Kennzeichen aus Nachkriegsgeneration: Ein Gräfenberger auf Spurensuche

16.1.2021, 07:04 Uhr
Kennzeichen aus Nachkriegsgeneration: Ein Gräfenberger auf Spurensuche

© Foto: Petra Malbrich

Gut 70 Jahre lang war das Kennzeichen im Haus der Familie Gundelfinger in Gräfenberg aufgehoben worden. BY 614 448 steht in schwarzer Schrift auf dem orangefarbigen Hintergrund. "Es ist möglich, dass mein Großvater, Paul Gundelfinger, Halter war, aber keineswegs sicher.

Er hat das Kennzeichenpaar 40 Jahre in seiner Werkstatt aufgehoben und danach habe ich es über 30 Jahre verwahrt", sagt Gerald Gundelfinger über das Nummernschild, das er nun im Internet zum Verkauf angeboten hat und noch viele Fragen unbeantwortet lassen.

Noch nie gesehen

Zumindest für die Generationen unter 80 Jahren. Auch in der Kfz-Zulassungsstelle im Landratsamt hat man ein derartiges Nummernschild noch nie gesehen. Doch es gibt Sammler, die sich aus ganz Deutschland mit den Zulassungsstellen in Verbindung setzten, um eins der begehrten Sammlerstücke zu erhalten. Kennzeichen, die nicht mehr verwendet werden, wie die Behördenkennzeichen, von denen 2007 die letzten abgemeldet wurden. Einer dieser Sammler, der mit Andreas Kraus, dem Forchheimer Leiter der Zulassungsstelle öfter einmal fachsimpelt, ist der Polizist Christian Hansow aus Halle, der auch im Internet über die Historie der Kennzeichen informiert.

"Es sind Kennzeichen der ersten Generation aus der amerikanischen Besatzungszone", sagt Hansow. 1945, sofort nach der Besetzung Deutschlands, wurden alle Fahrzeuge durch die Besatzungsmächte neu registriert, wobei die Briten, Franzosen und Sowjets sogleich auch neue, eigene Kennzeichen einführten. Die Amerikaner hingegen ließen das alte System des untergegangenen Deutschen Reiches vorerst bestehen und vergaben sogar zusätzliche Registrierungen nach diesem alten System", informiert Hansow auch auf seiner Internetseite. Schließlich wurden in allen vier Besatzungszonen einheitliche Kennzeichen vergeben.

Ab Januar 1946 unterschieden sich diese dann nur durch den farblichen Hintergrund der unterschiedlichen Besatzungszonen. Die schwarze Schrift galt in allen vier Zonen einheitlich. "Die Kennzeichen der ersten Generation waren in der amerikanischen Besatzungszone orange, die der französischen Zone rot, die Briten hatten einen hellblauen Hintergrund und die der Sowjetunion hatten einen weißen Hintergrund, wie die Schilder heute", erklärt Hansow.

Weitere Hinweise

Darüber informierte Gundelfinger auch der Kaufinteressent, der das in dem Handbuch Deutsche Kfz-Kennzeichen Band 2 von Herzfeld gelesen hat. 380 Euro zahlte er für Gundelfingers Kennzeichen aus der amerikanischen Besatzungszone. Die Buchstaben BY am linken Rand der Kennzeichen nennen das Bundesland, hier Bayern. BW wäre beispielsweise Baden-Württemberg gewesen.

Kennzeichen aus Nachkriegsgeneration: Ein Gräfenberger auf Spurensuche

© Foto: Petra Malbrich

Die dem Bundeslandkennzeichen folgenden Ziffern 614 geben weitere Hinweise. "Es ist die Schlüsselzahl für den Zulassungsbezirk Landkreis Forchheim", informiert Hansow. Die Zahlen 592, 593 oder 594 waren dem Landkreis Ebermannstadt zugeordnet gewesen. Wunschkennzeichen gab es zur damaligen Zeit nicht. Allerdings könnte es sein, dass das Amt eine glatte Zahl als Kennzeichen hatte. Grundsätzlich galt: "Die Kennzeichen wurden von 1 bis 999 fortlaufend durchnummeriert. Wenn das Kontingent ausgeschöpft war, ging es mit 615 weiter", erklärt Hansow. Die dieser Schlüsselzahl folgenden Zahlen wurden wieder bis 999 durchnummeriert.

Neues System ab 1948

Für den Landkreis Forchheim waren die Schlüsselzahlen 612 bis 617 vorgesehen. Das wievielte Auto möglicherweise Gerald Gundelfingers Großvater hatte, das nach dem Krieg im Landkreis zugelassen wurde, kann so einfach ausgerechnet werden. "1948 wurde dann ein neues System eingeführt. Die Kennzeichen waren in allen Besatzungszonen einheitlich weiß mit schwarzer Schrift", sagt Hansow. Die Kennzahlen wurden übernommen.

Allerdings gab es für Forchheim eine Änderung der Schlüsselzahlen. "Die Schlüsselzahlen 647 und 648 erhielt die kreisfreie Stadt Forchheim, der Landkreis Forchheim war den Schlüsselzahlen 640 bis 646 zugeordnet", sagt Hansow. Bis Juli 1956 wurde dieses System verwendet und anschließend das System eingeführt, das bis heute Gültigkeit hat. "Das Eurozeichen fehlte", meint Hansow.

Nicht mehr im Archiv

Wer jedoch hat das Auto mit Gundelfingers Nummernschild gefahren? Lässt sich der Halter noch ermitteln? In der Kfz-Zulassungsstelle im Landratsamt Forchheim nicht. "Den Halter können wir nur noch sieben Jahre ab der letzten Bearbeitung ermitteln", sagt Zulassungsleiter Andreas Kraus. Wenn also ein Auto im November 2013 abgemeldet wurde, ist es heute nicht mehr ermittelbar.

Sowohl bei der örtlichen Zulassungsstelle in Forchheim als auch beim Zulassungsregister in Flensburg sind die Daten dann nicht mehr archiviert. "Aus einzelnen Zulassungsstellen sind noch alte Zulassungsbücher vorhanden. Aus Forchheim liegt aber nichts vor", sagt Christian Hansow. Auch wenn es sich nicht mehr zurückverfolgen lässt, ist die Zuordnung der Schlüsselzahl für Gerald Gundelfinger doch Hinweis auf seinen Großvater als Fahrzeughalter.

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