Konflikt zwischen Mountainbikern und Forchheims Förster: Jetzt soll eine Lösung kommen

31.7.2020, 10:54 Uhr
Auf der Schleuseninsel in Forchheim haben sich Mitglieder des 1. Radsportvereins in mühevoller, ehrenamtlicher Arbeit einen Bike-Parcours gebaut. 

© Udo Güldner Auf der Schleuseninsel in Forchheim haben sich Mitglieder des 1. Radsportvereins in mühevoller, ehrenamtlicher Arbeit einen Bike-Parcours gebaut. 

Sie packen das Messer aus und ritzen in die Rinden von Bäumen. Bauen illegal Strecken, werfen Holz einfach weg, zerstören den Boden und überfahren junge Bäume. Mountainbiker. Das sollen Fotos beweisen, die Stadtförster Stefan Distler gesammelt hat. Er ist entschlossen: "Damit muss Schluss sein", sagt er und fordert die Stadt auf, ihm den Rücken zu stärken. "Wir müssen das Treiben polizeilich verfolgen", sagt Distler bei einem Waldrundgang mit den Stadträten.

Biker, die abseits der vorgegebenen Schotterwege ihren Kick suchen, sind keine neue Erscheinung. Doch die Dimensionen sind andere. "Die Zerstörung und Bodenerosion hat an manchen Stellen erschreckende Ausmaße angenommen", heißt es daher aus der Stadtförsterei. In diversen Onlineportalen können Biker aus den "schönsten Mountainbike-Touren" in der Fränkischen Schweiz und der Stadt Forchheim auswählen. Das lockt Sportler aus ganz Franken, sagt Distler.

Illegal ist aber nicht gleich illegal: Gerichte in Bayern haben sich ausführlich mit Fällen von Bikern in den Wäldern beschäftigt. Im Landkreis Aichach-Friedberg musste zum Beispiel vor dem Aichacher Amtsgericht ein Fall geklärt werden, bei dem ein Biker trotz Verbots-Hinweisschilder eines Waldbesitzers im Wald unterwegs war. Das Gericht entschied, dass der Biker auf den Wegen unterwegs sein durfte, so lange er dabei keine Schäden hinterlasse.

Großer Boom: Befeuert durch Corona und E-Bikes

"Ja, es gibt Mountainbiker, die über die Stränge schlagen, Schanzen aufbauen, überplanmäßig in den Wäldern fahren", gibt Klaus Ponner zu. Er ist Vorsitzender des 1. Radsportvereins Forchheim. Für seine Mitglieder schließt er aber ein solches Fehlverhalten aus. Für ihn liegt es auf der Hand, dass der Konflikt zwischen Natur und Biker zunimmt: "Die Branche boomt bis zum Geht-nicht- mehr."

Befeuert werde der Boom durch Corona und die E-Bikes, so Ponner. Die Einschränkungen, die mit der Pandemie kamen, haben die Menschen nach Alternativen in der Freizeit suchen lassen und in die Natur gezogen. Zugleich ist das Fahren mit dem Rad über Stock und Stein einfacher denn je. Dank elektronischer Akkuunterstützung können auch Ungeübtere bergige und längere Touren zurücklegen.

Goldene Zeiten für Händler

Wie stark der Boom boomt, zeigt sich bei Radsport Art in Weilersbach. "Verkauf und Reparatur sind ums Doppelte gestiegen im Vergleich zum Vorjahr", sagt Betriebsleiter Sebastian Neubauer. Nicht nur werden neue Modelle gekauft, sondern auch eingestaubte Gestelle aus den Kellern von den Fachleuten wieder zu neuem Leben erweckt.

Konflikt zwischen Mountainbikern und Forchheims Förster: Jetzt soll eine Lösung kommen

© Foto: Stadtförsterei Forchheim

Doch nicht nur Corona ist Schuld. Neubauer sieht einen Wandel: E-Mountainbikes seien mittlerweile auch bei der jungen Generation voll in Mode gekommen. "Statt dem Roller ist heute das E-Bike für 16-Jährige gefragt", sagt Neubauer. "Sie fahren gerne auch durch den Wald damit, dafür ist es ja auch gedacht." Beliebt sind auch die Steilhänge rund um die Retterner Kanzel.

"Es braucht Bike-Parks und Trails"

Es sind goldene Zeiten für den Radsporthandel. Die Auftragsbücher sind voll. Die Mitarbeiter strampeln sich ab, um der Nachfrage gerecht zu werden. Eine Situation, die auch der Forchheimer Mountainbike-Hersteller YT-Industries bestätigen kann. "Die gesamte Radindustrie spürt einen positiven Trend. Auch bei uns ist die Nachfrage gestiegen", sagt YT-Sprecher Oliver Junggeburth.

Dass am Ende der Förster über den Bike-Verkehr abseits offizieller Wege in seinen Wäldern nicht gerade erfreut ist, verstehen beide Unternehmen. "Es braucht mehr Bike-Parks und bestimmte Trails für die Mountainbiker", lautet daher die Forderung des Weilersbacher Betriebsleiters. Und auch YT will, dass es legale Trails in den Wäldern gibt. Für solche und weitere Bike-Projekte können sich dieses Monat noch Vereine oder Institutionen bei YT bewerben.

Eine Schaukel als Lösung?

Ist das die Lösung, die für Ruhe in den Wäldern sorgt? Klaus Ponner glaubt das nicht. "Radfahrer lassen sich schwer organisieren, nicht alle sind in einem Verein." Oftmals seien es kleine Grüppchen, die im Wald ihre Runden drehen. Fazit Ponners: "Das ist ein ganz schwieriges Thema."

Trotzdem präsentiert auch er eine Lösung, wie diese "oft emotional geführte Debatte" für alle Seiten zu einem guten Ende kommen könnte. Die so genannte Bike-Schaukel soll nicht nur die Gemüter auf beiden Seiten beruhigen, sondern auch "eine Chance für den überörtlichen Sport und den Tourismus sein", so Ponner.

Eine Lösung muss es geben, sagt Ponner. Alleine schon deshalb, weil die Radfahrer immer mehr werden. Ein Trend, der im Zuge der Verkehrswende ja auch von der Politik angetrieben wird. Und das E-Bike eigne sich für Ponner für eben jene Wende wie geschaffen, weil sich auch größere Distanzen einfacher als zuvor zurücklegen lassen.

Sich zusammensetzen und eine Lösung finden

Das Auto bekommt Konkurrenz. Der Verkehr auf den Fahrradwegen nimmt zu. Ponner wirbt daher für ein gemeinsames Gespräch zwischen Förster, Mountainbiker und Stadt. "Im Moment ist das Tischtuch zerschnitten."

Das Gespräch will auch Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD), der selbst gerne in die Pedale eines Mountainbikes tritt, suchen. "Mein Wunsch ist, dass sich Fahrer bei uns melden, wir uns zusammensetzen und eine Lösung finden." Er will beiden Seiten Freiraum geben: Bikern, wie auch der Natur samt der Wildtiere, die von kreuz und quer Fahrenden verschreckt würden.

Von seiner Zeit in München nimmt der Oberbürgermeister eine Idee mit: In der Metropole seien bestimmte Bereiche, auch im Forst, für Biker ausgewiesen. Das könne auch für Forchheim eine Lösung sein. "Verbote sind nicht wirklich zielführend", sagt Kirschstein. Denn schließlich weiß er aus eigener Erfahrung: "Für Mountainbiker ist es nicht das Attraktivste, auf Schotterwegen zu fahren."

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