Rückblick: Forchheim entdeckt Tourismus als Wirtschaftsfaktor

30.12.2018, 14:10 Uhr
Rückblick: Forchheim entdeckt Tourismus als Wirtschaftsfaktor

© Irene Lenk

Die Redaktion der Nordbayerischen Nachrichten sollte eine Station meiner zweijährigen Ausbildung zur Redakteurin bei den Nürnberger Nachrichten sein: sechs Monate in Forchheim, und zwar im Sommer, wenn die fünfte Jahreszeit beginnt – wenn das Annafest stattfindet. Schließlich kann die Redaktion Unterstützung gut gebrauchen, wenn es im Kellerwald hoch hergeht – und das tut es, wenn bis zu eine halbe Million Menschen elf Tage lang alladooch feiern.

Das Annafest war (bis auf den Adventskalender am Weihnachtsmarkt) auch schon fast alles, was ich vorher von Forchheim kannte – und auch das nur vom Hörensagen. Denn als Nürnbergerin hatte es mich noch nie auf das Annafest verschlagen, Volksfest und Bergkirchweih lagen einfach näher, geographisch und gedanklich.

Als Tor zur Fränkischen Schweiz musste Forchheim doch aber ganz idyllisch liegen, dachte ich mir, da ich in die Nähe von Pottenstein und Gößweinstein schon einige Ausflüge unternommen und dort herrliche Sommertage verbracht hatte.

Gemütlich bummeln

Der erste Eindruck: Die Altstadt kann mit malerischen Fachwerkhäusern sowie kleinen Cafés und Geschäften punkten, sodass es sich gemütlich durch die Straßen bummeln lässt. Laden-Leerstand und die Parksituation sind Themen, die einige Forchheimer seit Jahren verärgern – das merkte ich bald, als ich mit Inhabern von Läden und Cafés sowie Bürgern ins Gespräch kam.

NN-Redakteurin Lea-Verena Meingast.

NN-Redakteurin Lea-Verena Meingast. © Roland Huber

Doch es soll viel Schwung hineinkommen: Citymanagerin Elena Büttner ist seit April im Amt und will einiges verändern, auch den Leerstand bekämpfen und die Innenstadt insgesamt aufwerten. Erst Ende 2017 hatte der Stadtrat das Tourismus-Konzept gebilligt, das unter der Leitung von Nico Cieslar, Leiter der Tourist-Information, erarbeitet wurde sowie Forchheims Stärken und Schwächen auf 60 Seiten auflistet.

Die Themen Kulinarik und Bier sollen demnach stärker bespielt werden. Dazu soll auch der im Oktober eingeweihte "Walk of Beer" beitragen und noch mehr genussfreudige Touristen anlocken als die 10.000 Tagestouristen, die bislang jährlich in die Stadt pilgern.

Genuss ist ein gutes Stichwort. Da ich selbst nicht gerade passionierte Massheberin bin – leichte Untertreibung – muss ich sagen: Forchheim kann und muss ja auch nicht nur mit Bier punkten. Säfte, Gebäck, Schnäpse, Wild, Obst und Kren: Im Juni 2019 wird das wohl auch das erste Festival der Genüsse im Innenhof der Kaiserpfalz unter Beweis stellen.

"Der Tourismus ist ein schlummernder Wirtschaftsfaktor, der langsam geweckt wird", sagte jüngst Wirtschaftsförderer Viktor Naumann. Als Geheimtipp und fränkische Perle soll Forchheim zukünftig vermarktet werden. Zu diesem Aufwachen und Entdecken könnte auch das Lichtkonzept beitragen, nach dem die historische Altstadt ins rechte Licht gerückt und mit Akzenten für atmosphärische Beleuchtung gesorgt werden könnte. Die Idee dazu wurde jüngst im Planungs- und Umweltausschusses vorgestellt.

Die Stadt wirbt mit "jedes Eckla liebenswert fränkisch", auf Instagram setzen Hobbyfotografen die malerischen Eckla in Szene. Bis jetzt wurden knapp 50.000 Beiträge mit dem Hashtag #forchheim versehen. Beim Fotowettbewerb ForchheimShots wählte die Jury aus 3200 Einsendungen die besten drei Bilder aus. Die Siegerinnen: drei Frauen, keine einzige aus Forchheim. Manchmal zahlt sich der unvoreingenommene Blick von außen eben aus.

Ein Strohballen-Labyrinth

In so mancher Hinsicht erinnert mich Forchheim an meine Lieblingsserie "Gilmore Girls" aus den USA, die im beschaulichen Ort "Stars Hollow" in Connecticut spielt. Mutter Lorelai und Tochter Rory bummeln oft gemütlich durch die Stadt, besuchen als notorische Kaffee-Junkies die städtischen Cafés, den Buchladen oder einen Geschenkeshop und treffen dabei auf einige ulkige, aber liebenswerte Einwohner des Städtchens.

Mehr Touristen will der TV-Stadtrat Taylor Doose anlocken und lässt sich auch mal skurrile Feste und Anlässe einfallen, wie ein Strohballen-Labyrinth mitten in der Stadt, das Festival der lebenden Bilder, bei dem die Bürger bekannte Kunstwerke nachstellen, einen Strick-Marathon, um eine Brücke sanieren zu können, oder Nachstellungen historischer Stadt-Ereignisse samt Pleiten, Pech und Pannen – wie es sich für eine unterhaltsame Serie gehört.

Ähnlich erhitzt wie die "Town Meetings", die Bürgertreffen in "Stars Hollow", war zuletzt die Diskussion um das neue Forchheimer Altstadtfest und den Namen Mauerscheißer-Fest. Aber eine lebhafte Debatte ist ja etwas Gutes. Die Pannen der Serie lässt Forchheim bestimmt aus – und falls nicht, lesen Sie darüber natürlich in den Nordbayerischen Nachrichten. Auf geht es in ein spannendes Jahr 2019!

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