeplatz entlang. Die Streife kam gerade aus der Nürnberger Straße. Der zivile Polizist hatte das Gefühl, die beiden wollten nach dem Passieren Gas geben und bereitete sich darauf vor. Er hatte Recht: Sie gaben Gas bis zur Schönbornstraße. Dort stand die Ampel auf Rot. So kam er auf 30, 40 Meter an sie heran. „Ab da gaben sie Vollgas“, sagte er als Zeuge in der Verhandlung am Amtsgericht Forchheim. Beim Frisör am Kolpingplatz zeigte seine Tachonadel als Verfolger schon 100 Stundenkilometer an; die vorausfahrenden zwei Autos seien aber noch schneller gewesen.

"Das war ein Höllentempo"

Die ganze Strecke von rund 800 Meter ist auf Tempo 30 begrenzt. „Das war ein Höllentempo, weil ja noch Personen unterwegs waren.“ Er dachte vor allem auch an die Kinder, die an der Ecke der Jahnstraße manchmal noch spät abends spielen. Sein Tacho zeigte 120 km/h und die beiden Fahrzeuge entfernten sich trotzdem von ihm. Zum ersten Mal hätten die zwei Autos dann auf Höhe der Käsröthe gebremst, weil von links ein Fahrzeug einbiegen wollte. Dadurch kam der Beamte näher heran und versuchte, die Kennzeichen abzulesen. Das müsse den Fahrern aufgefallen sein, berichtete er, denn ab da fuhren sie brav Tempo 50 und schlängelten sich Richtung McDonald’s. 

Dort wartete schon die Streife auf sie, weil der Polizist im Zivilfahrzeug ständig in Kontakt mit seinen Kollegen stand.

Es handelte sich nicht um ein „klassisches Autorennen“ mit zwei Fahrzeugen nebeneinander. Das gebe einfach die Straßenbreite stadtauswärts nicht her, mit Gegenverkehr und besetzten Parkbuchten an der rechten Seite, so der Polizist. Er habe auch nicht den Eindruck gehabt, als hätte das hintere Auto zum Überholen ansetzen wollen. 

„Die Nummer ist nicht ungeschehen zu machen“, mahnte Jugendrichter Peter Neller. Er sah aber einen gewaltigen Unterschied im Verhalten des Angeklagten zu dem seines Kumpels. Es dauerte ein Jahr, bis ihm ein Strafbefehl zugestellt wurde; in der Zeit fiel er nirgendwo mehr als Verkehrsrowdy auf, beim Kumpel waren es dagegen drei Male. 

Neller war sich sicher, der junge Mann sei zum Tatzeitpunkt nicht geeignet gewesen, ein Auto zu führen. Ob das heute noch gelte, bezweifelte er nach dem „tadelfreien Verhalten“ des vergangenen Jahres. Deshalb solle es bei einer neuen Chance und einem Denkzettel verbleiben. Der Jugendrichter führte ihm die Konsequenzen deutlich vor Augen: Wenn er ein Urteil spräche, wäre der Führerschein so lange Zeit weg, dass er sich einer weiteren Prüfung zur Wiedererlangung unterziehen müsse. „Ihr neues Auto könne Sie dann vergessen.“ 

"Das ist keine Ermunterung"

Als Jugendrichter habe er aber auch die soziale Komponente einer Strafe zu beachten, betonte Neller, und hier spiele es eine Rolle, dass der gelernte Koch nun seit einigen Monaten als Fahrer angestellt sei. Mit einen Entzug der Fahrerlaubnis wäre sein beruflicher Weg gefährdet. 
Das Verfahren wurde schließlich gegen eine Geldauflage von 4000 Euro oder mehr als drei Monatsgehältern des Brennholzfahrers vorläufig eingestellt. Damit vermied der Richter das Einholen eines Gutachtens über die gefahrene Geschwindigkeit. 

Der junge Mann erklärte sich mit der Geldauflage einverstanden. Er darf die Summe in Raten an die Verkehrswacht Forchheim und Bamberg zahlen. Zum Schluss betonte der Richter Neller nochmals: „Das ist keine Ermunterung. Sagen Sie das auch Ihren Kumpeln.“ Träte er noch einmal mit einem Verkehrsdelikt in Erscheinung, werde er eine Strafe in voller Härte verhängen. 

Pauline Lindner