Gefängnisstrafe

Nasenbein gebrochen, gewürgt und Auto zerstört: Mann belästigt Ex-Freundin über Monate

29.10.2021, 12:25 Uhr
„Hätte ich das früher gewusst, ich hätte Dich wie die Kampusch im Keller weggesperrt.“ Der Ex-Freund einer Frau belästigt und bedroht im Minutentakt.

© Horst Linke, NN „Hätte ich das früher gewusst, ich hätte Dich wie die Kampusch im Keller weggesperrt.“ Der Ex-Freund einer Frau belästigt und bedroht im Minutentakt.

Das Smartphone klingelt und klingelt. Alleine in den Wochen vor dem Gerichtstermin im Mai 2021 sind es mehr als 130 Anrufe, 42 E-Mails, sowie einige Telegram-Nachrichten und sage und schreibe fast 4.000 SMS. Sie kommen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dabei hat Ricarda, deren wirklichen Namen wir nicht preisgeben wollen, schon mehrfach die Rufnummer gewechselt und diese streng geheim gehalten. Erst erblickt sie eine ihr bekannte Nummer, dann wird mit unterdrückter Anzeige angerufen, schließlich ist es ein Mobiltelefon, das sie nicht zuordnen kann. Immer aber ist es derselbe Nervtöter.

Telefondaten illegal besorgt?

Am anderen Ende der Leitung sitzt Ricardas ehemaliger Lebensgefährte. Er hat eine Zeitlang als Servicetechniker für ein Telekommunikations-Unternehmen gearbeitet. Das könnte erklären, wie er immer wieder an die nicht öffentlichen Kontaktdaten gekommen ist. Denn Ricarda lebt nach einigen Zwischenstationen an einem unbekannten Ort. Doch auch dort hat er sie aufgespürt.

Dabei darf er nach zwei Beschlüssen der Familienrichterin Antje Raschka vom August 2020 und März 2021 seine frühere Partnerin weder anrufen, noch ihr schreiben, und schon gar nicht sie aufsuchen. Er darf auch niemanden dazu bringen, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. All das regelt das Gewaltschutzgesetz. Nur rettet es Ricarda nicht vor weiteren Nachstellungen.

Vor dem Amtsgericht Forchheim musste er sich vor fünf Monaten wegen genau solcher Belästigungen verantworten. Aber auch wegen einer Körperverletzung und einer Sachbeschädigung. Strafrichterin Silke Schneider fand, dass er eine zehnmonatige Haftstrafe bräuchte – ohne Bewährung. Ähnlich sah es nun auch Strafrichterin Susanne Reiß am Amtsgericht Bamberg, die sechs Monate Gefängnis hinzufügte.

Ex-Freund sitzt bereits hinter Gittern

Dort wurde gegen den Stalker verhandelt, weil er derzeit in der JVA Bamberg einsitzt. Erst seitdem er hinter Gittern ist, hat Ricarda ihre Ruhe. „Es ist beispiellos, dass Sie in Forchheim gerade verurteilt wurden und nur Minuten danach wieder genau dieselben Straftaten begehen“, so Richterin Reiß.

Bei dem monatelangen Psychoterror geht es dem Angeklagten angeblich nur um den Umgang mit der gemeinsamen dreijährigen Tochter. Der müsste eigentlich über das Jugendamt laufen. Dann könnte er die Kleine unter Aufsicht eines Mitarbeiters der Behörde treffen. Doch daran hatte der mehrfach Vorbestrafte in der Vergangenheit keinerlei Interesse. Auch Unterhalt zahlt er nicht.

Als Kinderschänderin beschimpft

Stattdessen sucht er die Schuld bei Ricarda, der er in einer seiner E-Mails vorwirft eine „Kinderschänderin“ zu sein, für die man die Todesstrafe wieder einführen solle. Dann droht er ihr, sie gehöre öffentlich hingerichtet. Die bei der Polizei Forchheim für häusliche Gewalt zuständige Beamtin berichtete von einem weiteren Schreiben. Darin heißt es: „Hätte ich das früher gewusst, ich hätte Dich wie die Kampusch im Keller weggesperrt.“ Damit meinte er Natascha Kampusch, die als Kind entführt und acht Jahre lang in einem Wiener Keller in der Gewalt eines arbeitslosen Nachrichtentechnikers festgehalten worden war.

Nach all dem ist Ricarda mit den Nerven völlig am Ende. Sie hat furchtbare Angst. Wann immer sie das Haus verlässt, späht sie hinaus, ob er nicht vielleicht doch wieder auftaucht. Deshalb, und nur um ihr eine weitere traumatisierende Aussage zu ersparen, ließ sich Staatsanwalt Dr. Johannes Bartsch auf ein Rechtsgespräch mit Verteidiger Helmut Streit aus Forchheim ein.

Ein Deal im Gericht

Der Deal: Der Angeklagte gesteht. Das Opfer wird geschont. Dafür war klar, dass nicht mehr als acht Monate Haft herauskommen würden. „Eine Bewährung kommt unter keinen Umständen in Frage,“ so Strafrichterin Reiß. Schließlich kann der Angeklagte auf eine zweifelhafte Karriere als Schläger und Drogenhändler im großen Stil zurückblicken. Das Ergebnis: Ein halbes Jahr Gefängnis.

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