Rätselraten um Forchheims "neue" Pfalzgrabenmauer

12.9.2018, 19:18 Uhr
Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass hier etwas nicht stimmt: Das hellere Stück "Mauer" ist gar kein Sandstein, sondern besteht aus Styroporplatten.

© Ralf Rödel Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass hier etwas nicht stimmt: Das hellere Stück "Mauer" ist gar kein Sandstein, sondern besteht aus Styroporplatten.

An der Stelle, wo mutmaßlich ein Lkw im letzten Winter ein großes Loch in die Sandsteinmauer am Pfalzgraben gerissen hat, ist seit Donnerstagabend ein Provisorium eingelassen, das beinahe wie angegossen sitzt. Mehr noch: Die Styroporplatten, aus denen das vermeintliche Mauerstück besteht, sind zur Stadtseite hin sogar noch eingefärbt und mit Linien versehen, die Fugen nachahmen sollen, so dass der unbefangene Betrachter meinen könnte, tatsächlich ein Stück Mauer vor sich zu haben.

Doch Vorsicht: Wer glaubt sich dagegen lehnen zu können, fällt mehrere Meter tief in den Pfalzgraben. Deswegen steht nach wie vor ein Absperrgitter vor der Installation, damit erst gar niemand auf die Idee kommt, die Standfestigkeit des „Mauerstücks“ auszuprobieren. Zumal der warnende Text, der auf einem aufgeschraubten Schild zu lesen ist, nicht sofort ins Auge fällt.

Lorenz Deutsch, künstlerischer Leiter des Jungen Theaters Forchheim und einer der Hauptorganisatoren des ZirkArt-Festivals vom vergangenen Wochenende, ist in Sachen Styropormauer a) unschuldig und b) unwissend: „Das muss am letzten Donnerstagabend zwischen 19 und 21 Uhr angebracht worden sein“, glaubt er.

Denn in dieser Zeit hatte Deutsch eine letzte Besprechung mit den Parkour-Künstlern „Flying Flakes“ in der Pfalz. Das sind diejenigen jungen Leute, die von Mauern herunter, über Mauern drüber, aber auch Mauern hinauf springen.

Während ZirkArt fielen sie durch derlei Kunststücke auch im Pfalzgraben auf. Deutsch: „Als wir unsere Begehung gemacht haben, meinten die Flying Flakes zu dem Loch in der Mauer, es sei genau in der Höhe, die sie von unten schaffen können.“ Nach der Besprechung allerdings „waren sie richtig geschockt, weil das Loch plötzlich geschlossen zu sein schien.“

Letztlich wurde die Attrappe dann zum Zwecke des Springens nur leicht zur Seite geschoben. Der Leiter des Ordnungsamtes, Klaus Backer (aktuell im Urlaub), postete ein Foto von dem geheimnisvollen Objekt noch am Donnerstagabend um 22.02 Uhr auf seiner Facebook-Seite und schrieb dazu: „Heinzelmännchen unterwegs.“ Aufklärung? Fehlanzeige.

Der Begleittext auf dem gelben Schild trägt auch nicht zur Lösung des Rätsels bei (Fettung vom Original übernommen): „Egal aus welcher sozialen Schicht, egal welcher Herkunft oder welcher Partei... Wenn Forchheim Hilfe benötigt, müssen wir alle an einem Strang ziehen! Die einzige Mauer, die ein Loch oder Risse haben sollte, ist die Mauer, die jeder um sich herum aufgebaut hat!  Forchheimer für Forchheim! PS: Das Mauerstück ist aus Styropor.“

Die städtische Bauverwaltung weiß zwar nichts über den Urheber, findet laut Pressestelle aber, es sei „eine goldige Idee.“ Man könne es „Aktionskunst nennen“. Wer auch immer dafür verantwortlich ist: Er oder sie hat sich sehr viel Mühe gegeben. Nicht nur, dass genau die Lücke ausgefüllt wird. Auch die Mauerkrone ist im Winkel exakt nachgebildet. Der/die Baumeister/in hat auf alle Fälle zunächst viel Zeit mit Messen verbracht, dann etliche Stunden mit dem Bau. Schließlich wurde zur Montage ein Zeitpunkt gewählt, zu dem ohnehin für ZirkArt jede Menge Helfer und sonstige Monteure auf der Straße unterwegs waren. Ein Geniestreich.

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