Kerzen Löhr: Im Shopping-Himmel der Geistlichkeit

25.12.2018, 10:00 Uhr
Kerzen Löhr: Im Shopping-Himmel der Geistlichkeit

Bis sich die schwere Holztür mit der mächtigen Bleiverglasung mit einem Surren öffnet, dauert es einen Augenblick. Das Treppenhaus mit den massiven Steinstufen steigt an wie das Portal einer Kathedrale. Flackernder Kerzenschein erhellt die Treppe nach oben.

Weihrauchgefäße stehen sicher verwahrt in einem Schrank, Rosenkränze in hellblau oder roséfarben ruhen in Schmuckschächtelchen, gleich daneben Gotteslob, wahlweise in Goldschnitt oder mit Großdruck. Talare und Priestergewänder mit und ohne Stola sind sicher hinter Glas verstaut. Aus einem Regal lächelt Mutter Theresa. Und überall Kerzen.

Hier ist das Reich von Helmut Löhr. "Willkommen im Show-Room", begrüßt Löhr die Besucher, "hier gibt es alles, was der Forchheimer braucht."

In erster Linie, erzählt Löhr weiter, kaufe der Privatmann Tauf- und Hochzeitskerzen bei ihm im Laden oder auch das passende Blattwachs zum individuellen Verzieren. Die Farbgestaltung, so Löhr, sei durchaus der Mode unterworfen, nicht selten kämen Kundinnen zu ihm und wollen "genau die Farbe, die ich im Internet gesehen habe".

Wenn eine Hochzeit, Kommunion oder Taufe ansteht, dann wird es voll im Laden. Denn oftmals, so Löhr "kommen kleine Gesellschaften", um die ganz spezielle Kerze für den ganz besonderen Fest-Tag zu kaufen. Das Kerzen-Alphabet buchstabiert sich bei Löhr von A wie Altarkerzen über B wie Blasiuskerzen bis hin zu Marienkerzen, Ostertischkerzen, Stumpenkerzen und Weihnachtskerzen. Doch gerade im "Grabgeschäft" und bei der Weihnachtsbaumbeleuchtung sei die Nachfrage nach Kerzen rückläufig, erzählt Löhr. LED-Lämpchen sind dort große Konkurrenten.

Kerzen Löhr: Im Shopping-Himmel der Geistlichkeit

Doch Löhr verkauft nicht nur an Privatkunden. Löhr ist der Mann, der auch die Kirchenwelt ausstattet. Denn hinter einer schweren Tür, in den riesigen Räumen der früheren Löhrmühle, da öffnet sich verwinkelt auf unzähligen Etagen bis unters Dach der Shopping-Himmel der Geistlichkeit: "Die Kirchenklientel kauft das ganze Spektrum."

Riesige Räume mit Regalen voller Kerzen in sämtlichen Größen lagern dort. Gabelstapler transportieren im Warenlager palettenweise Glasopferlichte, verpackt zu 336 Stück in Kartons.

Den Großteil der Kerzen bezieht Löhr aus Deutschland, bei Lebenshilfe-Werkstätten etwa und sozialen Einrichtungen, die Johannes Anstalten und auch die Lebenshilfe Forchheim zählen zu Löhrs Lieferanten.

Kerzen Löhr: Im Shopping-Himmel der Geistlichkeit

Hostien lagern in Tüten verpackt, wahlweise mit einem Durchmesser von 25 Zentimetern (20 Stück) oder der Tausender-Pack Brothostien fürs gläubige Volk. Für Allergiker gibt es die glutenfreie Variante. "Was wir nicht haben, das wird besorgt."

Ein paar Stufen weiter, in einem anderen Lagerraum: Messwein, kartonweise. Lieber den Riesling Kabinett oder doch den spanischen Likörwein "Vinum Missae"? Löhr empfiehlt den spanischen Tropfen mit 16 Prozent Alkohol: "Den kann der Pfarrer auch einen Monat lang offen stehen lassen."

Noch ein paar schwindelerregende Treppenstufen weiter oben öffnet sich hinter einer Tür das Großkerzen-Lager: In riesigen orangefarbenen Röhren, die ein wenig an Leerrohre beim Bau erinnern, lagern die hüfthohen Kerzen. Dass es hier oben kühl ist, liegt nicht nur an winterlichen Außentemperaturen. Kerzen mögen es kühl, bei Wärme drohe die Gefahr, dass sie sich verformen, erklärt der Fachmann.

Kuschelig warm ist es hingegen in der Verzierstube hoch oben unter dem Dach. Hier ist die Werkstatt von Brigitte Löhr, die in Handarbeit nach Vorlage der Kunden Kerzen auf Vorbestellung ganz individuell gestaltet. Mit Ranken und christlichen Symbolen. "Jesus Mittel" wartet in einem grauen Karton auf seinen Einsatz zur Kerzenverzierung, ebenso wie Lämmer "versch. Größen", Kreuze oder Alpha und Omega. "Wir liefern just in time", sagt Schwager Helmut.

Pfarrer und Mesner aus ganz Deutschland kaufen bei Löhr am Marktplatz ein, bestellt wird telefonisch, per E-Mail oder im Webshop. Dass ohne das weltweite Netz schon lange nichts mehr geht, erkannte Löhr früh. Seit mehr als 20 Jahren, seit 1997, hat Löhr seinen Onlineshop, der rund 10 000 Artikel anbietet, vom Kirchenteppich "Kokos extra natur Fischgrat" über das Messgewand bis hin zum Glühbirnen-Pflücker und Altarleuchter. Doch "der Privatmann kriegt nicht alles, was der Pfarrer bekommt".

Rom und Australien

Wer nicht online bestellt, der kann auch bequem im Löhrschen Versand-Katalog blättern: "Das machen gerne die älteren Pfarrer." Auch telefonisch bestellen ist möglich. Oder aber bei Helmut Löhrs Bruder Werner ordern, der im Außendienst die Geistlichkeit in ganz Deutschland betreut. Bestellt werden kann bei Löhr in Deutsch, Polnisch oder Englisch. Und wenn das Übersetzen dann doch nicht so klappt? "Dann muss Google ran", lacht der 63-Jährige.

Löhrs weitest entfernter Kirchen-Kunde ist in Australien zu Hause: "Das sind Deutsche, die vor Jahren ausgewandert sind, uns kennen und von unserer Qualität überzeugt sind."

Genauso wie die Ordensschwester aus Rom, die bei Kerzen Löhr telefonisch Jahr für Jahr 15 000 Opferlichte bestellt. Geliefert wird per Spedition vom Forchheimer Marktplatz über den Brenner bis in die Heilige Stadt.

 

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