Neue Erkenntnisse über Pläne zu Nazi-Autobahn durch die Fränkische Schweiz

20.6.2019, 06:00 Uhr
Neue Erkenntnisse über Pläne zu Nazi-Autobahn durch die Fränkische Schweiz

© Foto: Ralf Münch

Herbert Popp ist erleichtert. "Ein Projekt, das glücklicherweise nie realisiert wurde", sagt der frühere Professor an der Universität Bayreuth. Er hat neue Fakten zur 1934 geplanten Autobahn durch die Fränkische Schweiz von Bayreuth nach Forchheim erforscht. Wäre die Trasse gebaut worden, hätte das dem Tourismus vermutlich massiv geschadet.

In den Archiven fand der 72-jährige Geograf keine genaue Kartenskizze, doch er konnte den geplanten Verlauf aufgrund von damaligen Beschreibungen und Zeitungsartikeln einigermaßen rekonstruieren. Das Bayreuther Tagblatt hatte am 5. Juli 1934 einen ganzseitigen Bericht veröffentlicht, Überschrift: "Reichsautobahn durchquert die Fränkische Schweiz".

Gravierende Beeinträchtigungen

Die Fernstraße hätte aus heutiger Sicht eine gravierende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Qualität der Fränkischen Schweiz als Tourismusregion bedeutet, fasst Popp seine Forschungen zusammen. Die einschneidendsten Veränderungen hätte es im Raum Pottenstein-Gößweinstein gegeben. Die Autobahn wäre jeweils bis auf wenige Hundert Meter an beiden Orten vorbeigeführt worden.

"Außerhalb von Pottenstein, auf dem Weg nach Tüchersfeld, überschreitet die Reichsautobahn auf einer 300 Meter langen und 80 Meter hohen Brücke [...]die Püttlach, wobei sie den Fahrer einen prachtvollen Blick auf Stadt und Burg Pottenstein tun lässt", hieß es im Bayreuther Tagblatt überschwänglich.

"Eingeheuerliche Eingriffe in das Landschaftsbild"

Für Popp bedeuten die Pläne "ungeheuerliche Eingriffe in das Landschaftsbild und den Charakter der Fränkischen Schweiz". Die Autobahn sollte demnach in nur 600 Meter Entfernung von Gößweinstein verlaufen. Eine direkte Sichtverbindung der Autofahrer mit der Basilika hätte eine vollständige Dominanz des Ortes durch die Autobahn bedeutet. "Dies wäre aus unserer heutigen Sicht eine Katastrophe für Gößweinstein", folgert Popp. Die Gemeinde hätte sich den Urlaubern nicht mehr als Wanderparadies anbieten können, denn stinkende und lärmende Autolawinen wären nahe der Basilika vorbeigerauscht.

Noch gravierender wären die Pläne für Pottenstein ausgefallen, skizziert Popp. Nicht nur, dass eine riesige Brücke über eines der reizvollsten Täler, das Püttlachtal, vorgesehen war. Die Überquerung des Flusses sollte auch so nahe am Altstadtkern und der Burg verlaufen, dass die Entfernung nur 600 Meter betragen hätte.

Die Trasse sollte weiter zur Hohenmirsberger Platte (615 Meter) führen, die wegen ihrer umfassenden Rundsicht bekannt war, um dann den Lindenhardter Forst bei Muthmannsreuth zu erreichen, schrieb das Tagblatt. Der Pottensteiner Höhlenforscher und spätere SS-Standartenführer Hans Brand sollte "in nicht allzu ferner Zeit" auf der Platte einen repräsentativen Adolf-Hitler-Turm entstehen lassen, der jedoch ebenfalls nicht gebaut wurde.

Nach den Zeitungsangaben sollte die Autobahn weiter zwischen Gosen und Haag verlaufen, dann vorbei an Unternschreez und Thiergarten führen, um Oberkonnersreuth zu erreichen. Von Muthmannsreuth bis Oberkonnersreuth ist der Verlauf der geplanten Trasse bis auf wenige Ausnahmen identisch mit der heute existierenden Autobahn 9 nach Nürnberg. Popp vermutet, dass bei Oberkonnersreuth eine Abzweigung für die Fränkische-Schweiz-Autobahn gebaut werden sollte.

Viel Hektik und mit Vehemenz

Das Vorhaben sei 1934 wenige Monate "als Planungsmaßnahme angedacht gewesen" und dann verworfen worden, berichtet der emeritierte Professor. Die Änderung des Trassenverlaufs zugunsten einer Strecke über Nürnberg nach München lag laut Popp an verkehrspolitischen Gründen der Erreichbarkeit.

Der Bau einer Fränkische-Schweiz-Autobahn sei nur ein kurzes Intermezzo gewesen, resümiert Popp und erklärt: "Dem Ferien- und Naherholungsraum ist viel Schaden erspart geblieben."

Auch wenn die Autobahnpläne in ihren Grundzügen bereits vor 1933 entstanden sind, seien es doch die Nazis gewesen, die mit Vehemenz und viel Hektik den Bau eines deutschlandweiten Autobahnnetzes betrieben. Jegliche Art von Einsprüchen oder Bedenken gegen geplante Trassenführungen seien abgewiesen worden, sagt Popp. Im Klartext: Die Nazis hätten auch die Fränkische-Schweiz-Autobahn mit aller Gewalt durchgesetzt.

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