Rückblick: Dörfer im Kreis Forchheim mit neuem Charakter

29.12.2018, 11:31 Uhr
Rückblick: Dörfer im Kreis Forchheim mit neuem Charakter

© Ralf Rödel

Meine Tante hieß zwar nicht Emma, trotzdem hatte ich eine solche über meine Kindheit hinweg immerzu an meiner Seite. Mit ein paar Mark und später Euro in der Hand, musste ich nur wenige Minuten laufen, um mir von meinem Taschengeld was zum Naschen kaufen zu können.

Doch das gehört der Vergangenheit an. Der Markt ist mittlerweile verschwunden, ein neuer, viel größerer, ist seit einem Jahr am Ortsrand hinzugekommen. Unsere Dörfer wandeln sich und müssen es auch, weil sich unsere Gesellschaft wandelt. Nicht nur in Weilersbach, wie im beschriebenen Fall, sondern auch überall sonst, diskutierten die Menschen, wie es für ihr Dorf weitergeht.

Große Konkurrenz an den Dorfrändern

In Gesprächen mit alteingesessenen Bäckern, Metzgern und Ladenbesitzern höre ich zwar keine Klagen, aber immer wieder die Angst heraus, dass am Ende mit der großen Konkurrenz an den Dorfrändern nicht mehr genug vom Kuchen übrig bleibt, um davon leben zu können. Mancher steht vor der Überlegung, ob es 2019 überhaupt weitergeht. Insofern betrachte ich diesen Wandel, den wir alle selbst mitgestalten, mit Sorge. Denn wo einmal der kleine Laden zumacht, kommt so schnell kein neuer mehr. Und die Entwicklung hin zu großen Märkten — oftmals auf der vormals grünen Wiese gelegen — beschleunigt sich. Bleibt am Ende der leere Innenort zurück?

Rückblick: Dörfer im Kreis Forchheim mit neuem Charakter

© Ralf Rödel

Hellhörig gemacht hat mich deshalb die Interessengemeinschaft in Pautzfeld. Rund 600 Unterschriften haben sie gesammelt, mit denen sie sich gegen ein geplantes Gewerbegebiet mit Super- und Getränkemarkt ausgesprochen haben. Begründet haben sie das mit dem Eingriff in die Natur und weil die Bevölkerung mit den bestehenden Einkaufsmärkten in der Umgebung bereits überversorgt sei.

Obertrubach gelang ein Kraftakt

In Obertrubach war es ein Kraftakt und nur mit viel Unterstützung aus der Bürgerschaft möglich, nach Jahren wieder eine bereits verloren geglaubte Einkaufsmöglichkeit in der Dorfmitte wiederzubeleben. Im Sommer öffnete der Dorfladen, Bürger beteiligten sich mit 250-Euro-Anteilen an dem Vorhaben. Bei der Gründung der Dorfladen-Gesellschaft wollten 150 Besucher sich über das Vorhaben informieren.

Ebermannstadt hat sich nach Jahren der Diskussion entschieden, zwei Einkaufsmärkte direkt an die Innenstadt anzuschließen, verbunden mit der Hoffnung, sie damit auch ein Stück weit zu beleben. Alte Läden in der Innenstadt verschwanden zwar 2018, neue kamen aber auch hinzu. Online-Handel Hin oder Her.

Spannung bei Baugebieten

Doch das Einkaufen im Dorf, in der Kleinstadt, ist nur ein Aspekt des Lebens im ländlichen Raum. Immer wieder wird klar: Es braucht Menschen, die für die Dorfgemeinschaft anpacken, etwas bewegen. Doch es werden in vielen Vereinen immer weniger. Ob es der Schützen- und Heimatverein Affalterthal ist, der sich im ablaufenden Jahr um seine Zukunft sorgte, der Gesangverein Weilersbach oder diverse Kegelvereine im Landkreis: Auch hier wandelt sich das Leben. Freilich, manche Traditionen überholen sich oder es entstehen neue.

Während mancher Verein in mancher Gemeinde schrumpft, ist das Gesamtergebnis dennoch positiv: Viele Landgemeinden wachsen im Hinblick auf ihre Bevölkerungszahl oder bleiben zumindest stabil. Möglich macht das auch der Druck auf den Wohnungsmarkt in den Städten, der bis in die Dörfer hinein zu spüren ist und dort neue Spannungen hervorruft.

Vorsichtig mit Flächen umgehen

Auch Pretzfeld spürt den Druck. Das habe ich bei einem Besuch des Landrates im Sommer, bei dem ich einen halben Tag lang mit durch die Ortsteile des Marktes gereist bin, erfahren. Doch die Gemeinde lässt sich nicht treiben, geht mit den vorhandenen Flächen vorsichtig um. Auch wenn es leichter ist, am Ortsrand große Baugebiete auszuweisen, setzt die Gemeinde — sofern es geht — auf die Innenorte und will den Ur-Charakter fränkischer Dörfer schützen. Überzeugt von der Überzeugung der Politik vor Ort, habe ich das deshalb mit "Vorbild Pretzfeld" kommentiert.

Auch Eggolsheims Bürgermeister Claus Schwarzmann betont oft: "Innen- vor Außenentwicklung". Ich glaube wirklich, dass das eine nachhaltige Entwicklung ist. Damit alleine lässt sich das Leben im Innenort freilich nicht aufrechterhalten, trägt aber dazu bei, wie auch die vielen Dorferneuerungen.

Neben Eggolsheim ist es Streitberg — wie andere Gemeinden — die 2018 besonders viel gestemmt haben. Sie erstrahlen im neuen Glanz. Eine Wirkung, die nicht zu unterschätzen ist. Ein schön angelegter Platz, Blumenschmuck, saubere Wege — all das sendet positive Signale.

Café im Kirchehrenbacher Bahnhof

Und selbst wenn es scheinbar "nur" ein Café ist, das 2018 geplant hat, in den Bahnhof Kirchehrenbach einziehen und es 2019 tatsächlich tut. Es sind Beispiele für die vielen kleinen Mosaiksteinchen, die das Leben auf dem Land bereichern und es zukunftsfähig gestalten.

In Hausen ist das geplante Baugebiet "Am Wöhrgarten" umstritten, eine Interessengemeinschaft will dort einen Bürgerentscheid auf den Weg bringen. In Wiesenthau landete man bei der Suche nach den gefragten Baugrundstücken im "Binzig", einem Gebiet unterhalb des Schlosses. Und auch dieser Standort hat für Kritik gesorgt — Bürger sorgen sich um den noch freien Blick aufs Schloss.

Hoffnungsfroh ins neue Jahr

Auch hier zeigt sich: Das Bild unserer Dörfer wandelt sich und es sind die Bürger, die es beeinflussen können. Wohl auch deshalb haben sich viele Menschen im vergangenen Jahr in die Diskussionen in den Gemeinden eingeschaltet.

Sie zeigen, dass sie mitgestalten, mitreden wollen. Wer sich konstruktiv einbringt, bereichert das Leben im Ort und zeigt, dass ihm etwas an seiner Gemeinde liegt. Ein gutes Zeichen und eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eines Dorfes. Dieses Engagement stimmt, trotz aller Fragezeichen und Schwierigkeiten, die auf dem künftigen Weg liegen mögen, für das kommende Jahr hoffnungsfroh. Denn es beweist: Die Zukunft haben wir alle selbst in der Hand.

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