Mittelwald am Walberla: Abholzen für die Artenvielfalt

6.2.2021, 16:32 Uhr
Kein Kahlschlag, sondern ein Gewinn für die Natur - das sagt der zuständige Förster

© Daniel Schenk Kein Kahlschlag, sondern ein Gewinn für die Natur - das sagt der zuständige Förster

Was ist dort passiert? Die Nordbayerischen Nachrichten hakten bei Leutenbachs Bürgermeister Florian Kraft nach, der gleich sagt: „Das ist alles vollkommen im Rahmen der normalen Bewirtschaftung.“ Er verweist aber an Förster Daniel Schenk, der dort im Auftrag der Gemeinde den Wald oberhalb von Leutenbach am Walberla bewirtschaftet. Der Forstexperte weiß sofort, um welche Fläche es geht.

„Ja, das schaut erst mal fürchterlich aus“, bestätigt Schenk. „Aber das ist kein Kahlschlag, sondern nur ei n kräftiger Einschnitt mit sehr positiven Folgen für die Artenvielfalt“, erklärt er und meint er und erklärt die Situation: Dort oben im Naturschutzgebiet Ehrenbürg werde eine uralte Form der Waldbewirtschaftung gepflegt, die sogenannte Mittelwaldnutzung. Früher war diese Form der Waldnutzung in der Region weit verbreitet, weil die Menschen viel Brennholz benötigt haben. Später gab es Ölheizungen und daher ging diese Art der Waldbewirtschaftung extrem zurück. In der Folge veränderte sich aber auch die Struktur des Waldes und viele Pflanzen- und Tierarten verschwanden zusehends.

Mehr Luft zum Wachsen

Vor rund zwölf Jahren sei die Mittelwaldbewirtschaftung auf dem Walberla aber wieder eingeführt worden. Um dies bewusst zu unterstützen, gibt es sogar ein Förderprogramm „Vertragsnaturschutzwald“, zu dem auch spezielle Fachkonzepte zur Waldpflege gehören, wie der Förster erläutert. Bei der traditionellen Mittelwaldbewirtschaftung werden die Bäume und Gehölze im Wald im Turnus von zehn bis 30 Jahren nur auf Stock gesetzt. Das bedeutet, dass der Hauptstamm mit Wurzel erhalten bleibt. Der Großteil der Bäume, vor allem Linden, Haselnüsse und Hainbuchen, würden diesen radikalen Rückschnitt gut verkraften und dann wieder problemlos frisch austreiben.

Bewusst lasse man im Mittelwald einzelne, schön gewachsene Bäume, sogenannte Überhälter, stehen, die später als Bauholz genutzt werden können. Das radikale Auslichten des Waldes habe zur Folge, dass die kleineren Pflanzen mehr Luft zum Atmen haben, so Schenk, und in der Folge wieder viel mehr Arten gedeihen können – bei Pflanzen und auch bei Tieren. Doch diese positiven Aspekte kämen erst Jahre später so richtig zum Tragen. So könne sich im Mittelwald wieder seltene Schmetterlingsarten wie der C-Falter und die Spanische Flagge entwickeln, Pflanzen wie das Stattliche Knabenkraut oder auch Insekten wie der Kleine Eichenbock.

Vögel, Insekten und Pilze

Gerade im Leutenbacher Raum gebe es noch eine ganz spezielle Rarität, erzählt Daniel Schenk weiter. „Hier wächst eine endemische Maulbeerart, die vom Aussterben bedroht ist. Wenn die Buche drüberwächst, geht diese Maulbeersorte verloren. Durch das künstliche Licht, das wir durch das Ausholzen schaffen, könne solche sehr seltenen Arten wieder wachsen.“ Das sei ein großer Gewinn für die Natur.

Für die Bewirtschaftung des Mittelwaldes in dem sensiblen Gebiet am Walberla gebe es daher ein genaues Konzept. So habe man vor dem Abholzen gemeinsam mit Jana Wiehn und Andreas Niedling vom Landschaftspflegeverband Forchheim die Bäume angeschaut und gekennzeichnet. Man lege großen Wert darauf, Bäume, in denen zum Beispiel Spechte, Greifvögel oder Eulen nisten, stehen zu lassen. Auch Bäume mit Faulstellen seien für das ökologische Gleichgewicht enorm wichtig, weil hier viele Insekten und Pilze gedeihen.

Um möglichst wenig die Natur und die Voglebrut zu stören, habe man sich mit dem Abholzen sehr beeilt. Doch der Schnee im Januar habe die Waldarbeiten etwas beeinträchtig. Doch inzwischen seien die Maßnahme beendet, erläutert Schenk. Um Wanderer und Spaziergänger über den ökologischen Sinn der Waldarbeiten aufzuklären, sollte auch noch eine Informationstafel aufgestellt werden. Aber auch das habe die Witterung und Corona verzögert, so der Förster. Das soll aber baldmöglichst nachgeholt werden.