Dialog mit BBV

Landwirte sehen sich angefeindet: Erzbischof besucht Bauernhof in Igensdorf

Petra Malbrich

15.5.2022, 06:00 Uhr
Erzbischof Schick (4.v.l.) und die Landwirte, darunter BBV-Chef Hermann Greif (links), auf dem Fahner Hof. 

© Petra Malbrich Erzbischof Schick (4.v.l.) und die Landwirte, darunter BBV-Chef Hermann Greif (links), auf dem Fahner Hof. 

Bayerns Landwirte fühlen sich derzeit von vielen Seiten angefeindet. Zusätzlich erschweren ihnen politische Vorgaben den Beruf, den nur noch wenige Bauern in Vollerwerb ausüben. Die Wertschätzung und das Vertrauen den Landwirten gegenüber fehle es in der Gesellschaft. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist der Krieg in der Ukraine, mit seinen Schattenseiten und Folgen. Deutsche Landwirte könnten helfen. Wenn die politischen Hürden nicht wären. Wie steht die Kirche zu den Sorgen und Nöten? Das wollten die Vertreter des Bayerischen Bauernverbands (BBV) von Erzbischof Ludwig Schick gerne wissen: Zu dem regelmäßigen Dialog zwischen Kirche und Landwirtschaft war der Erzbischof auf den Fahner Hof, einen Obsterwerbsvollbetrieb, nach Igensdorf gekommen.

Hauptsächlich in Direktvermarktung verkaufen Doris Bachmeier und ihr Bruder Thomas Fahner ihre Produkte. Im Schatten einer großen Linde wurden die Probleme diskutiert. „Wir sitzen hier an einem gedeckten Tisch, weil wir hier eine funktionierende Landwirtschaft und eine andere Staatsform haben“, sagte Bauernverbandspräsident Hermann Greif. Trotzdem würde kriegsbedingt in Afrika eine Hungersnot drohen und auch in Deutschland werde zu Notvorräten geraten. „Wenn Menschen Hunger haben, werden sie marschieren“, sagte Greif.

An die Welternährung denken

Die Regale in den Einkaufsmärkten sind gerade beim Sonnenblumenöl leer. Die Landwirtschaften hier lägen in einem „grünen Gürtel“. Es sei möglich, mehr anzubauen. Doch die Politik wolle das nicht. Die Stilllegungsflächen, die Pflanzenschutz- und Düngemittelverordnungen sind Beispiele dafür. „Es kann doch kein Fluch sein, mehr zu produzieren“, betonte Greif. Gerade durch die Unsicherheit beim Weizen. Arme Länder würden Probleme bekommen. „Es wäre doch gut, wenn Deutschland auch Weizen exportieren könnte“, meinte Wilhelm Böhmer, Direktor beim BBV.

„Wir müssen auch an die Welternährung denken“, fügte Bezirksbäuerin Anneliese Göller an. Wie sieht die Kirche das? Erzbischof Schick ist selbst in der Landwirtschaft aufgewachsen und brachte viele Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend ein. Auch die Kirche hat viele landwirtschaftliche Flächen. Die angesprochenen Themen betreffen somit auch die Kirche. Dass die Politik alles vom grünen Tisch aus bestimmen wolle, halte er für falsch. Erzbischof Schick betonte, man müsse im Dialog bleiben.

„Es geht nicht darum, in Extreme zu verfallen“, versuchte Schick aufzuzeigen. Die Katholiken würden deshalb von einem „Sowohl als auch“ sprechen, meinte Schick und bat, bei den angesprochenen Themen die gesamte Problematik zu betrachten. „Wir sprechen von regionalen Produkten. Das ist wichtig. Aber das gilt auch für Afrika“, sagte Schick. Genauso wichtig sei zu sehen, dass überall angebaut werden könne. Wenn in Afrika selbst angebaut worden wäre, wäre es einfacher. In Südafrika werde Mais gebraucht. „Doch viele Flächen werden nicht als Maisanbauflächen, sondern für Öl und Zuckerrohr, genutzt, alles, was die Amerikaner brauchen“, meinte Schick.

Mit einem Mehr-Anbau den anderen Ländern helfen, aber ihnen auch bei der Möglichkeit zum Selbstanbau helfen, nannte Schick die Lösung. Das Sowohl als auch gelte ebenso für Düngemittel. Nicht zu viel Mittel nehmen, nicht das falsche. Ein Zurück in die Vergangenheit wolle niemand, so der Erzbischof. Gerade das vermittelten aber die Verordnungen, die „vom Schreibtisch aus“ getroffen würden.

„Die Meinung ist vergiftet“

Die Bilder vermittelten den Eindruck, dass der Bauer, der Düngemittel mit der Hand auswerfe, besser bewirtschafte als derjenige, der mit einer Maschine über den Acker fahre, um das Mittel fein dosiert auszubringen. „Die Meinung gegenüber den Landwirten ist vergiftet. Deshalb brauchen wir Hilfe von allen Seiten“, meinte der Bauernverbandspräsident.

Dass die katholische Familienberatung weiter unterstützend unter die Arme greifen werde, sicherte Schick zu. Wenn derzeit auch nicht so viel Geld fließe. Dafür war Anneliese Göller dankbar. Denn manche Bauernfamilien seien sehr unter Druck. Die Familienberatung sei deshalb ein Segen. Gerade auch beim Thema Tierhaltung sind Landwirte oft Angriffsfläche. „Die Angriffe sind von Leuten, die ebenfalls extrem reden“, besänftigte Schick. Doch genau diese Extreme seien nicht richtig. „Wie bekommt man den goldenen Mittelweg“, stellte Schick die Frage, die weiter führt, die konstruktiv sei. Dazu brauche es den beständigen Dialog. Zumindest eines wird sich möglicherweise bald von selbst erledigen. „Wir müssen uns an steigende Preise gewöhnen. Dann wird sich manches Problem wie die Lebensmittelverschwendung von selbst lösen“, fand Böhmer.

Zuvor gab es eine Führung durch den Fahnerhof. Der Familienbetrieb bewirtschaftet auf sieben Hektar Stein- und Beerenobst und ist mit diesem breiten Sortiment eine Seltenheit im Landkreis. Alleine 25 verschiedene Apfelsorten wachsen auf den Hangflächen der Familie Bachmeier-Fahner. Mit frischen Obst und Gemüse beliefern Fahners 60 Schulen und Kitas im Landkreis und zeigen damit, dass heimische Landwirtschaft funktioniert.

3 Kommentare