Neuer Serien-Teil

Mitten unter uns: Willkommen in Hausen

24.4.2021, 12:00 Uhr
Das Wahrzeichen der Gemeinde ist das Wasser(schöpf)rad. Am Ufer der Regnitz kann man es im Sommer bewundern.

© Berny Meyer Das Wahrzeichen der Gemeinde ist das Wasser(schöpf)rad. Am Ufer der Regnitz kann man es im Sommer bewundern.

Bevor wir uns auf die Suche nach der Mitte Hausens machen: Heißt es jetzt Hausener, Häusener oder Häusner? Der Bürgermeister muss es doch wissen. Augenzwinkernd klärt er auf: „Jeder neue Erdenbürger in Hausen bekommt von mir ein Schmusetuch, auf dem steht: ,Ich bin ein Häusner.‘ Wer von anderswo herkommt, für den ist man ein Hausener.“ So sei es.

Der Greifenhof

Zwischen Kirche St. Wolfgang und Hauptstraße steht das Greifenhaus. In ihm ist das Dorfmuseum untergebracht. Dass eine kleine Gemeinde wie Hausen so eine Einrichtung hat, ist bemerkenswert. Unter anderem wartet das Museum mit „der größten Sammlung handgeschriebener beziehungsweise handgemalter Gebetsbüchern in Deutschland“ auf, wie Ruppert betont.

Erinnert wird auch daran, dass Hausen bis in die 1920er Jahre die meisten Schöpfräder im deutschen Sprachraum besaß. Nicht umsonst thront das Wasserrad im Wappen der Gemeinde über Sturzsparren und Palmzweig. Und über die historische Häusner Tracht wurden schon ganze Bände geschrieben.

Doch das Hof-Areal beherbergt mehr als nur Dorfgeschichte: Die Vorstellungen des Fränkischen Theatersommer gastieren hier, während im Winter Glühwein- und Lebkuchenduft den Hof seit 2016 zum Weihnachtsmarkt machen, außerdem kann im hinteren Teil des Geländes ordentlich gefeiert respektive getraut werden (wenn gerade keine Pandemie ist).

Kaum hat der Reporter den Greifenhof betretet, finden passenderweise in der „Goglscheune“ – einem der zwei zum Ensemble gehörenden Stadel (Häusnerisch: „Stodl“) – gerade Deko-Vorbreitungen für eine Trauung am nächsten Tag statt. Dafür wird die historische Scheune kurzerhand zum Standesamt umfunktioniert. Freilich lässt es sich der Bürgermeister nicht nehmen, die Trauung dann selbst durchzuführen.

Der Spargel

Hausen ist Spargelland. Das hat historisch betrachtet viel mit den besagten Schöpfrädern, den Bewässerungsmöglichkeiten auf weiter Fluren und der Nutzung der Wasserkraft zu tun. Heute aus dem Vollen schöpfen kann Hausen aber auch da, wonach andere Gemeinden mühsam suchen: Dorfläden. Über Generationen gewachsene und seit Generationen bestens angenommene Strukturen der Direktvermarktung, erst auf den Bauernhöfen selbst, dann in eigens geschaffenen Betrieben, sind hier heimisch.

Der Häusner Spargel wiederum hat nicht nur im Landkreis Forchheim einen hervorragenden Ruf, der sich hinter seinem oberbayerischen Pendant aus Schrobenhausen nicht verstecken muss.

Die Heimatpflege

Einen ähnlich guten Ruf genießt die Seniorenarbeit der Gemeinde. 2014 übernahm Gerda Wagner das neugeschaffene Amt der Seniorenbeauftragten und füllt es seither leidenschaftlich mit Leben aus, wenn es ums Organisieren von Veranstaltungen, Ausflügen oder einfach nur zum Kaffeetrinken im Bürgerhaus geht.

Heimatpflege wurde in Hausen schon immer groß geschrieben und das nicht nur von den jeweiligen Heimatpflegern wie Konrad Kupfer, Engelberth Wagner oder heute Gerhard Batz. Inoffizielle Heimatpflege betreiben auch die vielen örtlichen Vereine, das Rückgrat des Zusammenlebens im Dorf – beziehungsweise Dörfern. Denn seit 1972 gehört auch das knapp drei Kilometer entfernte Wimmelbach mit seinen rund 650 Einwohnern zur Gemeinde.

