Bäder wurden geschlossen

Mangelware Hallenbad: Gefährliche Folgen für Kinder in der Fränkischen Schweiz

18.2.2020, 04:24 Uhr
Mangelware Hallenbad: Gefährliche Folgen für Kinder in der Fränkischen Schweiz

120 Minuten in einer Woche und das immer am Donnerstag zwischen 18 bis 20 Uhr ist das Hallenbad in Ebermannstadt für Bürgerinnen und Bürger geöffnet. Viel zu wenig ist das, sagt ein Stadtrat. Und auch die Wasserwacht sorgt sich, wenn sie in den Landkreis blickt. In der Wintersaison von Oktober bis April gibt es immer weniger Orte, wo Schwimmen im Warmen noch möglich ist.


Kommentar: Das Schwimmangebot in einem Mittelzentrum wie Ebermannstadt ist zu gering. Bäder müssen gemeindeübergreifend finanziert werden, um sie zu erhalten.


Viele Badeunfälle passieren laut einer Studie der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), weil Kinder nicht sicher schwimmen können. Das liegt zum einen am fehlenden Schwimmunterricht in den Schulen, aber auch an den Möglichkeiten, schwimmen zu gehen. Das kritisiert auch Philipp Nützel von der Wasserwacht Ebermannstadt. Im Interview spricht er davon, dass sich Eltern zu wenig Zeit nehmen, um mit ihren Kindern das Schwimmen zu üben. Gleichzeitig fehlen ausreichend Hallenbäder in der Region Forchheim und der Fränkischen Schweiz.


Interview: Tragischer Tod binnen Sekunden. "Kinder ertrinken meist lautlos."


Die Zahl der Kinder, die nicht schwimmen können, bleibt Jahr für Jahr auf einem hohen Niveau. Gleichzeitig machen immer mehr Hallenbäder dicht. Gemeinden sind mit den Kosten schlicht überfordert. Das zeigen zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.

Stöpsel gezogen

Gößweinstein und Kirchehrenbach haben 2012 den Stöpsel gezogen. Die in die Jahre gekommen Bäder hätten eine Sanierung nötig gehabt. Die Gemeinden haben sich dagegen entschieden, diese Millionen-Aufgabe anzugehen. Für den ländlichen Raum für viele ein schmerzlicher Verlust.

Auch in Ebermannstadt waren es finanzielle Gründe, die 2013 dazu geführt haben, den öffentlichen Schwimmbetrieb auf zwei Stunden pro Woche zu beschränken. Heute sind die Zahlen nicht mehr so tiefrot, deshalb bringt NLE-Stadtrat Bernhard Hübschmann ins Spiel, das Bad länger zu öffnen. "An einem zweiten Abend, bestenfalls am Samstag. Das macht die Stadt attraktiver für die Freizeit der Menschen", sagt er. Die Nachfrage am bisher einzigen Öffnungstag in der Woche sei groß, seitdem die Hallenbäder in Gößweinstein und Kirchehrenbach Geschichte sind, sagt Hübschmann. "Die Einrichtungen, die eine Stadt hat, muss sie nutzen." Wer spontan und nicht nur donnerstagabends in Ebermannstadt schwimmen will, weicht auf die übrig gebliebenen Bäder aus.

Das merkt auch Georg Buhl vom Juramar in Pottenstein im Landkreis Bayreuth. "Wir haben etliche FO-Kennzeichen auf unserem Parkplatz. Viele kommen aus der Region Egloffstein und Gräfenberg zu uns." In den vergangenen Jahren seien die Besucherzahlen ständig gestiegen, zu jener Zeit, als Bäder wie in Gößweinstein zugemacht haben, sagt Buhl. "Ob es tatsächlich daran liegt, ist offen. Wir sind ja auch ein Touristengebiet." 2019 zählte Pottenstein rund 50.000 Besucher und profitierte von der Lage: "Wir sitzen in der Mitte zwischen Forchheim und Bayreuth, mit der Tendenz, mehr Besucher aus der Forchheimer als Bayreuther Gegend zu haben."

Von Jahr zu Jahr mehr Besucher

Kein von uns in der Region angefragtes Bad befragt seine Besucher regelmäßig nach dem Herkunftsort. Der Blick auf die Autonummernschilder und Gespräche der Badmitarbeiter mit den Gästen geben vielerorts aber Aufschluss. Das Königsbad in Forchheim ist demnach vor allem mehr von Besuchern aus dem südlichen als nördlichen Landkreis gefragt, sagt Walter Mirschberger vom Bäderbetrieb der Stadt. Gestartet mit rund 250.000 Besuchern im ersten kompletten Betriebsjahr 2011 (Eröffnung im Mai 2010) lagen die Besucherzahlen 2019 bei rund 330.000, darunter sind 28.000 Schüler und rund 38.000 Saunagäste.

Wie stark die Schließung anderer Bäder die Besucherzahlen beeinflusst, lässt sich bis ins letzte Detail schwer ermitteln für die Bäderchefs, wenngleich sie Auswirkungen spüren. Die Franken Lagune in Hirschaid (Landkreis Bamberg) hat die Königsbaderöffnung mit rückläufigen Gästezahlen damals gespürt, so Betriebsleiter Wilhelm Brückner. In den vergangenen Jahren seien die Zahlen wieder leicht steigend. Ohne Schulschwimmer und Saunagäste zählte die fränkische Lagune 2019 rund 100.000 Besucher. Schließungen hier, längere Öffnungszeiten dort: "Es wird immer einen übergreifenden Besuch geben", sagt Brückner. Heißt: Jeder schwimme gerne mal in einem anderen Becken. Die Bäder in der Region teilen sich also ihre Besucher.

In Ebermannstadt könnten nur am Samstag und Sonntag ab 16 Uhr weitere öffentliche Badezeiten angeboten werden, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Ansonsten ist das Bad schon belegt. Mit Schulunterricht an Vor- und Nachmittagen, Tauchern am Abend oder VHS-Kursen, für Versehrtensport oder die Wasserwacht. Am Wochenende nutzt eine Schwimmschule zwischen 9 und 16 Uhr das Bad.

"Im Moment keine Veranlassung"

Über ein Mehr an öffentlichen Badezeiten müsste der Schulverband Ebermannstadt entscheiden. Er ist für die Angelegenheiten des Hallenbads zuständig. Ebermannstadts Bürgermeisterin Christiane Meyer (NLE) ist Verbandsvorsitzende. Wird sich etwas ändern? "Im Moment haben wir keine Veranlassung gesehen. Wir nehmen nicht wahr, dass es größeres Interesse gibt, sodass es sich lohnen würde", sagt Ebermannstadts Pressesprecher Andreas Kirchner auf Nachfrage.

Möglicherweise sind die Wünsche aus der Bevölkerung noch nicht im Rathaus angekommen, denn Stadtrat Bernhard Hübschmann spricht bei seinem Anliegen von einer Forderung und einem Wunsch aus der Bürgerschaft. "Einige Ebermannstädter sind früher zum Schwimmen nach Gößweinstein", sagt er. Nachdem weder dort noch in der nahen Umgebung Hallenbäder existieren, sind die Wege für die Ebermannstädter weiter geworden. Außer am Donnerstag. Zwischen 18 und 20 Uhr.

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