Kranken ein Lächeln ins Gesicht gezaubert

15.12.2010, 16:35 Uhr
Kranken ein Lächeln ins Gesicht gezaubert

© Roland Huber

Kaum zu glauben, wo Thierry bei dem Jungen überall Geld findet: Aus Hose, Hemd und Haaren des aus dem Publikum herbeizitierten Buben zieht der Zauberer mit seinen bloßen Händen mehr und mehr Münzen und lässt sie laut scheppernd in einen Sektkühler fallen. Ein schlichtes Seil verwandelt der gebürtige Franzose im Nu in einen Strick mit drei, dann mit vier Enden und schließlich in einen Ring; unter zwei silbernen Zylindern lässt der Magier immer neue Weinflaschen und ein gefülltes Glas auftauchen.

Über 30 Minuten begeistert Thierry mit seinen professionellen Zaubertricks die Tagesgäste, das Pflegepersonal sowie deren Angehörige. Dabei bezieht der in Kasberg lebende Künstler seine Zuschauer aktiv ein, stellt ihnen Fragen und bittet den einen oder anderen nach vorne, etwa für die eingangs beschriebene Nummer mit dem Goldesel.

Aufmerksames Publikum

Fasziniert, wie gut selbst schwer demente Patienten mitgemacht haben, sind nach der Vorführung Irmgard Ginzel, Leiterin der Einrichtung mit 15 Plätzen, und ihre Stellvertretung Luise Meis. „Das war ein Höhepunkt für unsere Leute“, betont die Gerontofachkraft, die im Auftrag der Diakonie-Station Gräfenberg „Gäste von der Pflegestufe Null bis zum Härtefall“ betreut.

„So was kann nur auf dem Land passieren“, meint Thierry über seinen Auftritt, mit dem er sich für die nachbarschaftliche Hilfe von Meis’ Ehemann revanchiert hat. Vor allem der natürliche Umgang mit den Pflegebedürftigen sei ihm wichtig gewesen, erläutert der Zauberer, dem es auch nicht gefällt, wenn Erwachsene mit Kindern in der Babysprache reden. „Ich habe etwas langsamer gearbeitet als sonst und manche Momente weggelassen“, erklärt der Wahlfranke mit dem französischen Akzent.

Das Zaubern vor ungewöhnlicher Klientel ist für den Künstler, der 1976 nach Deutschland kam und viele Jahre in Freizeitparks, auf Kreuzfahrtschiffen sowie Messen gearbeitet hat, nichts Neues. „Man muss die Menschen so nehmen wie sie sind“, sagt Thierry. Bei einer Vorführung in einem Nürnberger Kindergarten für stark behinderte Mädchen und Jungen stellte er dann beispielsweise fest: „Die Kinder haben sich genauso angehört wie andere Kinder. Es gab Streit, Ärger und Lärm.“

In einer Einrichtung für kleine, schwerkranke Patienten freute er sich besonders über jenes Mädchen, das ihm erst nicht zuschauen wollte und von der Neugierde doch noch zu ihm getrieben wurde. Auftritte von Zirkusclowns in Krankenhäusern sieht der reflektierte Künstler jedoch kritisch: „Ich würde nie in Patientenzimmer gehen und den Kindern ihre Rückzugsmöglichkeit nehmen.“ Stattdessen plant Thierry im nächsten Jahr eine Show, die die junge Generation wieder ans Lesen heranzuführen soll. „Ich lese alles, was mir in die Finger kommt, besonders gerne historische Romane und Phantasie-Bücher“, berichtet der Magier.

Zum Zaubern kam Thierry, der sich als junger Mann zum Beispiel auch als Feuerspucker, Gitarrist und Jongleur ausprobiert hat, eher zufällig: „Man versucht viele Sachen – wegen der Familie, Lust und Laune – und irgendwo bleibt man hängen.“ Als Autodidakt und Einzelkämpfer habe er das Glück gehabt, relativ schnell bekannt geworden zu sein, erklärt der heutige Moderator des Großen Russischen Staatscircus und bemerkt: „Wenn man auf der Bühne steht, wird man selbst zum Supermensch.“

Gelegenheit, Thierry als Ringmaster des Großen Russischen Staatscircus zu erleben, gibt es unter anderem vom 6. bis 16. Januar auf dem Nürnberger Volksfestplatz und vom 14. bis 17. April am Plärrerplatz in Bamberg. Weitere Informationen unter www.staatscircus.com