Schwager gegen Schwager: Angriff mit Messer und Säge

30.11.2020, 10:03 Uhr

Mehr als 20 Jahre schwelt der Konflikt zwischen den Männern schon. Der eine hat die Schwester des anderen geheiratet. Doch recht machen kann es Michael (Name geändert) seinem Schwager nie. Das liegt wohl in erster Linie daran, dass Michael ein handfestes Drogenproblem hat.

Auch wenn er das vor Gericht nicht zugeben will. Den Eindruck einer Suchtmittelabhängigkeit kann man allerdings gewinnen, wenn man sich die Vorstrafen betrachtet, die Michael in den letzten 25 Jahren zusammengetragen hat. Dabei hat er Gerichte in Nürnberg, Erlangen, Bamberg und Forchheim beschäftigt. Vor allem sind rund 80 Straftaten aus dem Bereich des Rauschgifthandels aktenkundig. Auch nicht geringe Mengen spielten eine Rolle und sogenannte "Falschware". Darunter falle Drogen-Imitate, die zwar nicht wirken, aber kosten.

Plötzlich Messer in der Hand

Hinzu kamen ein Verstoß gegen das Waffengesetz, der Besitz von verbotenen Gegenständen (unter die Klappmesser, Wurfsterne oder auch Schlagringe fallen) sowie zwei gefährliche Körperverletzungen. Doch nun zu dem blutigen Vorfall an einem Nachmittag Mitte Juni 2019: Da tauchte der ungeliebte Schwager bei Michael zu Hause auf. Der Besucher vermutete zurecht, dass Michael wieder einmal etwas von dem weißen Pulver geschnupft hat, das als Crystal Meth berüchtigt ist. In einer Urinprobe werden Rechtsmediziner später genau diese Substanz nachweisen. Doch Michael wollte nicht mit seinem Schwager diskutieren. Schon gar nicht über Drogen, das gehe den anderen nichts an. Die Stimmung war da schon aufgeladen.

Plötzlich, so hieß es in der Verhandlung, hatte Michael ein gelbes Cutter-Messer in der Hand, mit dem man normalerweise Pakete öffnet oder Teppiche zuschneidet. Mit der scharfen Klinge griff er den Schwager an. Geistesgegenwärtig konnte der sich wegdrehen, das Messer traf ihn "nur" an der linken Wange, wo es eine blutende Schnittwunde hinterlässt. Dann fielen die Worte, die im Nachgang dafür sorgen werden, dass die Staatsanwaltschaft Bamberg das Geschehen als versuchten Totschlag wertet und Michael für drei Monate in Untersuchungshaft schicken wird: "Ich bringe Dich um!"

Kein Wunder, dass der Schwager die Sache ernst nimmt und ruft "Mach bloß keinen Scheiß!" Doch der Angreifer holt noch eine Japan-Säge, die gewöhnlich zum Absägen von Ästen von Bäumen benutzt wird. Auch mit diesem Werkzeug geht er auf den Schwager los. Noch einmal droht er lautstark, diesen töten zu wollen. Nur dass das 30 Zentimeter lange Sägeblatt diesmal gar nicht in das beabsichtigte Ziel findet: Der Schwager fällt Michael nämlich in den Arm, packt ihn am Oberkörper und kann so den weiteren Angriff abwenden. Wer weiß, wie alles hätte enden können, wenn dann nicht Michaels Verlobte aufgetaucht wäre, um nachzusehen, was denn los ist. Sie kann Michael beruhigen; der Schwager entkommt und fährt zur Polizeiinspektion Forchheim.

Pflicht zur Probenabgabe

Im Urteil werden es für Michael zwei Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung, wegen Bedrohung sowie gefährlicher und versuchter gefährlicher Körperverletzung. Damit Michael nicht das Gefühl eines Freispruchs bekommt, weil er nicht mehr hinter Gitter muss, hatte die Richterin Christine Schäl einige Auflagen parat: Die Strafrichterin war Vorsitzende des Schöffengerichts.

Michael muss sich vier Jahre straffrei verhalten, wobei ihm die erste Hälfte der Zeit ein Bewährungshelfer beisteht. Zudem gilt es, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit im Verein "Lifeline" in Bamberg abzuleisten. Obendrauf kommt ein Drogenkonsumverbot, das mit Urin- und Haarproben überprüft werden wird. Damit orientierte man sich beim Urteil an den Vorschlägen des Staatsanwalts Alexander Baum. Der warnte Michael zum Schluss: "Ihr Weg wird wieder in den Knast führen, wenn Sie weiter Drogen nehmen."