Aus für den Betrieb

Kunden sind fassungslos: Fränkische Traditions-Bäckerei Wölker schließt für immer

25.2.2022, 09:51 Uhr
Theresia Wölker im leeren Verkaufsraum.

© Udo Güldner Theresia Wölker im leeren Verkaufsraum.

Grund sind Investitionen im sechsstelligen Bereich, die vom Ehepaar Wölker nicht gestemmt werden können. Die Kunden sind fassungslos.

Wer am Dienstag an der Bäckerei Wölker vorbeilief, der sah heruntergelassene Jalousien und ein Pappschild im Schaufenster: Dass man heute geschlossen habe, weil der Backofen ausgefallen sei.

Zwei Tage später kam nun das endgültige Aus. Wer anrief, erfuhr die Hiobsbotschaft per Ansagetext. Man habe es sich nicht leichtgemacht. "Aber die Kosten für die Reparatur des 33 Jahre alten Herzstücks der Backstube drohen auf bis zu 100.000 Euro zu steigen", so Theresia Wölker (65), eine geborene Postatny.

Nicht finanzierbar

Es sei ein Wunder, dass der "Oldtimer" des Hamburger Herstellers Daub so lange gehalten habe. Auch ein neuer Backofen für etwa 150.000 Euro sei nicht finanzierbar. "Wir sind beide schon Rentner und haben keinen Nachfolger." Also blieben die bereits fertigen Teiglinge für die beliebten Sonnenblumen-, Gewürz- und Saatenbrote liegen.

Zuletzt profitierte das Ehepaar Wölker davon, dass die Traditionsbäckerei Nagel am Rathausplatz aufgegeben hatte. "Das hat uns 20 bis 30 Prozent mehr Kunden gebracht. Es gab Tage, da kamen mehr als 200 Leute in den Laden." Auch ein Bäcker und eine der Verkäuferinnen wechselten.

Legendäre Genussgipfel

Das Geschäft mit Schinken- und Käsestangen, manche mit Paprika und Chili geschärft, mit obstgefüllten Plunderteilchen oder den legendären "Genussgipfeln" boomte. Und nun das plötzliche Ende: "Unsere Kunden sind schockiert und können es nicht glauben. Viele wissen nicht, was sie sagen sollen."

Konrad Wölker: Der Ofen ist kaputt, eine Neuanschaffung zu teuer. Jetzt schließt die Bäckerei.

Konrad Wölker: Der Ofen ist kaputt, eine Neuanschaffung zu teuer. Jetzt schließt die Bäckerei. © Udo Güldner

Dabei seien die Backwaren, vor allem das handwerklich erstklassige Brot, weit über die Stadtgrenzen hinaus beliebt. "Wir hatten sogar Forchheimer, die den einen oder anderen Laib im Flugzeug zu Verwandten in die USA geschmuggelt haben."

Sein Handwerk hat Konrad Wölker (69) aus Burk bei der Bäckerei Leyh am Marktplatz gelernt. Dann arbeitete er in Forchheim bei den Bäckereien Müller und Scharold. Eine Zeit lang auch bei der Bäckerei Ort in Heroldsbach.

Eigentlich Apothekenhelferin

Im Laden hatte Theresia Wölker das Sagen. Obwohl sie ursprünglich Apotheken-Helferin bei Wolfram Bleile in der Stadtapotheke war. Die Tage bestanden fast immer aus 18 Stunden Arbeit. Auch weil sie in einem Raum ganz hinten an ihren originellen Tierfiguren aus Brötchenteig werkelte und, wie der Autor aus eigener Erfahrung sagen kann, auf ganz spezielle Kundenwünsche immer einging.

Kunden sind fassungslos: Fränkische Traditions-Bäckerei Wölker schließt für immer

© Udo Güldner

Wer einen salzarmen Zwiebelkuchen oder Brot ohne bestimmte Inhaltsstoffe suchte, der war bei den Wölkers an der richtigen Adresse. "Manch einer kam mit dem Auto und lud den ganzen Kofferraum voll."

Auch wenn der Bäckergeselle nie Meister wurde, durfte er dennoch 1986 sein eigenes Geschäft eröffnen. Für eine halbe Million Mark kaufte man die Wiesentstraße 38. Dort hatte seit 1955 die Bäckerei Wölfel ihren Sitz. "Die buken noch mit Holzkohle in einem Steinofen", so Konrad Wölker.

Sehr viele Prüfer

Im Laufe der Jahre steckte man eineinhalb Millionen Euro in Umbauten, Renovierungen und neue Geräte. Nur willkommen war man bei der Konkurrenz nicht. "Anfangs legten uns die anderen Bäcker ständig Steine in den Weg. Ich wusste gar nicht, dass es so viele Kontrolleure gab", so Theresia Wölker. Zudem kämpfte man drei Jahre lang mit einer Dauerbaustelle genau vor dem Laden. "Das waren harte Zeiten".

Das Sortiment war, das kann man sich als jahrelanger Stammkunde kaum vorstellen, in früheren Zeiten noch viel umfangreicher als zuletzt. "Wir waren zu Beginn eine Bio-Bäckerei und hatten doppelt so viele Brotsorten", so Theresia Wölker.

Kunden sind fassungslos: Fränkische Traditions-Bäckerei Wölker schließt für immer

© Udo Güldner

Mitunter habe sie sogar Torten kreiert. Mehr als 25 Jahre haben die Wölkers dem Nachwuchs eine Chance gegeben und jeweils zwei junge Menschen in Backstube und im Laden ausgebildet. "Besonders stolz bin ich darauf, dass alle ihre Prüfung geschafft haben. Unser bester Auszubildender war ein Sonderschüler", so Theresia Wölker.

Was aus dem Anwesen wird, scheint vorgezeichnet. Die Wölkers wollen es verkaufen und sich in Forchheim eine kleine Wohnung suchen. Wegziehen kommt nicht in Frage. "Ich bin mit der Stadt verwurzelt", so Theresia Wölker, die hier auch geboren ist.

Nun bleibt wohl etwas mehr Zeit für einen Urlaub, den man zwei Jahrzehnte lang nicht machen konnte. Auch wenn der Schmerz über das unerwartete Ende beim Ehepaar noch spürbar ist; ihnen ist auch der Stolz anzumerken, 37 Jahre lang "allen Leuten das beste und gesündeste Essen" angeboten zu haben.

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