Ist man längst zu einer Gemeinde verschmolzen? Nun, ein Wimmelbacher würde wohl kaum sagen, er sei Häusner (und umgekehrt). Und auch Wimmelbach hat seine eigenen kleinen Zentren, Mittel- und Treffpunkte, ob das Sportheim oder das Feuerwehrhaus. „Jeder darf auf seinen Ortsteil stolz sein, das finde ich auch gut so“, sagt der Bürgermeister – der die beiden Gemeindeteile wie eine Spielgemeinschaft im Fußball sieht: „Man wächst zusammen“ und vor allem für die junge Generation spielten Dorfgrenzen (echte oder mentale) keine Rolle mehr.

Das Wachstum

Nicht nur wirtschaftlich steht Hausen gut da, auch die Zahl der Einwohner wächst kontinuierlich. Auf Rupperts Tisch liegen momentan über 100 Bauanfragen, während neue Bauplätze Mangelware sind. Ebenfalls Mangelware: Freizeitangebote für Jugendliche. „Erfindergeist war jeher ein Merkmal von Hausen“, sagt der Bürgermeister mit Blick auf die Dorf-Historie. Und Erfindergeist muss wieder her, um die Gemeinde – neben ihren Pflichtaufgaben – für die junge Generation attraktiv zu machen.

Hier fehlt es an einer richtigen Mitte, der einstige offene Jugendtreff „Toxic“ ist nur noch eine verblassende Erinnerung. Doch ein erster Schritt zum Neustart ist getan und soll noch in diesem Jahr entstehen: eine Skater- und (Mountain-)Biker-Anlage westlich des Sportplatzes der SpVgg Hausen – ein interkommunales Leuchtturmprojekt, das mit der Nachbargemeinde Heroldsbach realisiert wird.

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Für das Bewahren von Traditionen, Brauchtum und Feierlaune ist unter anderem der Burschenverein „Deutsche Brüder Hausen“ zuständig, der 2018 sein 125-jähriges Jubiläum feiern konnte. Vergangenes Jahr, während der ersten Corona-Welle, sorgten die Burschen für ein Zeichen der Hoffnung: Sie übernahmen das Schmücken des Osterbrunnens – sonst eigentlich Aufgabe der Landfrauen, zu denen viele aber zur Risikogruppe gehören – und verzierten ihn mit der Botschaft: „Haltet durch“.

Wenn die Pandemie dereinst überwunden ist, kann wieder gemeinsam gefeiert werden. Was Hausen diesbezüglich aber fehlt, muss auch der Bürgermeister zugeben, ist ein Platz innerorts, auf dem beispielsweise eine große Kerwa stattfinden kann. Allerdings, so Ruppert, wäre so etwas in Zukunft durchaus trotzdem denk- und machbar: Würde man die Hauptstraße für eine Kirchweih sperren, könnte dort rund um den Greifenhof gefeiert werden – „drüben in Baiersdorf ist das ja auch möglich“.

Die Zukunft

Wenn wir schon in eine schönere Zukunft schauen, muss der Blick auf ein weiteres Zentrum fallen. Es liegt am westlichen Ortsrand: das „Gemeindezentrum“ samt Rathaus und Mehrzweckhalle. Die Randlage hat auch ihr Gutes, denn eigentlich findet kein Häusner den in die Jahre gekommenen Zweckbau-Brocken ansehnlich. Seine grundlegende Sanierung, der Um- oder Teilneubau ist wiederum das Mammutprojekt, das die Gemeinde noch zu schultern hat.

Die Mitte

Wo liegt nun die Mitte Hausens? Im Vereins- und Kulturleben? Den Höfen und ihren Läden? Den zwei Bäcker- und Konditoreien, den zwei Metzgereien, den Baumschulen oder Gärtnereien, die seit Jahrzehnten bestehen? Beim Lebensmittelhändler, Friseur oder der Bank um die Ecke? Den Arztpraxen, Zahnärzten, Apotheken? In den vier Kindergärten und der gerade im Bau befindlichen Kita in Wimmelbach? In der Grundschule, die bald zur offenen Ganztagsschule ausgebaut wird? In der Kirche St. Wolfgang oder in St. Laurentius in Wimmelbach? Oder zur Sommerzeit am großen Wasserrad in der Regnitz?

Die Antwort: Hausen hat viele kleine Dorfmittelpunkte. Oder, wie der Bürgermeister es formuliert: „Hier habe ich alles, was ich brauche, vor der Haustüre.“ Das überfällige Wortspiel vom Zuhause in Hausen sparen wir uns. Passen würde es trotzdem.

PHILIPP ROTHENBACHER

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