Kirchehrenbach: Liebevoller Blick auf die Heimat

29.1.2019, 14:00 Uhr
Kirchehrenbach: Liebevoller Blick auf die Heimat

© Georg Körfgen

Vor 40 Jahren hat Schorsch oder Schorschi, wie ihn alle Bekannten nennen, seinen ersten Linolschnitt gefertigt. Vorlage war das Hochzeitsbild, auf dem er und seine Frau sitzend zu sehen sind. Einige Jahre später zog der gebürtige Erlanger nach Kirchehrenbach, Sohn und Tochter wuchsen hier auf. Georg Neutzner wurde zwangsläufig bekannt, denn der gelernte Feinmechaniker hatte auf dem zweiten Bildungsweg Lehramt studiert und lehrte an den Schulen in Kirchehrenbach und Gößweinstein. Generationen von Schülern und Eltern kennen "den Herrn Neutzner".

Die Kunst des Linolschnitts als Hobby ließ ihn in all den Jahren am Lehrerpult und am Schreibtisch über Korrekturen gebeugt nicht los. Immer sind eigene Fotos oder Zeichnungen und Skizzen die Vorlage für die späteren Schnitte. "Darauf lege ich wert", sagt Georg Neutzner bei der Vernissage im Gasthaus Sponsel. Er nimmt keine Bilder, die andere gemacht haben. Alle Schnitte zeigen sein eigenes Erleben, seine eigenen Eindrücke der Orte, und das strahlen sie auch aus. Urlaubsstimmung an fremden Orten oder ruhige Stunden in der nächsten Umgebung.

Über die Jahre wechselten zahlreiche Linolschnitte als Geschenke den Besitzer, hängen in Fluren, Wohnräumen und Esszimmern, oder schmücken das eigene Zuhause. Georg Neutzner schätzt das kleine Format, die meist ein- oder zweifarbigen Drucke sind ein idealer Schmuck für den, der sein Heim mit Originalen ausstatten will.

Familie und Freunde konnten jedoch noch so viel an ihn heranreden: Nein, seine Kunst ausstellen oder verkaufen, das wollte er nicht.

Jetzt aber doch: Der frisch gebackene 66-jährige Pensionär kam mit Wirt Fritz Sponsel ins Gespräch und auf die Idee, in dessen Gasträumen die Ergebnisse von vielen Jahren Beschäftigung mit Konturenmesser und Farbwalze auszustellen. Und nun eröffnete die Ausstellung sogar das Programm des Kirchehrenbacher Kunst- und Kulturvereins zum Jahresbeginn. "Regional und Anderswo" ist nicht irgendein zufälliges Motto, das Georg Neutzner seiner ersten Ausstellung gegeben hat: Die Schnitte zeigen nicht nur die heimischen Lieblingsorte der Neutzners, sondern zugleich die Sehnsuchtsorte in fremden Ländern. Andere nehmen Fotos mit, bei Georg Neutzner wird aus den Urlaubserinnerungen Kunst für Zuhause.

Der Reifenberger Keller bei Vollmond — eine leider bittere Erinnerung, weil der Keller inzwischen geschlossen hat. Neutzner nennt daher ein weiteres Reifenberg-Bild "In Memoriam". Noch so ein Winkel der Region, der Heimat bedeutet, weil er so einzigartig ist und so nirgendwo vorkommt: Blick vom Biergarten des Streitberger Bades aufs Schwimmbecken. Georg Neutzner gibt seinen Schnitten stets Namen, gerne mit einem Augenzwinkern. So heißt das Bad-Idyll: "A Seidla im Freibad". Schorschi lässt also lieber baden, als dass er die Badehose anzieht. Immer wieder hat Georg Neutzner das Walberla gezeichnet. In drei Varianten ist es in der Ausstellung "beim Sponsel" zu sehen. Im Schnee, in blau-weiß, oder als klassische Ansicht, mit Kirchehrenbach zu Füßen des Berges.

"Sein" Italien und die Welt

In der nächsten Nische dann Motive jenseits von Franken: ein Fiat 500 vor einem italienischen Alimentari. "Sein" Italien hat Georg Neutzner immer wieder festgehalten, am Gardasee wurden viele Familienurlaube verbracht. Gut traf es sich auch, dass der Sohn berufsbedingt viel durch die Welt kommt: Farbige Linolschnitte zeugen von Besuchen in London, New York, Stockholm und Amsterdam.

"Von A wie Amsterdam bis W wie Walberla" heißt daher auch der zweite Titel der Ausstellung. "Wir sind hier verwurzelt, bodenständig geerdet", sagte Georg Neutzner bei der Eröffnung der Ausstellung im bis auf den letzten Platz gefüllten Gasthaus. Aber, setzte er hinzu, "wir sind nicht vernagelt. Wir können über den Tellerrand hinausblicken".

Die Musiker Wolfgang Harrer, Corinna Harrer (beide aus Kirchehrenbach) und Andreas Ringel (Forchheim-Reuth) begleiteten die Eröffnung passend zum Motto mit Musik von "Griechischem Wein" bis zum "Frankenlied". Mitsingen war dank ausgeteilter Texthefte möglich und dringend erwünscht.

ZDie Ausstellung ist bis Herbst im Gasthaus Sponsel (Schwarzer Adler) in Kirchehrenbach zu sehen. Alle Linolschnitte können über die Gastwirtschaft gekauft werden.

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