Kind, Kegel und Corona: Viele Forchheimer Familien haben sich arrangiert

18.5.2020, 06:00 Uhr
Ganz nah und doch so fern: Der Kindergarten Don Bosco in Forchheim, der in Corona-Zeiten mit Regenbogenfarben am Zaun die Kinder grüßt.

© Jana Schneeberg Ganz nah und doch so fern: Der Kindergarten Don Bosco in Forchheim, der in Corona-Zeiten mit Regenbogenfarben am Zaun die Kinder grüßt.

Und wir stellten fest: Auch wenn es einige Klippen zu umschiffen gab und gibt, die meisten haben sich nach beinahe acht Wochen seit unserem letzten Besuch mit der Situation arrangiert und versuchen, das Beste daraus zu machen.

Zum Beispiel Nicole B. Die Mutter von zwei Kindern arbeitet eigentlich als Logopädin, ist aber derzeit in Kurzarbeit. Statt Patientenkontakten in der Praxis bedeutet das, dass sie pro Woche einige Therapiesitzungen per Video hält. Noch, denn der Praxisbetrieb soll demnächst wieder anlaufen. „Dann wird die Arbeit wieder mehr“, sagt sie. Bis jetzt aber ließ sich durch ihre reduzierten Dienstzeiten der Alltag für die vierköpfige Familie gut organisieren – und da setzt sie von Anfang an auf Struktur.

Vormittag sind für Sohn Toni, der in der zweiten Klasse ist, Schulaufgaben angesagt. Inzwischen hat er ein bis zwei Mal pro Woche Online-Unterricht per Video-Konferenz. „Der Kontakt zu seiner Lehrerin und zu den Mitschülern hilft bei der Motivation“, sagt seine Mutter.

Sie selbst hat für sich festgestellt, dass die Zwangspause auch den Freizeitstress ordentlich reduziert hat. „Wir leben ein bisschen mehr in den Tag hinein und das fühlt sich eigentlich gut an“, sagt sie. Sie nutzte die Zeit, um neue Rezepte auszuprobieren und um wieder mit Sport anzufangen. Die beiden Kinder spielen viel zusammen – und seien „richtig dick zusammengewachsen“. Sie hoffe, dass diese Verbundenheit anhalte und „sie als Geschwister für die Zukunft stärkt“.

Kristin N. hatte anfangs beunruhigt auf den neuen Alltag ihrer vierköpfigen Familie geblickt. „Tatsächlich mache ich mir aber schon Sorgen, wie lange wir das alles durchhalten“, sagte sie vor acht Wochen. Inzwischen hat sie festgestellt: „Es klappt eher besser als gedacht.“ Die Aufteilung Kinderbetreuung und Homeoffice funktioniere gut.

Das Thema Corona spielerisch verarbeiten: Auch beim Kaufladen-Spielen darf der Mundschutz nicht fehlen

Das Thema Corona spielerisch verarbeiten: Auch beim Kaufladen-Spielen darf der Mundschutz nicht fehlen © Jana Schneeberg

„Ich arbeite nur im Homeoffice, mein Mann teilweise im Büro, teilweise im Homeoffice. Einen Großteil der Kinderbetreuung übernehme somit ich“, sagt sie. Ihre beiden Kinder im Kindergartenalter hätten sich an den neuen Alltag gewöhnt, auch wenn sie ihre Freunde vermissen. Und auch wenn sie selbst einiges vermisse – Treffen mit Freunden oder den Besuch der Familie – hat sie bemerkt: „Der ganze Alltag ist etwas entschleunigt.“

Man verbringe als Familie viel Zeit miteinander. „Wann wird man die so je wieder haben?“, fragt sie sich. Trotzdem wünscht sie sich, dass es bald Modelle gibt, wie es langfristig mit der Kinderbetreuung weiter geht. Zum Beispiel, ob ein Schichtbetrieb im Kindergarten möglich sei.

„Als es im März hieß, fünf Wochen kein Kindergarten, habe ich tatsächlich die Hände überm Kopf zusammen geschlagen und mich gefragt, wie wir das mit Säugling und Kleinkind gewuppt bekommen in unserer Drei-Zimmer-Dachgeschosswohnung“, erzählt Tina H. Acht Wochen später kann sie sagen: „Mit einem geregelten Tagesablauf, ein paar neuen Spielsachen und jeder Menge Kreativität meistern wir das alle echt gut.“ Ihr Mann hatte noch einen Monat Elternzeit, was vieles erleichtert habe.

Auch das schöne Wetter im April habe dazu beigetragen, ebenso Angebote für Familien im Internet. Ihre Tochter Lena nutze das Online-Sportprogramm von Alba Berlin, das Musikprogramm des Musikgartens St. Johannis, sie selbst mache Mamifit. Sie sei beeindruckt, wie sehr ihre vier Jahre alte Tochter an der Situation gewachsen sei, meint Tina. „Dank Corona kann Lena nun Fahrrad fahren, ihren kompletten Namen schreiben und braucht nachts keine Windel mehr.“ Auch wenn es auch mal einen „Lagerkoller“ gab, „irgendwie ist’s inzwischen Normalität geworden“.

„Es hat sich eingegroovt“, sagt auch Stephanie K. Sie ist Mutter von drei Kindern zwischen drei und acht Jahren, arbeitet wie ihr Mann im Homeoffice und hatte anfangs „schon zu kämpfen“. Mit viel Struktur und Teamwork mit ihrem Mann lasse sich die Situation aber gut meistern, meint sie.

