Mostviel: In die Mühle kehrt die Kunst zurück

13.5.2019, 08:00 Uhr
Jeder Raum eine neue Erfahrung: Zehn Studierende der Akademie der Bildenden Künste haben der Kunstmühle in Mostviel die Kunst zurückgegeben.

© Rolf Riedel Jeder Raum eine neue Erfahrung: Zehn Studierende der Akademie der Bildenden Künste haben der Kunstmühle in Mostviel die Kunst zurückgegeben.

Unter Leitung ihrer Gastprofessorin Ellen Blumenstein haben sie die Räumlichkeiten dazu genutzt, ein ganz besonderes Ausstellungsprojekt zu implementieren.

Blumenstein, die aus Hamburg kommt und sich dort für Kunst und Kultur in der Hafen-City verantwortlich zeichnet, war unter anderem 20 Jahre international im Bereich zeitgenössischer Kunst tätig – im Team der „documenta X“ in Kassel und des „MoMA PS 1“ in New York. 2010 gründete sie den Veranstaltungsort Salon Populaire in Berlin, der sich innerhalb kürzester Zeit zu einem zentralen Diskussionsort für Fragen der Gegenwartskunst und -architektur entwickelte.

Zusammen mit Patricia Leon Torres, Joachim Leon-Torres, Marcus Frimel, Larissa Hanselka, Linda Werner, Linda Wagner, Theresa Elter, Valerie Stuflesser, Gloria Sogl und Philipp Selig bilden sie die „Kohorte Blumenstein“ und haben dort die „Super- maschine“ etabliert. Gerade die ehemalige Kunstmühle eignet sich für das Projekt – denn sie stellt den Bezug auch nach außen dar. Auf Vermittlung von Claudia Wirth, die ebenfalls an der AdBK studiert hat, kam der Kontakt zu Siegfried Senfft zustande, der nur allzu gerne die derzeit leer stehenden Räume dafür zur Verfügung stellte.

Mit dem Titel „Supermaschine“ möchten die Studierenden einen direkten Bezug zum Ort der Gruppenschau herstellen. Aus der Mühle wurde das fiktive Mühlendorf, dessen Struktur sich in einem eigenen Hierarchiegefüge mit entsprechenden Spielregeln materialisiert. Stellvertretend für die Dorfbewohner stehen die zehn Bewohner, die durch eine Maschinenmetapher (Sozial-Krieg-Liebe) verbunden sind.

Einzelne Ausstellungsräume werden so zu Wirkungsstätten – wie eine Autowerkstatt oder der Büroraum des Katasteramtes, der den Zugang symbolisiert. Die einzelnen Bestandteile der Supermaschine greifen dabei wie selbstverständlich ineinander, verlaufen mal ins Leere oder torpedieren sich gegenseitig.

Hierbei werden verschiedene Fragen aufgeworfen, die den Unterschied zwischen Maschine und Werkzeug ermitteln sollen, die Beschaffenheit von Kriegsmaschinen spürbar machen und aufzeigen, dass auch ein Dorf eine Maschine sein kann. Angeleitet von einem Dorfbewohner-Quartett, in dem jede Bewohnerin oder -bewohner vorgestellt wird, machen sich die Besucher auf den Weg durch das Mühlendorf und geraten so unversehens selbst in den Mechanismus der Supermaschine.

Eine echte Bereicherung

Sie lernen Gertrud (65), die Mühlenbesitzerin, oder Agatha (56), eine Bibliothekarin kennen, treffen auf den transsexuellen Alex (14) oder die Kleinunternehmerin Lise (31), die ein kleines „Tante Emma“-Lädchen betreibt. Auch der im Jugoslawienkrieg verwundete Künstler Ludwig (53) läuft ihnen über den Weg und sie erleben wie der serbische Schausteller Miroslaw (38) mit seinen Fahrgeschäften durch Europa zieht. Der Flurmeister Hans-Peter (28) ist der Liebling der Dorfgemeinschaft, während Jenny (22), die Mechatronikerin ihr Hobby zum Beruf gemacht hat und Harald (40) der Handwerker wegen seiner vielen Fähigkeiten überall gebraucht wird.

Wer sich entspannen möchte, gibt sich in die Hände von Yogalehrer Julian (37), der ein eigenes Studio in der Mühle hat. Seine Tantra-Praktiken, die er im indischen Ashram erlernt hat, finden viel Resonanz im Dorf. Die Blumenstein-Kohorte, unzweifelhaft eine künstlerische Bereicherung des Ortes, kann man bis zum 2. Juni 2019 noch erleben.

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