Sanierung des Forchheimer Rathauses: Ein optimistischer Blick nach vorn

27.12.2019, 06:00 Uhr
Sanierung des Forchheimer Rathauses: Ein optimistischer Blick nach vorn

© Archivfoto: Ralf Rödel

Mein Jahresrückblick beginnt mit einer Zeitreise in die Zukunft, sagen wir Dezember 2024. Seit dem Frühjahr ist das frisch sanierte Rathaus offiziell eingeweiht. Jetzt ist Weihnachtszeit und die NN kündigen ein Adventskonzert im 450 Plätze großen Rathaussaal an, unser freier Mitarbeiter Udo Güldner schreibt über die Lesung mit Tessa Korber, die im Magistratsbau stattgefunden hat und voll besetzt war mit 200 Zuhörern.

Ach, und auf www.nordbayern.de/forchheim.de veröffentlichen wir Fotos einer Hochzeit, die der Oberbürgermeister/die Oberbürgermeisterin im neuen Trauungszimmer vorgenommen hat. In der Tourist–Info im Erdgeschoss des Rathauses gibt es noch ein paar Lose für den schönsten Adventskalender am Rathaus.

Klingt doch ganz vielversprechend, oder?

Das Rathaus kann, wenn es denn mal fertig saniert ist, ein viel wertvollerer Schatz werden als es architektonisch schon seit Jahrhunderten ist. "Haus der Begegnung", der offizielle Titel, klingt für mich zu sehr nach einer Seniorentagesstätte und Kaffeekränzchen. Wobei Kaffeekränzchen, besser gesagt ein Kaffeehaus in diesem künftigen Rathaus fehlt, was ich sehr schade finde.

Lohnenswertes Ziel

Zurück zu dem, was das Rathaus einmal werden kann und soll: eine zentrale Anlaufstelle für Einheimische und Touristen, ein städtischer Mittelpunkt, der auch Kulturerlebnisse ermöglicht (idealerweise in Ergänzung zum Kolpingshaus als Kulturzentrum) und natürlich ein historisches Schmuckstück inklusive Adventskalender- und Engel-aus-dem-Fenster-schau-Funktion.

Das alles scheint nun auf den Weg gebracht worden zu sein und damit wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, um die Vergangenheit in die Geschichtsbücher/Akten und den dazugehörigen Schrank zu verbannen. Kompliziert genug war sie, diese Vergangenheit, womit wir beim Rückblick wären, denn bevor wir den Aktendeckel schließen wäre schon noch interessant zu wissen, warum diese Rathaus-Sanierung, die im September 2020 nun endgültig beginnen soll, so viele negative Schlagzeilen produziert hat.

Im Winter 2014, die Tragwerksuntersuchungen am Rathaus hatten begonnen, erklärte ein Fachmann den Mitgliedern des Planungsausschusses, dass ein paar Schönheitsreparaturen für das historische Gebäude wohl nicht ausreichen würden, sonst falle den Räten die Decke auf den Kopf. Die Stützbalken, die seit 2013 montiert seien, wären bereits überlastet. Eine Generalsanierung müsse her.

Lange war dieser Schritt hinausgezögert worden, weil alle zurecht befürchteten, das wird teuer.

Der damalige Oberbürgermeister Franz Stumpf weiß, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, er krempelt die Ärmel hoch und beginnt zu arbeiten. Seine Krankheit kommt ihm dazwischen, er tritt zurück und im April 2016 wird Uwe Kirschstein zum Oberbürgermeister gewählt.

Er übernimmt mit der Rathaus-Sanierung ein Mega-Projekt, das aber bereits am Laufen ist, Architekten, Restauratoren, Statiker sind beauftragt und am Werk. Dann geschieht etwas Entscheidendes: Im Juni 2016 gibt die Regierung von Oberfranken den Tipp, mal darüber nachzudenken, ob nach der Sanierung aus dem Rathaus unbedingt wieder ein Verwaltungssitz werden muss.

Uwe Kirschstein nimmt den Faden auf und beginnt, das Projekt zu hinterfragen. Wer hat eigentlich mit welcher Legitimation all den externen Experten, die gerade fleißig arbeiten und planen, gesagt, was sie zu tun haben? Und was ist das Ziel? Mit anderen Worten: "Ich habe die Frage gestellt, was mit dem Rathaus geschehen soll", sagt der OB.

Eine richtige und wichtige Frage. Aber was Uwe Kirschstein versäumt ist, die Experten und den Stadtrat sofort mit ins Boot zu nehmen. Teile der Verwaltung und der OB hirnen erst einmal alleine vor sich hin.

Dieses Versäumnis fliegt Uwe Kirschstein im April 2017 um die Ohren, als er in einer Sondersitzung mit den Stadträten das neue Nutzungskonzept beschließen will. Stattdessen watschen ihn die Räte parteiübergreifend ab und werfen ihm unter anderem vor, das Projekt zu verzögern und dadurch auch zu verteuern.

Zu viel Streitereien

Von da an übertönt beim Thema Rathaus-Sanierung tendenziell das Zwischenmenschliche die Faktenlage. Das führt bis zur Einsetzung eines Rechnungsprüfungsausschusses mit FDP-Rat und Architekt Sebastian Körber als investigativem Rechercheur.

Vor einigen Jahren hat einmal ein Praktikant nach vier Wochen in der NN-Redaktion in sein Abschluss-Protokoll geschrieben: "Es wurde viel gelacht. Gearbeitet wurde auch." Auf den Stadtrat umgemünzt würde ich sagen: "Es wurde viel gestritten. Gearbeitet wurde auch."

Am Ende war der ganze Lärm (Prüfen, Kritisieren, Zurechtweisen) nicht angenehm, in Teilen wahrscheinlich nötig und wichtig. "Ich hätte mir den Diskurs weniger emotional gewünscht", sagt der OB, aber er sagt auch, dass er mit der Erfahrung und dem Wissen von heute, die Sache damals als OB- und Großprojekt-Neuling anders angepackt hätte; "ich hätte die richtigen Fragen zur richtigen Zeit gestellt; ich hätte gleich nach meinem Amtsantritt dafür geworben, sich zusammenzusetzen und zu überlegen, was man mit dem Rathaus machen könnte." Uwe Kirschstein hat daraus gelernt, sagt er, andere teure Bauprojekte, etwa die Umgestaltung des Paradeplatzes, die Sanierung der Spitalkirche laufen harmonisch ab.

Und auch bei der Rathaus-Sanierung darf man eines nicht vergessen: Gearbeitet wurde auch. Verwaltung, OB und Stadtrat haben ihre Hausaufgaben gemacht. Das Nutzungskonzept steht, die Fördermittelgeber haben 85 Prozent Zuschüsse für das 20,3-Millionen-Euro-Projekt zugesichert (schriftlich, wie der OB versichert) und seit Oktober liegt die Baugenehmigung vor. Einmal im Monat wird Uwe Kirschstein den Stadtrat künftig über die weiteren Fortschritte informieren. Das klingt nach einem vernünftigen Weg und einem versöhnlichen Abschluss für 2019. In die Quere kommen kann nur noch der Kommunalwahlkampf 2020.

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