Wenn sie mit ihren Kollegen zu einer Online-Konferenz zusammen komme, könne ihr Mann die Kinder übernehmen. Das helfe. „Kurze Panik hatte ich allerdings, als es zwischendurch mal hieß, mein Mann müsse jetzt wieder jeden Tag ins Büro“, erzählt sie. Zum Glück aber sei das wieder zurückgenommen worden.

Momentan Ersatzlehrerin

Denn, gesteht sie, allein mit drei Kindern und Homeoffice, sehe die Situation nochmal ganz anders aus. Auch, weil sie das Gefühl habe, momentan Ersatzlehrerin ihres ältesten Sohnes zu sein, der in der zweiten Klasse ist. Von der Schule komme ihrer Meinung nach zu wenig, sowohl an Unterrichtsmaterial als auch an Kontrollmöglichkeiten. „Die Lehrerin hat bis jetzt kein Heft eingesammelt“, sagt sie. Also kontrolliere sie selbst – und helfe, wenn ihr Sohn etwas nicht verstanden hat. „Ich sehe uns Familien schon als Verlierer der Krise“, sagt sie.

René B. hat zwei Söhne im Alter von zweidreiviertel und einem Jahr. „Eine tägliche Herausforderung“, sagt der Vater. Nicht nur, weil der Altersabstand relativ gering ist, sondern auch, weil bei seinem älteren Sohn eine Entwicklungsverzögerung diagnostiziert wurde. „Die Situation ist eine starke Belastung für uns“, sagt er.

Zum Glück hätten die beiden Arbeitgeber „viel Kulanz“ gezeigt. Somit konnte das Paar die Elternzeiten ausweiten: „Meine Frau hat die Elternzeit um einen Monat verlängern können, allerdings ohne Bezahlung, und ich konnte auf fünf Monate ausdehnen, wovon auch ein Monat ohne Geld ist“, erklärt er. Bis September können sie somit überbrücken.

Seit drei Wochen arbeite seine Frau nun wieder im Homeoffice und er kümmere sich um die beiden Söhne. „Es ist anstrengend“, gesteht er. Der Tag sei vom Rhythmus der beiden Kleinkinder geprägt. „Mal machen sie gleichzeitig Mittagsschlaf, mal nacheinander“, erzählt René. Er ist froh, dass nun wenigstens wieder die Spielplätze aufgemacht haben, „da können die Zwei am Nachmittag wenigstens mal eine halbe Stunde in den Sandkasten.“

Momentan versuchen die Eltern, einen Platz in der erweiterten Notbetreuung für ihren Erstgeborenen zu organisieren, was nach den neuesten Vorgaben für Kinder mit erhöhtem Betreuungsbedarf möglich sei. „Wenn das klappt, würde es den Alltag deutlich erleichtern.“ Ab September haben sie für ihren Sohn einen integrativen Kindergartenplatz. Dann soll auch die Eingewöhnung für den kleinen Bruder nachgeholt werden. „Die sollte eigentlich schon im April stattfinden“, erzählt René und hofft, dass nicht wieder alles anders kommt.

"Relativ entspannt"

Auch der noch einjährige Sohn von Laura B. soll Ende September in der Kinderkrippe eingewöhnt werden. Dann würde sie auch wieder zur Arbeit gehen. „Ich hoffe, dass das alles klappt“, sagt sie. Bis dahin aber sei sie relativ entspannt. „Ich habe das Glück, dass ich noch in Elternzeit bin.“

Ihre beiden Kinder haben sich schnell an die neue Situation gewöhnt, seien sogar ausgeglichener als in Zeiten, in denen die vierjährige Lilia noch jeden Tag in den Kindergarten gegangen ist. „Sie spielen wirklich schön zusammen“, erzählt Laura und berichtet, dass auch das Thema Corona dabei spielerisch verarbeitet wird.

„Wenn sie Kaufladen spielen, trägt Lilia jetzt einen Mundschutz.“ Es sei spannend zu beobachten, wie die Kinder sich die Welt erklären und mit wie viel Kreativität sie auf die Situation reagieren. Da sei gar nicht viel Input von ihr nötig.

„Ich habe anfangs noch viele Online-Angebote mit den Kindern ausprobiert“, erzählt sie. Aber das habe irgendwie doch wieder zu Stress geführt. „Inzwischen hat sich das in Luft aufgelöst“, sagt sie. Vermissen tue es keiner.

Auch Andrea N. ist zur Zeit mit ihren beiden Töchtern zu Hause. „Homeoffice mit Kids ist zwar schwierig und definitiv nur mit Oma als Babysitter besser zu stemmen – aber okay“, sagt sie. Die Familie habe sich auf die Situation eingestellt, war viel in der Natur und habe die Zeit genutzt, um einiges zu Hause zu erledigen. „Es war nicht so schlimm wie gedacht“, meint auch sie.

Als in der vergangenen Woche Besuche bei Verwandten wieder möglich wurden, sei sie mit ihren beiden Töchtern zu ihren Eltern gefahren. Nun hoffe sie, dass im Laufe der nächsten Wochen „zumindest kleine Feierlichkeiten“ wie Kindergeburtstage im kleinen Kreis oder Taufen wieder möglich seien. „Ich glaube, das ist wichtig fürs Herz“, meint sie.

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