Weil Hallenbäder fehlen

Philipp Nützel von der Wasserwacht Ebermannstadt: "Kinder ertrinken lautlos binnen Sekunden"

18.2.2020, 04:20 Uhr
Für die Wasserwacht ist klar: Eltern nehmen sich zu wenig Zeit, um mit ihren Kindern das Schwimmen zu üben. Gleichzeitig fehlt es an ausreichend Hallenbädern in der Region.

© Philipp Nützel/Wasserwacht Ebermannstadt Für die Wasserwacht ist klar: Eltern nehmen sich zu wenig Zeit, um mit ihren Kindern das Schwimmen zu üben. Gleichzeitig fehlt es an ausreichend Hallenbädern in der Region.

Herr Nützel, warum können immer weniger Kinder schwimmen?

Der Wunsch der Eltern ist schon da, dass ihr Kind schwimmen kann. Gleichzeitig stellen wir aber fest, dass immer weniger Eltern sich die Zeit nehmen. Sie melden ihr Kind im Schwimmkurs an, üben ansonsten aber zu wenig mit ihrem Kind. Das hat auch damit zu tun, dass die Eltern immer weniger Zeit haben, in der Freizeit zum Schwimmen zu gehen.

Gibt es ausreichend Möglichkeiten im Landkreis, das Schwimmen zu üben?

Philipp Nützel von der Wasserwacht Ebermannstadt:

© Foto: Mona Kemmerth

Schwierig ist es besonders im Winterhalbjahr. Das Königsbad in Forchheim ist das einzige Hallenbad im Landkreis, dass täglich geöffnet hat. In Gräfenberg oder Ebermannstadt sind die Bäder nur an wenigen Tagen und für wenige Stunden für die Öffentlichkeit offen. Das und die Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder zum Schwimmen zu aktivieren, muss sich ändern.


Lebensgefährlicher Trend: Immer mehr Hallenbäder in der Fränkischen Schweiz schließen.


Reicht es denn nicht aus, wenn das Kind im Schulunterricht das Schwimmen lernt?

Auf gar keinen Fall. Viele Grundschulen starten mit dem Unterricht erst ab der dritten Klasse und setzen bereits Schwimmkenntnisse voraus. Im Unterricht geht es eher darum, den Schwimmstil zu verbessern. 25 Prozent der Grundschulen in Bayern haben keinen Zugang zu einem Hallenbad oder lange Anfahrtswege.

Warum lässt sich das Schwimmen nicht im Schulunterricht lernen?

Die wenigen Doppelstunden dafür reichen einfach nicht aus, zumal das im großen Klassenverbund schwierig ist.

Ab wann sollten Kinder die ersten Bahnen ziehen?

Wir empfehlen Kurse ab sechs Jahren. Manche Teilnehmer schaffen danach das Seepferdchen. Das ist ein Abzeichen, dass garantiert, dass sie die Grundlagen des Schwimmens beherrschen. Eine Sicherheit für alle Gefahrensituationen ist das aber noch nicht. Wichtig ist, dass Eltern vor, zwischen und nach den Kurseinheiten mit ihren Kindern regelmäßig üben.

Wer bietet Kurse im Landkreis an?

Kurse bieten private Anbieter oder wir als Wasserwacht an. Unsere Kurse sind meist auf ein halbes Jahr hinaus ausgebucht. Mehrere können wir, weil wir es ehrenamtlich stemmen, nicht anbieten. Selbst wenn wir es wollten.

Wie gefährlich lebt ein Nichtschwimmerkind?

Sehr gefährlich, weil Kinder meist nicht schreiend, sondern leise ertrinken und das binnen Sekunden. Wenn sie im Wasser in Panik geraten, schaffen sie es auch nicht, sich an den Beckenrand zu retten, mag er noch so nahe sein.

Sind Schwimmflügel oder Luftmatratzen eine Hilfe?

Gefährlich ist das Vertrauen auf Schwimmhilfen, vor allem auf solche, die mit Luft gefüllt sind. Geht ihnen die Luft aus oder sind mit zu wenig gefüllt, wird es schnell gefährlich.

Wie versuchen Sie als Wasserwacht auf das Thema aufmerksam zu machen?

Dieses Jahr nehmen die Wasserwacht Ebermannstadt zusammen mit den Kollegen in Neunkirchen am bayernweiten Projekt "Bayern schwimmt" teil, vom 13. bis zum 17. Juli. Alle Viertklässler gehen eine Woche täglich schwimmen und können sich so rechtzeitig vor dem Badespaß in den Sommerferien das Bronzezeichen holen. Für dieses Abzeichen müssen sie 200 Meter in unter 15 Minuten schwimmen können.

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