"Menschen zusammen bringen"

25.7.2019, 18:55 Uhr

© Foto: Ralf Rödel

Gerhard Käding, der lang gediente CSU-Stadtrat und Elektromeister mit Sitz in der Kanalstraße, meint ja, um Ekrem Akyol einen "Kanalschlamper" zu nennen, sei der Ekrem eigentlich zu jung. Jahrgang 1977 — der alte Ludwig-Donau-Main-Kanal, auf den sich sowohl der Name der Straße als auch der Ehrentitel "Kanalschlamper" für die Menschen bezieht, die in seinem Umfeld aufgewachsen sind, war zu dieser Zeit längst Geschichte. Doch der Ekrem und seine Familie, da ist Käding großzügig, gehören auf jeden Fall zur Gemeinschaft dieser besonderen Forchheimer Subkultur dazu.

Ekrem Akyol selbst grinst freundlich, wenn er auf seine Kanalstraßen-Herkunft zu sprechen kommt: "Ich war glaube ich häufiger bei den Kädings drüben als bei mir zuhause." Und wenn er seinen besten Freund, Kädings Sohn, "nach dem Ministrieren" abholte, setzte er sich gerne mal in die letzte Bank der Martinskirche und wartete. Wobei Akyol Forchheimerisch korrekt natürlich "minischdriern" sagt. Über die Familie Käding kam Akyol auch zu seinem langjährigen Engagement im Jugend-Rotkreuz: "Ich habe da eine eigene Jugendgruppe betreut." Käding senior erinnert sich: "Der Ekrem war für meinen Sohn und ihre Freunde immer der Chauffeur, wenn sie ausgegangen sind." Denn: Der "sehr gläubige" Muslim Akyol "hat nie einen Tropfen Alkohol getrunken" — im Unterschied zu seinen nichtmuslimischen Freunden.

Vorurteile abbauen

Das ist bis heute so geblieben. Inzwischen wohnt der 41-Jährige mit seiner Familie (Frau und zwei Kinder) wenige Straßen weiter weg und arbeitet als Maschinenbauingenieur bei einem großen Automobilzulieferer in Herzogenaurach. "Ich war schon als Kind gern in der Moschee", sagt er. Sein Vater wollte, dass die Kinder sich mit dem Islam beschäftigen, um sich dann selbst ein Urteil zu bilden. Im Vorstand des Moscheevereins arbeitete er schon früher mit, seit Februar ist er nun für drei Jahre zum Vorsitzenden gewählt. Über seine Rolle als Repräsentant der Moscheegemeinde sagt er: "Ich sehe meine Hauptaufgabe darin, Vorurteile abzubauen und Menschen zusammen zu bringen."

Das gilt für ihn nach innen wie nach außen. Denn die muslimische Gemeinde ist, ebenso wenig wie eine christliche Kirchengemeinde, ein monolithischer Block, wo sich die Gläubigen von oben herab die Richtung vorgeben ließen. Ekrem Akyol macht im Gespräch den Eindruck eines geborenen Moderators: Immer freundlich und verbindlich, keine extremen Ansichten, kein böses Wort über irgend jemanden.

Zum Vorstand gehören der Ex-Vorsitzende Coskun Ilgar und Nuran Ülüer, die neu gewählt wurde. Zum Moscheeverein gehören als Mitglieder etwa 200 Familien. Die Moschee selbst steht unter der religiösen Leitung des vom türkischen Staat kontrollierten Vereins DITIB.

Für jeden offen

Die "zentralen Herausforderungen haben wir mit dem Moscheebau bereits hinter uns", so Akyol. Nach mehreren Jahren Planung war das Gotteshaus 2006 eröffnet worden. Seitdem steht es von morgens zum Frühgebet bis abends nach dem Nachtgebet für jeden offen, der kommen möchte. In Forchheim leben über 3000 Menschen muslimischen Glaubens. Der größte Teil ist türkischstämmig. Die Erwartungen der Vereinsmitglieder wurden und werden vom Verein erfüllt (zum Beispiel durch interne Umbauten und Organisationsänderungen) und deswegen seien die Mitglieder zufrieden.

Über die städtischen Pläne für ein Parkhaus in unmittelbarer Nachbarschaft ist im Moscheeverein niemand glücklich. Weder grundsätzlich noch wenn es höher wird als die Moschee oder, der neueste Gedanke, als "L" so halb ums Gotteshaus herum gebaut wird. Während Ekrem Akyol auch hier eine moderate Position einnimmt und zuversichtlich in die Gespräche mit der Stadt geht, ärgert sich sein Vorgänger Coskun Ilgar, unter dessen Regie seinerzeit der Bau vonstatten gegangen war, maßlos: "Ich musste damals noch eineinhalb Jahre mit dem Bau warten, ehe ich das Geld für die Entsorgung des belasteten Bodens beisammen hatte." Und nun diskutiert der Stadtrat darüber, dass ein Untergeschoss im Parkhaus wegen der Altlasten zu teuer wäre, man also höher hinaus müsste.

Ekrem Akyol bleibt dennoch ruhig. Nicht die Forderung nach "gleich behandeln" leitet seine Strategie, sondern: "Es geht darum, gerecht behandelt zu werden."

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